Griechenlands linke Hoffnungsträgerin: Zoi Konstantopoulou
Die linke Politikerin Zoi Konstantopoulou mischt die griechische Politik auf. Sie gilt als eloquent und ist eine scharfe Kritikerin der Mitsotakis-Regierung.

Für ihre glühenden Anhänger ist Zoi Konstantopoulou eine tapfere Kämpferin, die Hellas’ Herrschende unermüdlich aufs Korn nimmt. In ihren Augen ist sie Griechenlands Jeanne D’Arc, Griechenlands neue linke Hoffnung. Das sehen ihre schärfsten Kritiker anders. Für sie, meist sind es Männer aus dem konservativen Regierungslager, stellt sie eine unausstehliche Person dar, der kein Respekt gebührt. Mit Schaum vorm Mund greifen ihre politischen Gegner die Gründerin und Vorsitzende der Partei Kurs der Freiheit (Plefsi Eleftherias/PE) mit größtmöglicher Abschätzigkeit an. Sie pfeife doch darauf, in ihrer Frontalopposition ihnen auch nur ein Mindestmaß an Wertschätzung entgegenzubringen, sei unflätig und führe sich wie die „Staatsanwältin der Nation“ auf, ätzen sie.
Die Griechin bleibt cool. Das trägt Früchte: Jüngsten Umfragen zufolge ist die PE bei der Sonntagsfrage mit bis zu 17,9 Prozent der Stimmen zur zweitstärksten politischen Kraft in Griechenland avanciert, nur noch hinter der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia unter Premier Kyriakos Mitsotakis liegend – ein Quantensprung. Denn beim letzten Urnengang im Juni 2023 schaffte der PE nur knapp den Sprung über die Dreiprozenthürde und somit erstmals den Einzug ins Athener Parlament.
Athener Analysten sind sich einig: Die überaus eloquente PE-Chefin verleiht ihrer Partei einen kräftigen Schub, vor allem weil sie sich im Athener Parlament sowie in ihrem Beruf als Rechtsanwältin mit Pathos für die Aufklärung des verheerenden Zugunglücks vom 28. Februar 2023 im zentralgriechischen Tempital mit 57 Toten einsetzt. Die 48-Jährige profiliere sich als Hüterin der Demokratie und des Rechtsstaats, den die Regierung Mitsotakis zunehmend aushöhle.
Die Tochter von Nikos Konstantopoulos, Ex-Chef der griechischen Linksallianz, aus der die spätere Regierungspartei Syriza hervorging, spezialisierte sich nach ihrem Jurastudium in Athen an der Pariser Sorbonne auf europäisches Strafrecht und an der Columbia University in New York auf Menschenrechte. Schon früh bearbeitete sie Fälle, die auch international Aufsehen erregten.
Dazu zählt eine Beschwerde über Verbrechen von britischen Beamten im Irak. Vor hiesigen Gerichten tritt die Top-Juristin in Fällen von öffentlichem Interesse auf, ohne ein Honorar dafür zu verlangen. Bei den Wahlen im Mai 2012 wurde sie als Syriza-Kandidatin ins Athener Parlament gewählt. Syriza entschied die Wahlen im Januar 2015 für sich, Konstantopoulou wurde zur Parlamentspräsidentin gewählt.
„Nein“ zur europäischen Sparpolitik
Mit 38 Jahren hatte sie als jüngste Präsidentin in der Parlamentsgeschichte das dritthöchste Amt der Hellenischen Republik inne. Mit Syriza hat sie allerdings im Juli 2015 gebrochen. Bis heute wirft sie dem damaligen Premier Alexis Tsipras vor, nach dem klaren „Nein“ im Referendum gegen den rigorosen Sparkurs in Athen eine spektakuläre Volte vollzogen zu haben.
Dies sei ein „unverzeihlicher Fehler“, wie sie monierte. Sie verließ Syriza und gründete im April 2016 den Kurs der Freiheit. Sie befürwortete die Streichung der griechischen Staatsschuld, die sie für nachweislich untragbar hält. Deutschland schulde dem griechischen Staat zudem Reparationszahlungen.
Konstantopoulou tritt mit Nachdruck für die Rechte der LGBTQIA+-Community ein. Sie ist die einzige Frau unter den Vorsitzenden aller Parlamentsparteien. Ob sie bereit sei, Griechenlands erste Premierministerin zu werden? „Selbstverständlich bereite ich mich darauf vor.“
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