Greenpeace kritisiert Markenhersteller: Gift im Shirt

Verseuchte Flüsse durch Markenkleidung – Greenpeace hat 15 Hersteller getestet, darunter H & M, Calvin Klein, Puma und Adidas. Fast überall fand sich das Gift-Tensid NPE.

Die Kleidung kommt in die Läden, das Gift bleibt in den Flüssen. Bild: Social Justice Photography | CC-BY

BERLIN taz | T-Shirts und Hosen großer Markenhersteller verseuchen Flüsse und Seen in den Herstellungsländern. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von Greenpeace, die am Dienstag vorgestellt wird.

Die Umweltorganisation hat 78 Kleidungsstücke von 15 verschiedenen Marken – darunter H & M, Calvin Klein, Puma und Adidas – auf eine giftige Chemikalie hin untersucht. In 52 der 78 Proben fand das Prüflabor Nonylphenolethoxylat (NPE), bis auf den US-Hersteller GAP waren alle Firmen betroffen.

NPE ist ein Tensid, das in verschiedenen Produktionsschritten unter anderem als Waschmittel eingesetzt wird, etwa nach dem Spinnen und dem Färben von Baumwolle. Gefunden wurde es in den Kleidungsstücken nur in geringen Konzentrationen von wenigen Milligramm bis zur Höchstmenge von 27 Gramm pro Kilogramm in Sneakers von Converse. "Was hier im Regal liegt, ist relativ sauber", sagt Manfred Santen, Chemikalienexperte von Greenpeace. Die Chemikalie bleibt vor Ort. Sie wird aus den Waren ausgewaschen, fließt ins Abwasser und wird dort zu Nonylphenol abgebaut. Klingt ähnlich, hat aber hässliche Eigenschaften.

"In der EU geht es ja auch ohne"

Das Bundesinstitut für Risikobewertung zählt Nonylphenol zu den "endokrinen Disruptoren", also Substanzen, die im Körper wie ein Hormon wirken. Vor allem Fische, Krebse und andere Wasserorganismen leiden unter ihnen. Ihre Fortpflanzungsfähigkeit wird gestört, außerdem wurden Verhaltensänderungen bei Tieren festgestellt, die dem Stoff ausgesetzt waren. Wie Nonylphenol im menschlichen Körper wirkt, diskutieren die Wissenschaftler noch. Aufgrund der Gefährlichkeit "im Bereich der Wasserpolitik" hat die EU Nonylphenol schon 2003 aus dem Verkehr gezogen. Seitdem sei die Belastung der Gewässer in Europa deutlich gesunken, so Santen.

Im Jangtse in China hingegen hat Greenpeace große Mengen der Chemikalie gefunden. Weil der Fluss vielen Menschen als Trinkwasser dient, sind auch sie betroffen. Die getesteten Textilien wurden in verschiedenen Ländern hergestellt, darunter Kambodscha, Thailand, Sri Lanka, Ägypten und die Türkei. Die meisten dieser Länder machen den Unternehmen keine strengen Vorgaben, ihre eingesetzten Rohstoffe in Kreisläufen zu führen. So könnte das Waschwasser aufgefangen und etwa mit einem Aktivkohle-Filter gereinigt werden. Doch das passiert nicht. Für Santen steht fest: Das Zeug muss raus aus den Textilfabriken: "In der EU geht es ja auch ohne."

Aktionsprogramm gegen Chemikalien

Stimmt, pflichten ihm verschiedene Hersteller bei, zum Beispiel Puma aus Herzogenaurach. Der Sportartikelhersteller will zusammen mit Greenpeace ein Aktionsprogramm entwickeln und darin festlegen, wie er bis 2020 die Freisetzung sämtlicher gefährlicher Chemikalien in Lebenszyklus und Fertigungsprozess unterbinden kann. In acht Wochen sollen erste Schritte veröffentlicht werden.

Ein Unternehmen könne da nicht viel machen, sagt Adidas-Sprecherin Katja Schreiber. Viele Zulieferbetriebe würden verschiedene Markenhersteller bedienen, außerdem sei die Produktionskette äußerst vielschichtig. Sprich: Für die Unternehmen ist es kaum nachvollziehbar, wer welche Substanzen wie einsetzt. Der Erzrivale von Puma setzt darum auf einen "Dialog mit den Unternehmen der Branche", um eine gemeinsame Lösung zu finden. Nonylphenolethoxylat verfüge nicht nur über gute technische Eigenschaften, sagt Bernd Janisch vom Labor des Instituts für Textil- und Verfahrenstechnik Denkendorf. Es sei auch konkurrenzlos preisgünstig. Freiwillig, ohne Druck des Gesetzgebers, würden die Firmen die Substanz gewiss nicht ersetzen.

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