Grindel und der Deutsche Fußballbund: Der bestbezahlte Ehrenamtler im Land
Im Deutschen Fußballbund regt sich Widerstand gegen Grindel. Der Präsident des Verbands lebt wie die Made im Speck. Das macht ihn unglaubwürdig.
In Coconut Grove lässt es sich gut leben. Der Ortsteil von Miami an der Biscayne Bay ist dementsprechend teuer. Als Superbasketballer LeBron James für die Miami Heat gespielt hat, hat er natürlich hier gewohnt. Wer mal eine Stippvisite zu dieser Perle Floridas machten möchte, dem sei das Ritz Carlton empfohlen. Leisten können sich das die wenigsten. Reinhard Grindel, der Präsident des Deutschen Fußballbundes, war schon mal da. Der Fifa-Rat hat sich dort Mitte März getroffen. Die 37 Mitglieder des höchsten Gremiums des Internationalen Fußballverbands haben dabei über die Zukunft der Klub-WM diskutiert. Es ging um Milliardenbeträge.
Die Fifa hat den Ort des Treffens gewiss mit Bedacht gewählt. Wer so weitreichende Entscheidungen zu treffen hat, soll in marmorner Umgebung urinieren können, wenn er mal muss. Ein Fifa-Rat soll spüren, dass er zu einem exklusiven Zirkel gehört. Die 250.000 US-Dollar, die jedes Mitglied der Exekutive im Jahr erhält, sollen schließlich nicht der einzige Lohn sein, den ein führender Fußballfunktionär erhält.
Reinhard Grindel war bester Laune in Miami. Mit der Entscheidung für eine Klub-WM hat er sich wie die anderen Vertreter aus Europa noch nicht so recht anfreunden können, aber das wird sicher noch. Als ihm vom ZDF ein Mikrofon vor das Gesicht gehalten wurde, kritisierte er gleich mal Bundestrainer Joachim Löw. Der hätte die Ausmusterung der drei Nationalspieler Jérôme Boateng, Mats Hummels und Thomas Müller früher und besser kommunizieren müssen.
Später meinte er dann, das Ganze zwar so gesagt, aber irgendwie dann doch nicht so gemeint zu haben. Und ganz Fußballdeutschland fühlte sich bestätigt: Der Mann kann es einfach nicht. Dass er es nicht mag, wenn man versucht, kritisch nachzufragen, hatte man vor der Sitzung des Fifa-Rats beobachten können. Als ihm die in seinen Augen nervigen Nachfragen im Interview mit der Deutschen Welle zu viel wurden, stand er einfach auf und ließ den verdutzten Interviewer Florian Bauer zurück. Der rief ihm vergeblich hinterher: „Herr Grindel, Herr Grindel!“
Er erwartet Dankbarkeit, nicht etwa Kritik
So etwas hatte der DFB-Präsident bislang zwar noch nicht gebracht, es zeigt aber dennoch die Haltung, mit der Grindel sein Amt ausübt. Er fühlt sich als Ehrenamtler. Er erwartet Dankbarkeit, nicht etwa Kritik. Als Ehrenamtler ist er im April 2016 in das Amt des Präsidenten dieses 7-Millionen-Mitglieder-Verbands gewählt worden. Ob diese Riesenvereinigung, die für 2017 eine Bilanzsumme von 232 Millionen Euro ausgewiesen hat, nicht besser von einem bezahlten Manager geführt werden solle, war eine Diskussion, die rund um die Wahlversammlung geführt wurde.
Am Ende entschied sich der Verband für das Fortbestehen des Ehrenamtsprinzips. Man sicherte Grindel eine Aufwandsentschädigung von 7.200 Euro zu. Dazu vereinbarte man mit dem Mann, der zuvor Schatzmeister des DFB war, eine Ausgleichszahlung von noch einmal 7.200 Euro. Grindel hatte mal beim ZDF als Journalist gearbeitet, sich dabei eine Art Beamtenstatus mit Rückkehrrecht gesichert und ließ sich vom Verband einen dadurch errechneten Verdienstausfall ausgleichen.
Als eine arme Sau wird Grindel sicher noch nie jemand bezeichnet haben. Nun wurde bekannt, dass er darüber hinaus von Juni 2016 bis Juli 2017 noch einmal 78.000 Euro für seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender der verbandseigenen Verwaltungsgesellschaft kassiert haben soll. Nicht schlecht für einen, der nach seiner Wahl im April meinte, er übe ein „Wahlamt“ aus, ein Ehrenamt also, bei dem er Gefahr laufe, auch einmal nicht mehr im Amt bestätigt zu werden.
An das Gute in Grindel mögen damals noch etliche Funktionäre im Verband geglaubt haben. Nun, nach den Enthüllungen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel zu den Einkünften der bis dato den wenigsten im Land bekannten DFB-Medien Verwaltungs-Gesellschaft, könnte sich das geändert haben. Es wird von Gegenwind für Grindel im Verband berichtet. Die von ihm im September fest eingeplante Wiederwahl könnte gefährdet sein.
Wahrlich keine arme Sau
Die Ausgleichszahlung erhält Grindel nicht mehr, seit er im April 2017 zum Vizepräsidenten der Uefa gewählt wurde. Ein solcher kassiert laut Uefa-Finanzbericht 250.000 Euro im Jahr. Im selben Monat zog Grindel in den Fifa-Rat ein, wofür es neben schönen Reisen rund um die Welt 250.000 US-Dollar Jahressalär gibt. Beinahe bescheiden nimmt sich da schon die Tagespauschale aus, die die Fifa laut ihrem Jahresbericht 2017 an die Ratsmitglieder auszahlt. 250 Dollar gibt es pro Sitzungstag, und wenn die Fifa Frühstück und Mittag- oder Abendessen bezahlt, nur 150 Dollar.
Nein, Gindel ist wahrlich keine arme Sau. Auch dass er nun, da er nicht mehr Mercedes-Hauptsponsor der Nationalmannschaft ist, einen Volkswagen fahren muss, wird nicht unbedingt für Tränen des Mitleids sorgen. Auf sportbuzzer.de war jedenfalls zu lesen, dass Grindel nun einen VW Touareg als Dienstwagen fährt.
Dass sich Grindel, der von 2002 bis 2016 für die CDU im Deutschen Bundestag gesessen hat, schon immer gut von Fußball genährt hat, ist aus der Auflistung der Nebeneinkünfte des DFB-Chefs zu entnehmen. Die lagen zwischen 2013 und 2016, wie bei abgeordnetenwatch.de nachzulesen ist, zwischen 108.500 Euro und 217.000 Euro im Jahr.
Er bekam Geld unter anderem für seine Tätigkeit als Schatzmeister des DFB, als Vizepräsident des Niedersächsischen Fußballverbands, als Schatzmeister der Sepp-Herberger-Stiftung des DFB, als Vorsitzender des Kuratoriums der „DFB-Stiftung Egidius Braun für soziale Integration, Kinder in Not und Mexiko-Hilfe“, als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der DFB Wirtschaftsdienste Consulting & Sales Services sowie als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der „DFB-Stiftung Deutsches Fußballmuseum“.
Der Bonze und die Basis
Wenn Grindel bei seinen Besuchen an der Fußballbasis beim SV Raspo Lathen, beim FC Schöffengrund oder beim SC Pinneberg mehr Anerkennung für das Ehrenamt fordert, kann er sich selbst nicht meinen. Er ist wahrscheinlich der bestbezahlte Ehrenamtler im Lande und lebt schon lange gut vom Fußball.
Im Februar hatte Grindel nach Kassel geladen. Nach sieben Jahren fand wieder mal ein Amateurfußballkongress statt. Die Stimmung vor dem Treffen war nicht die beste. Zu groß sind die Unterschiede zwischen den Profiklubs, der gepäppelten Nationalmanschaft und den Klubs geworden, die den Spielbetrieb in den unteren Ligen gewährleisten.
Der Vorwurf: Von den immer weiter steigenden Umsätzen des Profifußballs kommt unten zu wenig an. Eine Lösung für dieses Problem bot Grindel in Kassel nicht an. Vielmehr wurde angeregt, die Mitgliedsbeiträge zu erhöhen, wenn die Klubkasse nicht stimmt. Die Kommunen sollen aufgefordert werden, den Klubs Grundstücke zur Verfügung zu stellen, und der Gesetzgeber soll sich endlich etwas einfallen lassen, damit die echten Ehrenamtler in den Klubs bessergestellt werden.
Der Kongress fand im Hotel La Strada statt. Dort kann man für weniger als 100 Euro übernachten – für einen Fifa-Bonzen wie Grindel ein beinahe schon unwürdiges Ambiente.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten