Griechisches Parlament stimmt ab: Ja zum Sparpaket
Die Abgeordneten haben mit klarer Mehrheit für eine höhere Mehrwertsteuer und eine Rentenreform gestimmt. Doch die Regierungspartei Syriza ist gespalten.
![Alexis Tsipras Im Parlament Alexis Tsipras Im Parlament](https://taz.de/picture/514853/14/13985469.jpg)
229 der 300 Parlamentarier billigten nach einer hitzigen stundenlangen Debatte den Reformkurs, der letztlich zur Auszahlung weiterer Hilfen von bis zu 86 Milliarden Euro führen soll. 38 Abgeordnete aus der eigenen linken Syriza-Partei verweigerten Regierungschef Alexis Tsipras allerdings die Gefolgschaft, darunter der frühere Finanzminister Yanis Varoufakis. Die Regierungsmehrheit wurde dadurch verpasst. Nur mit den Stimmen der Opposition stand am Ende des klare „Ja“.
Tsipras hatte unmittelbar vor der Abstimmung gedroht, sollte dies geschehen, werde er zurücktreten. „Ich bin der Letzte, der sich vor der Verantwortung drückt“, versicherte Tsipras, der seit seiner politischen Kehrtwende nach dem Referendum über das Sparpaket unter enormen Druck in der eigenen Partei steht. Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis gab zu, dass es Differenzen gibt. Zugleich erklärte er, es sei oberstes Ziel der Regierung ein Zustandekommen des Hilfspakets zu erreichen. Demnach stehen Neuwahlen zunächst nicht auf dem Programm. Nach der Parlamentssitzung äußerte sich der Ministerpräsident zunächst nicht.
Die angenommenen Gesetze sehen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Einleitung einer Rentenreform vor. Tausende hatten vor dem Parlament in Athen gegen die Maßnahmen demonstriert. Dabei kam es zu Ausschreitungen. Die Eurogruppe will am Donnerstagvormittag in einer Telefonkonferenz über die weiteren Schritte beraten.
Über ein neues Hilfspaket für das von der Pleite bedrohte Griechenland müssen noch mehrere Parlamente in anderen Euroländern abstimmen. In Deutschland ist sogar die Zustimmung des Bundestags zur Aufnahme von Verhandlungen nötig. Das Parlament stimmt voraussichtlich am Freitag darüber ab.
Kritiker im linken Partei-Flügel
In Athen stimmten 229 Abgeordnete nach stundenlanger Debatte im 300 Sitze umfassenden Parlament für das Gesetzespaket. 64 votierten nach Angaben des Parlamentspräsidiums dagegen, es gab sechs Enthaltungen. Medienberichten zufolge war ein Abgeordneter abwesend.
Dem Regierungsbündnis aus Syriza und rechtspopulistischer Anel gehören 162 Abgeordnete an – Tsipras‘ Syriza verfügt über 149 Sitze, der Koalitionspartner über 13. Kritiker der Sparmaßnahmen gab es vor allem im linken Partei-Flügel von Syriza. Dessen Anführer, Energieminister Panagiotis Lafazanis, sagte Tsipras in der Nacht dennoch Unterstützung zu. „Wir werden gemeinsam weitermachen. Wir stützen die Regierung, sind aber gegen die Sparprogramme.“ Der Chef der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia, Evangelos Meimarakis, kündigte an, von einem Misstrauensvotum abzusehen. Neuwahlen seien für ihn keine Option. Er sagte, die Billigung der Auflagen sei die richtige Nachricht an Europa.
Tsipras erklärte im Parlament, er sei von den Gläubigern erpresst worden, das Sparprogramm zu akzeptieren. Er habe keine andere Wahl gehabt, als dem zuzustimmen. Die Euro-Länderchefs hatten sich am Montagmorgen nach mehr als 17-stündigem Ringen auf Bedingungen für das Hilfspaket verständigt. Der Umfang der weiteren Hilfe für Athen könnte bis zu 86 Milliarden Euro umfassen, wenn die Bedingungen vorher erfüllt werden.
Zwölf Milliarden Euro bis Mitte August
Das nun gebilligte vier Milliarden Euro schwere Sparpaket, für das sich Tsipras trotz eigener Vorbehalte am Dienstagabend in einem TV-Interview stark gemacht hatte, umfasst vor allem höhere Mehrwertsteuern und Zusatzabgaben für Freiberufler sowie Besitzer von Luxusautos, Häusern und Jachten. Ebenfalls enthalten: ein nahezu vollständiger Stopp aller Frühverrentungen.
Bis Mitte August benötigt Griechenland rund zwölf Milliarden Euro, um laufende Rechnungen zu begleichen und fällige Kredite abzulösen. Schon am Montag muss Athen 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zahlen, beim Internationalen Währungsfonds (IWF) ist die Regierung ohnehin im Zahlungsrückstand. Ohne Rückzahlung müsste die EZB ihre Notkredite für Griechenlands Banken einstellen, das labile Finanzsystem des Landes würde dann wohl endgültig kollabieren.
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