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Großauftrag für Kreuzfahrtschiff-BauerViel zu tun bei der Meyer Werft

Die Reederei MSC will zehn Kreuzfahrtschiffe im emsländischen Papenburg bestellen. Der Bund könnte sich aus seiner Beteiligung bald zurückziehen.

Innovative Werft: Die „Disney Destiny“ verlässt im September das Meyer-Dock Foto: Lars Penning/dpa

Rechtzeitig zu den Festtagen gibt es in diesem Jahr eine gute Nachricht für die Beschäftigten der Papenburger Meyer-Werft: MSC, eine der größten Reedereien der Welt, will zehn Kreuzfahrtschiffe bei Meyer bestellen – Auftragswert eine Milliarde Euro. Das dürfte einer kürzlich bekannt gewordenen Kritik der Eigentümerfamilie am vom Bund und Land bestellten Management zwar etwas die Brisanz nehmen, aber auch die IG Metall sieht noch einige Baustellen im Unternehmen.

Die Meyer-Werft ist einer der größten Arbeitgeber im nordwestlichen Niedersachsen. Rund 3.000 Leute sind direkt dort beschäftigt, schätzungsweise weitere 18.000 bei Zulieferbetrieben. Als ihr die Zahlungsunfähigkeit drohte, war die Werft 2024 vom Staat gerettet worden. Der Bund und das Land Niedersachsen erwarben für jeweils 200 Millionen Euro gut 80 Prozent der Firma. Zudem bürgten sie mit 2,6 Milliarden Euro für Kredite.

Wie der Bund, das Land und das Unternehmen mitteilten, haben Meyer und MSC Anfang der Woche eine Absichtserklärung unterzeichnet, in der die Reederei ankündigt, vier bis sechs Kreuzfahrtschiffe von Meyer bauen zu lassen. Mit dem Auftrag wäre die Werft bis 2035 ausgelastet, sagte Ralf Schmitz, einer der Geschäftsführer der Werft. Der endgültige Vertrag solle in den kommenden Monaten unterschrieben werden.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) nannte die Vereinbarung einen „Vertrag zur Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit“. Sie machte deutlich, dass der Bund nicht auf Dauer Miteigentümer der Werft sein wolle. „Das Ziel ist, die Werft so zu stabilisieren, dass sie an den Markt entlassen werden kann“, sagte Reiche.

Der Bund will reprivatisieren

Die Sanierungsarbeiten seien zwar schon weit fortgeschritten und das Unternehmen auf dem Weg zur wirtschaftlichen Stabilität, sagte die Ministerin. Vor einer Reprivatisierung solle aber zunächst die zuletzt defizitär arbeitende Werftengruppe restrukturiert werden; schließlich sei die Meyer-Werft zentral für die maritime Wirtschaft in Deutschland und wichtig für Fort- und Ausbildung sowie Forschung.

Ähnlich drückte sich der niedersächsische Ministerpräsident aus. Die Werft benötige Zeit, um sich zu stabilisieren. „Wir reden von einem Sanierungszeitraum, der zunächst bis Ende 2028 geht“, sagte Olaf Lies (SPD). Zum Thema Reprivatisierung sagte Lies nichts. Der Spiegel will wissen, dass das Land seine Beteiligung am liebsten behalten würde. Das sei aus Regierungskreisen zu hören.

Wenig glücklich mit dieser Konstellation scheint die Eigentümerfamilie zu sein. Dem Spiegel zufolge verschickte die Familie Ende Oktober einen Brief an die Miteigentümer: Auseinandersetzungen mit dem Management blockierten Entscheidungen, juristische Verfahren kosteten Kraft, ein strategischer Kurs fehle, lautete ihre Kritik.

„Die Sicherung des Auftragseingangs für den Zeitraum nach 2029 stellt eine erhebliche Herausforderung dar“, zitiert der Spiegel aus dem Brief. Während andere Werften der Firmengruppe, etwa im finnischen Turku – weiterhin im Eigentum der Meyers – längst Aufträge über 2030 hinaus geschlossen hätten, bleibe die Werft in Papenburg ohne Perspektive.

Mit dem Großauftrag von MSC dürfte diese Kritik obsolet sein. Und auch im Management hat sich etwas getan. Mit Wirkung zum 1. Juli 2026 hat der Aufsichtsrat den Airbus-Manager André Walter zum neuen Geschäftsführer bestellt, wie das Handelsblatt berichtete. Er folgt auf Bernd Eikens, der die Leitung planmäßig und auf eigenen Wunsch abgebe.

Die IG Metall fordert, jetzt müsse die vereinbarte Beschäftigungssicherung für mindestens 3.100 Beschäftigte in Papenburg umgesetzt werden

Die IG Metall Küste ist froh, dass Bund und Land in die Werft eingestiegen sind und so deren Sanierung ermöglichen. Bezirksleiter Daniel Friedrich erklärte, die neuen Aufträge seien „ein klares Signal, dass die Werft auf dem richtigen Weg ist“. Jetzt müsse die vereinbarte Beschäftigungssicherung für mindestens 3.100 Beschäftigte in Papenburg umgesetzt werden.

Für die gesamte Werftengruppe sei es ebenso entscheidend, dass endlich Aufträge für den Offshore-Plattformbau bei der Neptun-Werft in Rostock vergeben werden. „Hier sind die Auftraggeber und die Wirtschaftsministerin gefordert, endlich Klarheit zu schaffen“, sagte Friedrich.

Die Gewerkschaft sieht in der Werftengruppe noch „eine akute Baustelle“. Thomas Gelder, Bevollmächtigter der IG Metall in Leer-Papenburg nannte der taz drei Aufgaben: Die Führungskultur müsse überdacht werden, der Fertigung müsse wieder eine größere Rolle zukommen und die Qualifizierung müsse verstärkt werden.

Der jetzt vereinbarte Bau von bis zu zehn Kreuzfahrtschiffen in Papenburg ist der erste Auftrag von MSC Cruises für die Meyer-Werft. MSC-Aufsichtsratschef Pierfrancesco Vago sagte, es gehe um eine neue Schiffsklasse mit dem Namen „New Frontier“. Vago lobte die Meyer-Werft als eine der „innovativsten Werften weltweit“.

Sie baue fortschrittlichste Kreuzfahrtschiffe und werde dabei helfen, dass MSC sein Ziel erreicht, bis 2050 CO2-neutral zu werden, sagte der Manager. MSC ist ein Familienunternehmen mit Sitz in Genf. Es besitzt die größte Containerflotte der Welt und ist nach eigenen Angaben mit 22 Schiffen die drittgrößte Kreuzfahrtmarke. (mit Material von dpa und reuters)

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