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Großevent in KroatienRechtsrocker spaltet Zagreb

Der Sänger Marko Perković alias „Thompson“ veranstaltet ein Großevent in der kroatischen Hauptstadt. Mehr als 500.000 Menschen sollen anreisen.

Am Samstag soll der rechtsextreme Popstar in Zagreb auftreten Foto: Matija Habljak/pixsell/imago

Split taz | Wenn der kroatische Sänger Thompson, mit richtigem Namen Marko Perković, auftritt, dann bebt das Land. Jedenfalls dieser Tage. 300.000 Menschen haben bisher Tickets für den Auftritt am Samstag in Zagreb erworben.

Der 58-Jährige Sänger ist aufgrund seines rechtsradikalen Repertoires umstritten. Beobachter befürchten, dass sogar mehr als 500.000 Anhänger Thompsons in die kroatische Hauptstadt strömen werden, ein großer Kraftakt für die 800.000-Einwohner-Stadt. Im schlimmsten Fall wird ein Zusammenbruch des Verkehrs, der öffentlichen Sicherheit und ein Platzmangel in den Gesundheitseinrichtungen befürchtet.

Nicht alle, die zu dem Konzert anreisen, sind rechtsradikale Fans. Viele junge Kroaten wollen solch eine Art von „Event“ nicht versäumen und reisen nach Zagreb.

Doch der Rahmen ist gesetzt. Und so werden nicht nur Parolen kroatischer Faschisten des Zweiten Weltkrieges erwartetet, sondern auch Übergriffe gegenüber Andersdenkende. Die kroatische Polizei und Sicherheitskräfte sehen dem Tag mit gemischten Gefühlen entgegen.

Demokratisches Zagreb

Denn Zagreb tickt links-grün, ihr Bürgermeister Tomislav Tomašević setzt sich für die Demokratie ein und sieht sich in der Tradition des „bürgerlichen“ Zagrebs. Er ist Teil des links-grünen kroatischen Parteienbündnisses Možemo („Wir können“), das sich für den Rechtsstaat, gegen Nationalismus und Autokratie stellt.

Sogar die Opposition in der Stadt ist nur in geringem Maße chauvinistisch-rechts. Perković dagegen hat sich von einem patriotischen Landesverteidiger der 1990er Jahre, als ein Drittel Kroatiens von serbischen Truppen besetzt war, zu einem knallharten Nationalisten gewandelt. Den Spitznamen Thompson, der gleichzeitig der Name seiner Band ist, erhielt er als Anspielung auf eine von ihm benutzte Maschinenpistole der gleichnamigen Marke.

Er hatte sich 1991 freiwillig gemeldet, bekam aber nur die letzte und schlechteste Waffe seiner Einheit zugewiesen. Von da an zogen ihn seine Kameraden wegen dieser Waffe auf und gaben ihm seinen Spitznamen.

Sein Lied Bojna Čavoglave wurde berühmt, das Lied gilt bis heute als inoffizielle Hymne der kroatischen Soldaten während des Kroatienkrieges. Cavoglave ist der Name des Dorfes, aus dem der Sänger stammt und das er gegen serbische Kämpfer verteidigte. Perković verwendet den Ustasa-Gruß „Für die Heimat – bereit!“ bei seinen Auftritten als Intro zu seinem größten Hit.

Fans aus ländlichen Regionen

Sein Rechtsruck begann nach dem Krieg in 1995. In patriotischen Liedern besingt er die glorreiche Geschichte kroatischer Könige des Mittelalters. Auch wenn es nach dem 11. Jahrhundert kein unabhängiges Kroatien mehr gab, das Land wurde von Ungarn aus verwaltet.

Thompson aber will das wie viele Kroaten anders sehen. So werden kurzerhand bosnische Könige zu kroatischen gemacht. Geschichtslügen bilden den Rahmen für eine mythologisierte Geschichtsschreibung, in der die Größe der Nation hervorgehoben und erfunden wird.

So auch im Anspruch auf sogenannte kroatische Gebiete in Bosnien und Herzegowina. In den Liedern Thompsons ist Großkroatien schon jetzt existent. So bedient er Gefühle, die viele Menschen vor allem in den bildungsärmeren und ländlichen Gebieten Kroatiens teilen möchten.

Fans tragen faschistische Symbole

Seit den 2000er Jahren treten Fans der Band in schwarzer Kleidung auf und zeigen Symbole der faschistischen Ustascha-Bewegung des Zweiten Weltkrieges. Diese waren für die Verfolgung, Folter und Massenmorde an Serben, Juden, Roma und antifaschistischer Kroaten mitverantwortlich.

Bei immer mehr Konzerten wird der Hitlergruß gezeigt. Perković distanzierte sich zwar 2007 von Fans, die mit Ustascha-Symbolen auf ihrer Kleidung zum Konzert kamen. Seine Band könne den Fans keine Kleidervorschriften machen, aber sie sollten lieber Symbole des kroatischen Unabhängigkeitskrieges tragen als Ustascha-Symbole, meinte er.

Doch inzwischen sieht er die Dinge nicht mehr so eng. Dass er ein Ustascha-Lied, in dem Serben, Juden und Roma im KZ Jasenovac ermordet wurden, mitgesungen hat, steitet er ab. Das Nachrichtenportal index hr. hingegen sieht sein Mitsingen als erwiesen an.

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