Griechenlands Linke sucht Nachfolge: Der Sunnyboy aus den USA
Griechenlands linke Syriza sucht einen neuen Vorsitzenden. Aus der ersten Runde geht der politische Newcomer Stefanos Kasselakis als Favorit hervor.
An der Wahl am Sonntag nahmen exakt 146.635 Syriza-Mitglieder teil. Rund 40.000 Personen ließen sich erst am Wahlsonntag als neue Syriza-Mitglieder registrieren. Sie waren sofort wahlberechtigt. Wer hingegen in dieser Woche – also nach der ersten Wahlrunde – Syriza-Mitglied wird, ist in der Stichwahl am kommenden Sonntag nicht wahlberechtigt.
Die Wahl war nötig geworden, nachdem der bisherige Parteichef Alexis Tsipras nach dem schlechten Abschneiden Syrizas bei der Parlamentswahl Ende Juni seinen Rücktritt erklärt hatte.
Die ersten Reaktionen deuten auf einen harten Politclinch hin. Kasselakis’ Widersacherin in der Stichwahl, Efi Achtsioglou, attackierte Kasselakis, ohne ihn namentlich zu nennen. Der nächste Sonntag werde darüber entscheiden, „ob die Kämpfe, die wir vor uns haben, politisch ausgetragen werden oder nicht“, eine klare Anspielung auf den politisch bisher unerfahrenen Geschäftsmann Kasselakis.
Ihrem Gegner warf sie zudem vor, sich in „trüben Gewässern einfacher Lösungen“ zu bewegen. Die Kämpfe sollten „auf dem realen Feld im Parlament und in der Gesellschaft“ mit „Ernsthaftigkeit, Erfahrung und Verantwortung“ geführt werden, so Achtsioglou. Ein weiterer Seitenhieb auf den Politnewcomer Kasselakis, der im Gegensatz zu ihr kein Abgeordneter im Athener Parlament ist.
Als Jugendlicher in die USA und dort Karriere gemacht
Im exklusiven Gespräch mit der taz im Wahlkampf betonte Kasselakis, dass er „von klein auf mit Tempo und autonom agiere“. Dank Alexis Tsipras sei erst kürzlich sein Einstieg in die griechische Politik erfolgt.
„Schon im Alter von 15 Jahren wollte ich wieder (aus den USA; Anm. d. Red.) nach Griechenland zurückkehren, um meiner Heimat zu dienen und hierzulande nützlich zu sein. Das ist der geeignete Zeitpunkt, dies zu machen“, sagte Kasselakis der taz. Auch wenn er nicht zum Syriza-Chef gewählt werde, bleibe fortan „seine Basis in Griechenland“.
Geboren in Athen, erhielt der Sohn eines Unternehmers und einer Zahnärztin mit 14 ein Vollstipendium der Phillips Academy High School in Andover im US-Bundesstaat. Es folgten Uni-Abschlüsse in Pennsylvania in Finanzen und internationaler Politik. Vor den US-Präsidentschaftswahlen 2008 arbeitete er als Freiwilliger im Stab des damaligen Senators und heutigen US-Präsidenten Joe Biden. Mit 21 fand er einen Job bei Goldman Sachs, mit 30 war er Reeder.
In der Griechenlandkrise gründete er die Onlineplattform „CVfromGreece“. Er half so jungen Menschen, ihre Lebensläufe für Bewerbungen um einen Job oder Studium fernab von Hellas zu verbessern.
Den konservativen Premier Mitsotakis aus dem Amt jagen
Ein besonderes Augenmerk richtet Kasselakis auf die sofortige Angleichung der griechischen Gesetzgebung an „die fortschrittlichsten europäischen Länder in allen Fragen der Gleichstellung und des Schutzes für Frauen, Alleinerziehende, Behinderte sowie LGBTQ+-Personen. Griechenland soll „ein Modell für Integration und Gleichheit in ganz Europa“ werden, so Kasselakis.
Er selbst lebt in einer in den USA geschlossenen Lebenspartnerschaft mit einem Mann, dem Krankenpfleger Tyler McBeth. Das Paar plant, per Leihmutter zu Kindern zu kommen. „Es macht mich traurig, dass wir in Amerika Kinder haben können, die in Griechenland nicht anerkannt werden“, sagt Kasselakis.
Seine oberste Priorität aber, sagte Kasselakis zur taz, sei, „dass unser Land demokratisch funktioniert. Das ist nicht der Fall. Es muss eine große Säuberung von unten nach oben stattfinden. Überall. Dafür braucht man einen robusten Magen und muss vielen das Spiel verderben. Ich bin bereit, dies zu tun.“
Erster Schritt dahin wäre es, den konservativen Premier Kyriakos Mitsotakis aus dem Amt zu jagen.
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