Greenpeace-Aktion bei Westgrönland: Protest in der "Eisbergallee"
Greenpeace hat gegen die geplanten Offshore-Ölbohrungen in Westgrönland protestiert. Man befürchtet, dass Exxon und Co. "einen neuen Öl-Rush" starten.
STOCKHOLM taz | Mit einer Besetzungsaktion protestierte die Umweltschutzorganisation Greenpeace am Sonntag gegen die geplanten Offshore-Ölbohrungen in den arktischen Gewässern vor der Küste Westgrönlands. An der Unterseite der Ölbohrplattform "Leiv Eiriksson" wurde eine "Überlebenskapsel" mit zwei Aktivisten an Bord befestigt, die Bohrarbeiten behindern soll.
Die Aktivisten hätten in ihrer Kapsel Verpflegung für mehrere Tage, erklärte Greenpeace-Sprecherin Birgitte Lesanner. Man habe sich zu der Aktion entschlossen, weil sowohl die grönländische Regierung, die die Bohrungen genehmigt habe, als auch die Ölgesellschaft Cairn alle Expertenwarnungen in den Wind geschlagen und die Umwelt geschädigt hätten.
Sieben Ölgesellschaften haben von Grönland mittlerweile formal die Genehmigung für Öl- und Gasbohrungen in den Gewässern zwischen der Insel und Kanada erhalten. Die kleine schottische Firma Cairn ist die erste, die mit Suchbohrungen begonnen hat. Lesanner: "Exxon, Chevron und Co. warten nur, ob etwas gefunden wird. Dann ist der Öl-Rush dort in vollem Gange."
So tief wie bei Deepwater Horizon
Die Plattform "Leiv Eriksson" war auf dem Weg zur ersten der für diesen Sommer geplanten Bohrungen, die in einer Meerestiefe von bis zu 1.500 Metern stattfinden sollen - der Tiefe, bei der sich im Golf von Mexiko die "Deepwater Horizon"-Katastrophe ereignet hatte.
Die Bohrungen finden in der Davis-Strait statt, einer Meerenge, die wegen der vielen von dort in den Nordatlantik treibenden Eisberge auch "Eisbergallee" genannt wird. Doch UmweltschützerInnen protestieren nicht nur wegen der deshalb hohen Unfallgefahr.
Einer Kollision oder eines Blow-outs bedarf es gar nicht, um die Umwelt schwer zu belasten. Denn schon bei den nun geplanten Suchbohrungen würden zusammen mit dem Bohrschlamm rund 9.000 Tonnen Chemikalien ins Meer gepumpt.
Darunter knapp 200 Tonnen eines Bohrschlammstabilisators, der auf der der Liste der hochgradig schädlichen Persistent Organic Pollutant steht: langlebige Stoffe mit der Fähigkeit, sich in Lebewesen anzureichern und dort das Immun-, Nerven- und Hormonsystem zu schädigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch