Griechische Tourismusministerin: Nicht auf dem Teppich geblieben

Zwei Perserteppiche liegen im Büro von Olga Kefalogianni. Das Problem für viele: Offenbar wurden sie komplett auf Staatskosten finanziert.

Tourismusministerin Olga Kefalogianni bei einer Pressekonferenz.

Hat akute Teppichsorgen: Griechenlands Tourismusministerin Olga Kefalogianni Foto: imago

Athen taz | Olga Kefalogianni, 49, Griechenlands Tourismusministerin, könnte sich in diesen spätsommerlichen Tagen in Athen über den Reiseboom freuen. Stattdessen muss sie erklären, warum sie ihr Ministerbüro mit zwei Perserteppichen verschönert hat. Der erste Teppich misst 13 Quadratmeter, ist blau und hat eine zentrale Rosette. Der zweite, 10 Quadratmeter groß, besteht ebenfalls aus feinster Bergwolle und zeigt ein Muster auf weißem Grund mit blauer Umrandung. Beide stammen aus der Oasenstadt Nain, bekannt für die schönsten Perserteppiche.

Kefalogianni kaufte die Teppiche bei einer landesweit bekannten Händlerin per Direktvergabe – vollständig auf Staatskosten. Kostenpunkt: 17.980 Euro, inklusive Mehrwertsteuer. Die Angelegenheit hat sich zu einem Politikum entwickelt. Kein Wunder, verdient ein griechischer Vollzeitbeschäftigter im Schnitt netto so viel, wie die beiden Teppiche kosten – in einem Jahr.

Kefalogianni ist nicht so arm wie eine Kirchenmaus. Im Gegenteil: Laut ihrer Vermögensauskunft verfügte sie 2021 mit ihrem Ehemann über Spar- und Termineinlagen von knapp 2,5 Millionen Euro und besitzt 49 Immobilien. Ihr Werdegang ist typisch für die Führungsriege der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia (ND). Nach dem Abschluss einer Athener Eliteschule studierte sie Jura in Athen und absolvierte ihren Master am King’s College in London. Später war sie in mehreren Anwaltskanzleien in New York und Athen tätig sowie für kurze Zeit für die Europäische Kommission im Sektor Justiz, Freiheit und Sicherheit.

Wie Premier Kyriakos Mitsotakis stammt sie aus einer alten Politdynastie. Sie ist die Tochter des Ex-ND-Ministers Jannis Kefalogiannis und Nichte des Reeders und Ölmagnaten Vardis Vardinogiannis. Seit 2007 sitzt sie im Athener Parlament. Von 2012 bis 2015 war sie erstmals Tourismusministerin, seit der Wiederwahl der ND im Juni 2023 ist sie es wieder.

Griechenlands Vetternstaat

Das Vorgehen, wonach der griechische Staat Aufträge direkt statt über offene Ausschreibungen erteilt, ist in der Ära Mitsotakis zur Seuche geworden. Belief sich ihr Volumen 2019 auf nur 55 Millionen Euro, lag es 2023 mit 861 Millionen Euro glatt 15 Mal höher. Dies betraf 73 Prozent aller Staatsaufträge, acht Prozentpunkte mehr als im Vorjahr – ein neuer Rekord. Und es geht munter weiter.

Mangel an Transparenz, Wettbewerbsverzerrungen, Verschwendung öffentlicher Gelder: Der Direktvergabe-Boom unter Mitsotakis hat die EU auf den Plan gerufen. Bereits im April wurde bekannt, dass die Europäische Staatsanwaltschaft die dubiose Vergabe von 600 Technologieprojekten im Wert von 2,5 Milliarden Euro an zehn Firmen in Griechenland untersucht. Die Gelder stammen aus EU-Töpfen. Von 2021 bis 2027 fließen EU-Mittel im Gesamtvolumen von 57,35 Milliarden Euro nach Athen. Kein Land erhält gemessen an seiner Wirtschaftsleistung so viel EU-Gelder wie Hellas. Unstrittig ist: Direktvergaben öffnen der Korruption Tür und Tor.

Immerhin kann sich Kefalogianni darüber freuen, dass Gesundheitsminister Adonis Georgiadis ihr in Sachen Perserteppiche sofort beistand. „Doch, die Tourismusministerin muss ein schönes Büro haben! Ihre Aufgabe ist es, unsere Kunden aus dem Ausland zu empfangen und Touristen ins Land zu holen. Das kann sie nicht in einem Saustall tun.“ Für Saustall benutzte er den im Griechischen besonders abschätzigen türkischen Begriff „achuri“. Das Wort stammt ursprünglich aus dem Persischen.

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