Gefährliche Chemikalie in Textilien: Gift aus der Waschmaschine
In der EU längst verboten, kommt die Chemikalie NPE über importierte Kleidungsstücke aus China zurück zu uns. Für Fische ist sie extrem gefährlich.

Die meisten Kläranlagen lassen Nonylphenolethoxylat (NPE) höchstwahrscheinlich ungehindert passieren. Es fehlt an den richtigen Filtern. Bild: dpa
BERLIN taz | Längst verboten und doch allgegenwärtig: Über importierte Kleidung gelangen giftige Chemikalien weiter ins heimische Abwasser. Das ist Ergebnis der neuesten Untersuchung von Markenkleidung, die Greenpeace heute veröffentlicht. Im Visier der Umweltschützer steht die Chemikalie Nonylphenolethoxylat (NPE), die als Waschmittel eingesetzt wird und in der Europäischen Union verboten ist.
Für den Menschen ist sie ungefährlich, für Wasserorganismen aber hochgiftig. Darum interessierte Greenpeace sich besonders für das Verhalten von NPE in der Waschmaschine, denn von dort gelangt sie in die Kläranlagen. Laut Greenpeace enthielten zwölf der getesteten Textilien ohne einen Aufdruck, darunter Unterwäsche, T-Shirts, Fußballtrikots und Stoffschuhe, einen Ausgangsgehalt von NPE zwischen 11 Milligramm und 1,1 Gramm pro Kilo.
Bei den beiden Stoffproben mit Aufdruck waren es wesentlich mehr. Nach der ersten Wäsche wurden bei den meisten Textilien mehr als 80 Prozent des NPE entfernt. Es sei davon auszugehen, dass "über die gesamte Lebensdauer eines Textilproduktes alle Rückstände von NPE ausgewaschen werden, ein Großteil bereits in den ersten beiden Waschvorgängen", heißt es bei Greenpeace.
Der Käufer ist die Chemikalie also schnell los, dafür landet sie im Abwasser und damit in der nächsten Kläranlage. Doch die lässt das NPE höchstwahrscheinlich ungehindert passieren. Laut der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft in Hennef tun sich reguläre Kläranlagen mit "Spurenstoffen" - Chemikalien, die in nur sehr geringen Mengen auftreten, wie Medikamente, Pflanzenschutz- oder eben Waschmittel - äußerst schwer.
Fast 900 000 Tonnen Textilien werden jährlich nach Deutschland importiert. Im Land hergestellt wird kaum noch etwas. Auf die Konsequenzen weist Greenpeace in seiner Kampagne "Schmutzige Wäsche" hin, die seit Sommer 2011 läuft. Verbote, etwa der als Waschmittel eingesetzten Chemikalie NPE, nützen kaum etwas, kommt sie doch nicht hierzulande, sondern in den Textilfabriken in China oder den Phillipinen zum Einsatz. Ersetzen lassen sie sich durchaus - nur sind die Ersatzstoffe oft teurer. (HOL)
In kleinen Mengen sehr giftig
Um sie aus dem Abwasser herauszufiltern, sind teure Aktivkohlefilter nötig. Nur die wenigsten Anlagen sind damit ausgestattet. Zwar seien die gefundenen Mengen an NPE gering, sagt Manfred Santen, Chemikalienexperte von Greenpeace, doch sei die Substanz auch in äußerst kleinen Mengen sehr giftig. NPE greift in den Hormonhaushalt von Fischen und kleinen Wassertieren ein, stört ihre Fortpflanzung und bewirkt Verhaltensänderungen.
Deshalb ist der Einsatz von NPE in der EU verboten, die Einfuhr von belasteten Kleidungsstücken allerdings nicht, kritisiert Greenpeace. Laut Umweltbundesamt ist der Import von Textilien inzwischen eine der hauptsächlichen Quellen der Belastung von Gewässern mit NPE.
Das Umweltbundesamt schaut mit Sorge auf die Chemikalie, und wird sie im Sommer als "besonders besorgniserregenden Stoff" im Rahmen der europäischen Chemikalienregulierung REACH vorschlagen. "Das wäre dann der Weg in die Zulassungspflicht", sagt Christoph Schulte, Leiter des Fachgebiets Chemikalien im Uba. Allerdings bliebe auch dann noch eine Lücke, denn "besonders besorgniserregende Stoffe" dürfen weiter importiert werden, wenn sie in fertig verarbeiteten Produkten einreisen - wie etwa Kleidungsstücken.
Apell an die Hersteller
Die Forderung Schwedens, die Einfuhr von Produkten, die mit NPE belastet seien, zu beschränken, sei sinnvoll, sagt Schulte. Auch Greenpeace setzt auf gesetzliche Regelungen, appelliert allerdings auch vor allem an die Hersteller. Schon zu Beginn der Kampagne "Schmutzige Wäsche" im vergangenen Sommer hatte Greenpeace auf die Verantwortung der großen getesteten Textilmarkenhersteller wie Converse, Nike, Calvin Klein, Puma, H&M oder Adidas hingewiesen.
Sechs von ihnen haben daraufhin einen runden Tisch gegründet, um gemeinsam etwas für eine sauberere Produktion zu tun. "Bisher sind sie über Absichts-erklärungen nicht hinausgekommen", sagt Santen, "es dauert uns zu lange, bis etwas passiert." Die Hersteller selbst äußern sich derzeit nicht zu dem Prozess. H&M betont, den Einsatz von NPE schon länger verboten zu haben. Trotzdem fanden sich im Greenpeace-Labor Rückstände im Poloshirt des Händlers.
Leser*innenkommentare
tsitra
Gast
Was bin ich froh, dass meine Photovoltaikanlage in Deutschland hergestellt ist.
(mein Patriotismus konvergiert gegen Null, weil mir Patriotismus im Allgemeinen viel zu dumm ist und gerade mit Deutschland habe ich besondere Sorgen.)
Die aus China hatte zwar ein besseres Preis-Leitungsverhältnis, aber die dortigen INSGESAMT
LEBENSFEINDLICHEN Produktionsmethoden und gesellschaftlichen Verhältnisse widern mich einfach an.
Ich frage mich oft nach der chinesischen Kultur, nach deren Identität und Wertvorstellungen.
Dieser Artikel bestätigt den Eindruck, dass die meisten ChinesInnen die äusserst üblen Vergiftungen, die die westliche Welt veranstaltet hat und noch immer veranstaltet, leider KOPIEREN oder zumindest dulden. Das ist echt arm!
Wieso kopieren sie nicht das aufkeimende Umweltbewusstsein?
Vermutlich deshalb, weil es auch in der "westlichen Welt"(= KUNDE und KONKURRENT), nur sehr bescheiden ausgeprägt ist!
Wir delegieren gerne die Vergiftungen nach China, damit
wir bilig einkaufen können, wie schäbig!
Gestern wurde berichtet, dass offenbar die elektrischen Geräte immer kurzlebiger (durch Soll-Schwachstellen!)
hergestellt werden.
Das alles finde ich so abstoßend, dass ich regelrecht stolz werde auch meine oft richtig alten Geräte
und Gegenstände.
Übrigens halte ich das Buch "Haben oder Sein" von Erich Fromm für sehr lesenswert, geradezu für eine Erleuchtung. ;)
Auf Zigarttenschachteln wird vor Gesundheitsschäden gewarnt.
Warum wird nicht vor einigen (den meisten!) Fernsehbeiträgen und insbesondere vor Werbung (obschon die, jedoch selten(!), originell und kreativ sein kann) GEWARNT? Etwa so:
"Dieser Beitrag gefährdet Ihr selbstständiges Denken
und Handeln, beeinträchtigt ihre Persönlichkeit, verführt Sie zu oberflächlichem Dasein und macht Sie schießlich ein Stück dümmer und weniger lebendig"
Bestimmt ist es ein Teufelskreis:
Viele halten ihr "Wachkoma", ihr unbestimmtes Unwohl- und Eingezwängtsein, ihr vermindertes Interesse an kreativem Leben nur noch mithilfe der "Klotze" aus.
Und dann gehen sie, wie ferngelenkt, in die Konsumtempel und kaufen den Plunder, den Dreck, um dabei zu sein, aber bei WAS dabei?
Verehrte InderInnen, AsiatInnen, AfrikanerInnen, SüdamerikenerInnen usw.
BITTE macht das der "westlichen Welt" nicht nach!
friedrich
Gast
Nonylphenyethoxylat ist auch für Menschen giftig
und fruchtschädigend.
Ohne Schutzausrüstung wirkt Nonylphenylethoxylat
auch auf den Menschen vergiftend!!
http://www.silbermann.de/download/SDB/01937500.pdf
Nonylphenylethoxylat wird häufig zu
Nonylphenol abgebaut und dieses ist sehr wohl
auch für Menschen gefährlich.
http://www.fischnetz.ch/content_d/publ/Publications/uebergreifende_Projekte/Radvansky_NPreport.pdf
NP
und OP wirken sowohl auf Säugetiere als auch auf Fische estrogen und wurden in allen Invitro-
Testsystemen konsistent als estrogenartige Stoffe erkannt. Für Säugetiere liegen die
wirksamen Dosen im oberen mg/kg-Bereich. Doch bereits bei weit kleineren Dosen von OP
(
Juergen K.
Gast
Aber die Hersteller sind doch extra nach China gegangen um dort nicht diese "perversen" Umweltauflagen von hier zu haben.
drachentöter
Gast
WIR haben die Macht, nutzen sie aber nicht, weil uns ein billiger Lumpen aus Asien und dazu das Billigtechnikteil lieb und vor allem nicht teuer, sondern billig ist. Die Flüsse und Böden in China und hier sind uns Wurst weil so mittelbar, denn was macht schon ein kleines Hemdchen und eine Chinabatterie? WIR WOLLEN BILLIG!
Also produzieren die dämlichen Ketten weiter dort für uns den Schrott.
Keine Nachfrage = kein Import! Den Drachen töten.