Großbritannien beschwört Militärmacht: Britannia entdeckt die Weltmeere
Großbritannien nimmt wieder Kurs auf weltweite Marinepräsenz. Es erhebt einen Post-Brexit-Führungsanspruch für den Westen.
Großbritannien will nach dem Brexit eine aktivere Rolle in der Welt spielen. Vor dem militärpolitischen Thinktank RUSI (Royal United Services Institute) in London erhob Verteidigungsminister Gavin Williamson am Montag für sein Land einen Führungsanspruch dabei, „gegen jene einzugreifen, die internationales Recht missachten“. Er sagte: „Wir sind das Land, das handeln wird, wenn nötig. Wir sollten die Nation sein, an die man sich wendet, wenn die Welt Führung braucht.“ Durch den Brexit ergebe sich „die größte Chance seit fünfzig Jahren, unsere Rolle neu zu definieren“.
Es ist nicht das erste Mal, dass der konservative Politiker forsche Töne anschlägt, aber jetzt sollen den Worten Taten folgen. Noch in diesem Jahr soll ein britischer Flottenverband dauerhaft im Persischen Golf stationiert werden. Der neue Flugzeugträger „Queen Elizabeth“ wird mit britisch-amerikanischen Kampfjets des Typs F35 durch die Meere geschickt, wobei ausdrücklich im Südchinesischen Meer Präsenz gezeigt werden soll. Es soll zwei ständige neue Marineverbände geben, einer „östlich von Suez“ im „indo-pazifischen“ Raum, und einer „westlich von Suez“ in Mittelmeer, Atlantik und Ostsee.
Williamsons Suez-Wortwahl knüpft an Großbritanniens Rückzug von seinem Weltmachtanspruch in den späten 1960er Jahre an. Das Land hatte damals nicht nur sein Empire, sondern auch alle Marinebasen außerhalb der verbleibenden Überseegebiete aufgegeben, anders als damals Frankreich, die USA oder die Sowjetunion. Die Rückkehr „östlich von Suez“ markiert eine historische Zäsur. „Eine globale Präsenz ist besser“, so Williamson. „Das globale Spiel wird auf einem globalen Spielfeld gespielt.“
Im April 2018 eröffnete Großbritannien seine erste neue ständige Marinebasis seit Langem, auf einem 1971 geräumten Stützpunkt in Bahrain. Weitere Marinekapazitäten entstanden in Oman. Williamson erwägt auch Standorte in Asien und in der Karibik – Experten tippen auf Singapur und Guyana.
Eine Herausforderung an Donald Trumps
Williamson hob hervor, Großbritannien wolle die Nato führen können – eine Herausforderung an Donald Trumps USA – und lasse sich „nicht von der Idee einer EU-Armee ablenken“. Mit der britisch geführten „Joint Expeditionary Force“ (JEF) bestehe bereits ein multinationaler militärischer Rahmen mit Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Estland, Lettland, Litauen und den Niederlanden. Die JEF soll sich vor allem dem baltischen Raum widmen. Russland gilt als Hauptgegner.
Anders als vielfach dargestellt, sind die meisten der neuen Vorhaben älter als der Brexit. Die JEF wurde vom Nato-Gipfel 2014 beschlossen, die Marinebasis in Bahrain ebenfalls. Kritisch sehen Beobachter und auch die Labour-Opposition allerdings fehlende finanzielle Mittel. Kaum ein Ausgabenbereich wurde unter Premier David Cameron so stark zusammengestrichen wie die Verteidigung, und nur ein Fünftel der damaligen Kürzungen wurde seitdem rückgängig gemacht; die britischen Landstreitkräfte sind so klein wie seit 200 Jahren nicht mehr.
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