Griechischer Minister zu Steuerfahndung: „Es mangelt an Leuten“
Panagiotis Nikoloudis ist Griechenlands Minister für den Kampf gegen Steuerhinterziehung. Er will sich auf Vermögen von mehr als 200.000 Euro konzentrieren.
taz: Herr Nikoloudis, wie viel Geld verliert der Staat durch die Steuerhinterziehung?
Panagiotis Nikoloudis: Die Rolle des Financial Intelligence Unit (FIU) war bisher, Informationen über Steuerflucht zu sammeln. In diesem Jahr haben wir 3.000 Fälle an die Finanzpolizei, die SDOE, weitergeleitet. Insgesamt geht es bei diesen Fällen um 6 Milliarden Euro nicht gezahlter Steuern. Davon hoffen wir, dass der Staat ungefähr 2,5 Milliarden zurückbekommt. Zusätzlich haben wir noch 23.000 andere Fälle in den Schubladen.
Wie verlief die Steuereintreibung denn bisher?
Jahrzehntelang hat hier keiner geguckt, ob die Steuererklärungen stimmten. Das hat sich geändert. Unser Land war in der schlechtesten Lage, die man sich überhaupt vorstellen kann. Wir sind aber auf dem richtigen Wege. Für mich genügt es nicht, zu sagen, dass sich die Lage verbessert hat. Ich möchte jetzt, dass Griechenland ein normaler Staat wird, der seine eigene Ausgaben selbst bestreiten kann.
Wie wollen Sie das schaffen ?
Insgesamt werden wir uns auf Leute konzentrieren, die mehr als 200.000 Euro Vermögen besitzen. Unsere erste Maßnahme wird nun sein, die ganze Prozedur zu beschleunigen. Wahrscheinlich wird es Umsetzungen im Mitarbeiterstab geben. Es mangelt an Leuten, aber auch an Kompetenz. Eine ganze Reihe von Behörden wird jetzt schneller arbeiten müssen, unter anderem auch die Justiz. Mit mir als Staatsminister für den Kampf gegen Korruption hat jetzt nur einer den Hut auf. Ich kann direkte Befehle geben.
Hat die Troika eine Rolle in der Entwicklung des Kampfs gegen Steuerhinterziehung gespielt ?
Zu einem gewissen Grad ja. Es mag vielen nicht gefallen, aber es wäre unfair, das nicht anzuerkennen. Auf eine Weise hat die Troika uns geholfen. Wäre sie nicht da gewesen, wäre ich nicht in diesem Bereich aktiv geworden. In Griechenland kümmerte sich der FIU bislang vor allem um Geldwäsche. Das hat sich geändert. (Ende 2011 wurde Panagiotis Nikoloudis von der Troika gebeten, seine Kompetenzen auf das Feld der Steuerhinterziehung zu erweitern, d. Red.)
ist parteiloser Staatsminister für den Kampf gegen Korruption. Zuvor war er stellvertretender Generalstaatsanwalt an Griechenlands oberstem Gerichtshof und leitete zwischen 1997 und 2003 sowie ab 2010 die Financial Intelligence Unit (FIU).
Ist Ihre Arbeit eigentlich gefährlich? Es gab Drohungen, wonach man einem Steuerfahnder für 5.000 Euro beide Beine brechen würde …
Schauen Sie mal, es ist die kleinste Gefahr unter allen Gefahren. Ich wurde mehrmals bedroht, von terroristischen und kriminellen Organisationen oder auch von anderen mit großen Interressen. Ich will hier nicht den Haudegen spielen, aber meine Arbeit könnte ich nicht machen, wenn ich mich von Angst beherrschen lassen würde. Ich habe mich entschieden, auf Drohungen mit Gleichgültigkeit zu reagieren.
Leser*innenkommentare
Georg Schmidt
intressant, besonders der letzte Absatz!
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/hoeness-anwalt-feigen-wirklich-reiche-hinterziehen-keine-steuern-a-1017795.html
Georg Schmidt
macht Euch doch nix vor, Zeus würde das Theaterdonner nennen und homerisches Gelächter würde ertönen, natürlich haben die wirklich Reichen ihre Kohle schon irgendwo gebunkert, was in GR bleibt , sind Schulden, für was gibts denn die ganzen Finiánzberater, die natürlcih eine Schweinegeld, sorry, kosten , aber eine Hand wäscht eben das andere Händchen!
Richard Kotlarski
Wengstens ein griechischer Minister, der endlich zugibt, dass die Troika sehr wohl gegen die Steuerhinterziehung angegangen ist. Und auch die EU hat großen Druck auf die griechische Regierung gemacht, etwa mit der „Lagarde-Liste“, einer Datei mit 2062 griechischen Kontoinhabern bei der Bankengruppe HSBC in der Schweiz, die 2010 von der damaligen französischen Finanzministerin Christine Lagarde an ihren griechischen Amtskollegen Giorgos Papaconstantinou übergeben worden war- nur die Umsetzung war mehr als mangelhaft:
"Zwar wurden die Namen der Steuersünder veröffentlicht. Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos sprach von einer "Liste der Schande". Darauf stehen 4152 Namen (Die vollständige Liste im Internet). Darunter seien auch Sänger, Unternehmer und Händler, berichtete das Staatsfernsehen." (Der SPIEGEL 23.01.2012)
Minister Giorgos Papaconstantinou hatte später gesagt, er habe die Liste weitergereicht, könne sich aber nicht mehr erinnern, an wen. Papaconstantinou wurde zu dieser Sache vor einem Spezialgericht angeklagt, auch wegen des Verdachts, dass er Namen von der Liste gestrichen haben soll. Sein Amtsnachfolger im Finanzministerium, Evangelos Venizelos, soll ebenfalls eine Kopie der Liste gehabt haben, diese aber auf einem Datenstick im Schreibtisch vergessen haben.
Das ist Griechenland´s Problem.
Bernd Lind
Ja, solche Griechen gibt es auch! Und Syriza setzt auf sie, das ist gut so. Von der TAZ würde ich mehr solcher Berichte lesen wollen.
[Die Moderation: Kommentar gekürzt.]