Griechischer Generalsekretär muss gehen: Als Antikommunist sterben
Ein Vertrauter des griechischen Ministerpräsidenten muss zurücktreten – wegen seiner Nähe zur rechtsextremen Partei Goldene Morgenröte.
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ATHEN taz | Angeblich wollte der Regierungschef selbst seinen Ohren und Augen nicht mehr trauen: In einem offenbar heimlich aufgenommenen Videoausschnitt erscheint der Generalsekretär der Regierung, Panagiotis Baltakos, ein enger Mitarbeiter von Regierungschef Antonis Samaras, im gemütlichen Beisammensein mit dem Abgeordneten der rechtsextremen Partei Goldene Morgenröte Ilias Kassidiaris, der wegen „Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation“ unter Anklage steht.
Das Gespräch klingt beunruhigend: Durch Suggestivfragen von Kassidiaris lässt sich Baltakos zu eher abschätzigen Äußerungen über den Ministerpräsidenten drängen und kritisiert das laufende Strafverfahren.
Mehr noch: Die Regierung hätte bei der Justiz interveniert, damit die Goldene Morgenröte ins Gefängnis kommt, und auch politisch mache das Ganze keinen Sinn, erklärt Baltakos: Samaras sei „ein großbürgerlicher Mann“ und glaube im Ernst, dass die Goldene Morgenröte nach der Strafverfolgung auf 2 Prozent der Stimmen bei einer Wahl zurechtgestutzt werde, sagt Baltakos. Derzeit liegt die rechtsradikale Partei in Umfragen mit rund 8 Prozent auf dem vierten Platz. Er habe dem Regierungschef gesagt, die Partei käme nach dem Strafverfahren sogar auf 20 Prozent, worauf Samaras angeblich erwiderte: „Du bist ein Wichser“.
Geheimkontakte zu Rechtsradikalen
Schwer zu sagen, worüber man sich mehr aufregen soll: über die Dreistigkeit von Kassidiaris, der das Gespräch anscheinend zur Vorbereitung seiner eigenen Verteidigung vor Gericht inszeniert hat? Über die Auskunft eines Regierungsmitarbeiters, der Justizminister hätte angeblich bei der Justiz interveniert? Über die Tatsache, dass ein Vertrauter des Regierungschefs Geheimkontakte zu den Rechtsradikalen unterhält?
Baltakos selbst erklärte, er sei von Amts wegen verpflichtet gewesen, mit allen Parteien Kontakte aufrechtzuerhalten; sein Gespräch mit Kassidiaris sei derart zusammengeschnitten, dass sich daraus ein falscher Eindruck ergebe. Samaras wüsste nichts von den Kontakten zur Goldenen Morgenröte. Trotzdem musste Baltakos zurücktreten.
Dass er nicht gerade zum gemäßigten Flügel der Regierungspartei Nea Dimokratia gehört, ist allgemein bekannt. In der Auseinandersetzung mit der Linksopposition fiel Baltakos in den vergangenen Wochen mit polarisierenden Äußerungen auf. Er sei als Antikommunist geboren und werde als Antikommunist sterben, erklärte er neulich in einem Radiointerview.
Nach Angaben von Fotis Kouvelis, dem Chef der einstigen Koalitionspartei Demokratische Linke, habe Baltakos sogar mit den Rechtsradikalen gedroht, falls die Linksabgeordneten Gesetzesentwürfe der Regierung nicht mittragen. „Wenn ihr nicht für das Gesetz stimmt, werden wir halt mit der Goldenen Morgenröte koalieren“, drohte ihm Baltakos dem Vernehmen nach.
Flucht nach vorn
Es war kein Zufall, dass der heimlich aufgenommene Videoausschnitt ausgerechnet am Mittwochabend publik wurde. Zu diesem Zeitpunkt stimmte das Parlament für die Aufhebung der Immunität von fünf Abgeordneten der Goldenen Morgenröte wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Anscheinend wollte Kassidiaris die Flucht nach vorne ergreifen. Im Vorjahr hatte es bereits die Immunität von neun anderen Abgeordneten der Rechtsradikalen aufgehoben, sechs Parlamentarier sitzen inzwischen in Untersuchungshaft.
Am Mittwoch brachte sich auch Dimitrios Baltakos, Elitesoldat und Sohn des geschassten Samaras-Mitarbeiters, ins Spiel: Er stürmte das Büro der Goldenen Morgenröte im Parlament, schlug wild um sich und musste von Sicherheitskräften ergriffen werden. Beistand erhielt er am nächsten Tag von Gesundheitsminister Adonis Georgiadis: Als Vater sei er durch das Verhalten des jungen Baltakos durchaus gerührt, erklärte der Minister in einem TV-Interview.
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