Golf-Masters in Augusta: Eindrucksvolle Krisenbewältigung
Der weltbeste Golfer Scottie Scheffler gewinnt zum zweiten Mal die Masters. Überraschender Zweiter wird bei seinem Debüt der Schwede Ludvig Aberg.
Natürlich ist es auch im Golf ein Ritual, vorher zu spekulieren oder auch zu wetten, wer denn wohl das nächste Turnier gewinnen könnte. Erst recht bei den Masters, dem ersten und gleich wichtigsten Major-Turnier des Jahres in Augusta, ausgetragen wie immer in Donald Trumps Wahlmanipulationsstaat Georgia („Ich will nur 11.870 Stimmen finden …“).
Wer würde triumphieren: Bryson DeChampagne vielleicht oder Tiger McMickelson, statt Jordan Rahm womöglich Dustin Hovland? Vor allem: Wird es jemand sein aus der neuen LIV-Liga, die mit Aberzigmillionen aus dem saudischen Staatsfonds abtrünnige Altmeister zusammengekauft hat? Oder eben doch wer aus der alten Golfwelt?
Würde womöglich der Einstheilige Tiger Woods höchstselbst noch einmal auftrumpfen? Woods gönnte der Statistiksportart Golf bei den 88. Masters immerhin gleich zwei neue Bestmarken: Zum 24. Mal in Folge schaffte er am Freitagabend den Cut (Rekord), ging aber am dritten Tag, dem „Moving Day“, komplett unter. Eine Runde von 82 war ihm noch nie unterlaufen, noch ein Rekord.
Woods, auch schon 48, seit seinem schweren Autounfall 2021 und vielfachen komplizierten Beinbrüchen offenbar zu dauerhaften Spitzenleistungen nicht mehr in der Lage, wurde Letzter. Sein Negativrekord. Eine traurige Demütigung. Woods habe „ungewollt Masters-Geschichte geschrieben“, notierte der Guardian.
Absage von Bernhard Langer
Oder könnte sensationellerweise doch noch mal Bernhard Langer (nach 1985 und 1992) siegen bei seiner gefühlt 347. Teilnahme im Alter von 66 Jahren? Nun, die personifizierte Fitness Langer hatte sich Anfang des Jahres die Achillessehne gerissen und absagen müssen. Immerhin, der Unsterbliche, lebenslang für Augusta qualifiziert durch seine Siege im Vorgestern, soll schon wieder zu gehen in der Lage sein und will dann eben 2025 seinen letzten Auftritt an der Magnolia Lane geben.
Als einziger Deutscher war Stephan Jäger dabei. Der Mann ist in Bayern geboren, lebt aber mehr als sein halbes Leben in den USA, wo er neulich auch sein erstes Turnier gewann. Wegen seines zufällig deutschen Passes wurde dann in seinem Heimatland viel über ihn geschrieben. Er schied zur Halbzeit aus.
Oder doch endlich mal der Nordire Rory McIlroy? Der hat in seiner schillernden Karriere alles gewonnen, nur eben in Augusta noch nie. Mit heilen Achillessehnen landete er schwer enttäuscht auf Platz 22, also Mittelfeld. Ganz anders, aus Europasicht, der 24-jährige Schwede Ludvig Aberg, der mit Platz 2 ein spektakuläres Major-Debüt hinlegte. Neun Loch vor Schluss lag er sogar noch auf Titelkurs. Aberg ist noch nicht mal ein Jahr Profi.
Unangefochten weltbester Golfspieler
Der Sieger hieß erneut Scottie Scheffler. Dabei hatte der 27-jährige Texaner, Masters-Sieger schon 2022, vor den beiden Schlussrunden eine schwere mentale Krise zu Protokoll gegeben. Mit dem Druck als Spitzenreiter drohte er nicht fertig zu werden: „Heute Morgen habe ich geweint wie ein Baby, ich war völlig gestresst und wusste nicht, was ich tun soll“, berichtete er. „Ich habe meiner Frau gesagt, dass ich absolut nicht bereit bin für das hier.“
War er nach offenbar erfolgreicher mentaler Intervention der hochschwangeren Gattin Meredith dann doch und siegte mit sicheren vier Schlägen Vorsprung. Seine finalen Emotionen fasste er dann so zusammen: „Ich kann nicht in Worte fassen, was es bedeutet, dieses Turnier erneut gewonnen zu haben.“ Mit seinem Sieg darf Scheffler, zugleich mit großem Vorsprung Weltranglistenerster, derzeit als unangefochten weltbester Golfer gelten.
Besondere Debatten hatte es im Vorfeld um die 14 LIV-Teilnehmer gegeben. Sportliche Antwort: Keiner von ihnen spielte irgendeine Rolle im vorderen Feld. Auch der spanische Masters-Titelverteidiger Jon Rahm, vergangenen Dezember erst in die petroölige Zigmillionenliga gewechselt, landete lediglich im unteren Mittelfeld mit gigantischen 20 Schlägen Rückstand.
Fehlerlos durfte er als Vorjahres-Champion am späten Sonntagabend seinem Nachfolger Scottie Scheffler in ritueller Weise das grottenhässlich grüne Siegerjacket anreichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin