Greenpeace untersucht Modeindustrie: Weniger Chemie, mehr Müll
Freiwillige Verpflichtungen der Modehersteller können gegen Probleme helfen, findet Greenpeace. Trotzdem solle die Politik stärker eingreifen.
Dafür haben die Umweltschützer:innen die 29 Unternehmen untersucht, die sich im Rahmen der vor zehn Jahren gestarteten Kampagne „Detox My Fashion“ Kampagne angeschlossen hatten, unter anderem C&A, Adidas, H&M und Primark. Insgesamt sind die Unternehmen, die sich der Kampagne angeschlossen haben, für etwa 15 Prozent des weltweiten Textilmarkts verantwortlich. Greenpeace hat nun überprüft, ob sich die Moderiesen auch über die Kampagne hinaus weiter für die Selbstverpflichtungen der Kampagne einsetzen. Dafür hat Greenpeace die öffentlich zugänglichen Informationen von den Websites und Berichten der Unternehmen analysiert.
Insgesamt fällt die Bewertung in Bezug auf gefährliche Chemikalien gut aus. Die 29 Unternehmen verzichten dem Report zufolge in 90% ihrer Produktionsstätten auf besonders giftige Chemikalien. Mehr als die Hälfte der untersuchten Unternehmen stellt sicher, dass ihre Zulieferer mindestens einmal im Jahr Abwasserdaten für den Großteil ihrer Produktionsstätten liefern. H&M und C&A überprüfen alle ihre Standorte, Lidl allerdings nur 21 von 570. Viele veröffentlichen darüber hinaus eine Liste mit ihren Lieferanten.
Jede Sekunde eine LKW-Ladung Textilmüll
Bauchschmerzen bereitet Greenpeace vielmehr die Überproduktion der Modeindustrie. In den vergangenen sechs Jahren habe sich die Zahl der produzierten Kleidungsstücke auf 200 Milliarden mehr als verdoppelt. Im Schnitt lande jede Sekunde eine Wagenladung auf der Müllkippe oder werde verbrannt. 20 der 29 Textilunternehmen, die sich zu den Detox-Zielen verpflichtet haben, würden weiter auf Wegwerfmode setzen, kritisiert Greenpeace. Allein in Deutschland werden einer Hochrechnung des Marktforschungsinstituts Euromonitor International aus dem Jahr 2019 zufolge 230 Millionen Kleidungsstücke pro Jahr nicht verkauft.
Insgesamt bezweifeln die Autor:innen der Studie deswegen, dass Freiwilligkeit die Modeindustrie grundlegend ändern kann. Selbstverpflichtung aufgrund von Druck durch NGOs könne ein Startpunkt sein, aber keine dauerhafte Lösung bieten. Die Politik müsse „endlich die Verantwortung für den Wandel in der Textilherstellung übernehmen“, heißt es in dem Bericht. Dennoch, betont Greenpeace weiter, die Erfahrungen mit der Umsetzung der Detox-Kampagne würden belegen, dass internationale Marken Verantwortung für ihre Lieferketten und die Umwelt übernehmen können, wenn sie denn wollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid