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Glyphosat-Prozess in den USABayer schickt falsche Journalistin

Beim Glyphosat-Verfahren in San Francisco ist eine Undercover-Berichterstatterin aufgeflogen. Sie soll von Bayer-Monsanto geschickt worden sein.

Fahnen vor der Bayer-Zentrale in Leverkusen Foto: dpa

Paris taz | Die französische Tageszeitung Le Parisien hat neue belastende Details zum Lobbying im Auftrag von Bayer/Monsanto publiziert. Bei der Gerichtsverhandlung in San Francisco im März, wo der an Krebs erkrankte Edwin Hardeman gegen Monsanto klagte, soll sich eine nicht mit Namen genannte Mitarbeiterin im Auftrag von Bayer-Monsanto als Journalistin ausgegeben haben, um die Berichterstattung zu beeinflussen oder Informationen über die Arbeit der Medienleute zu beschaffen. Dies schilderte Le Parisien die amerikanische Bloggerin Kelly Ryerson, besser bekannt als „Glyphosate Girl“.

Laut Ryerson ist die etwa 30-Jährige „sehr sympathisch und amüsant“ gewesen. „Sie war jeden Tag beim Prozess und hat sich mit allen Journalisten angefreundet. Niemand hätte vermutet, dass etwas faul war.“ Sie habe gesagt, für die BBC und den britischen „Inquirer“ zu arbeiten. Es sei „extrem überraschend“ gewesen, „als herauskam, dass sie in Wirklichkeit für Monsanto dort war“. Die falsche Journalistin arbeitete tatsächlich für die weltweit tätige US-Berateragentur FTI Consulting.

Laut dem Online-Jobnetzwerk LinkedIn war die Frau seit 2014 bei FTI in der Abteilung „Strategische Kommunikation“ tätig. Nun hat sie laut Le Parisien als Tätigkeit „Consulting und Freelance-Journalismus“ angegeben. FTI-Consulting bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, die „Mission“ der Frau sei es gewesen, „am Prozess teilzunehmen, aber ausschließlich und explizit, um bei den Verhandlungen Notizen zu machen“. Ein Sprecher von Bayer sagte zu AFP, von der „Journalistin“ oder anderen FTI-Angestellten im Glyphosat-Prozess nichts gewusst zu haben.

Es ist offenbar nicht das erste Mal, dass FTI den Journalismus als Deckmantel für seine Geschäfte nutzt. Laut der NGO EarthRights sollen FTI-Mitarbeiter im Auftrag der Ölfirma Exxon ihren Rechtsberater kontaktiert und sich dabei als Journalisten vorgestellt haben, um Details über ein Projekt herauszufinden.

Solche „Undercover“-Praktiken passen zum Skandal um die Erfassung von Daten von Journalisten, PolitikerInnen und ForscherInnen in Frankreich durch eine von Monsanto beauftragte PR-Firma. Am Dienstag gab Bayer bekannt, Betroffene bis Ende kommender Woche zu informieren. Derzeit gehe der Konzern davon aus, dass die PR-Agentur FleishmanHillard im Auftrag von Monsanto solche Listen außer in Frankreich auch in Deutschland, Italien, den Niederlanden, Polen, Spanien, Großbritannien und bei EU-Institutionen angelegt hat.

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11 Kommentare

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  • In den USA gibt es wenigstens ein Glyphosat-Verfahren. Bei uns in Deutschland wird nicht einmal das staatliche Glyphosat-Gutachten zu 'Krebsrisiken von Glyphosat' von der Bundesregierung freigegeben.

    Man kann als Bürger aber das Gutachten anfordern. Siehe hier:

    fragdenstaat.de/ak...cht-2019/#anfragen

    FragDenStaat schreibt hierzu: "Am 6. Juni wird unser Fall vor dem Landgericht Köln verhandelt. In der mündlichen Verhandlung geht es um die Frage, ob die Veröffentlichung wirklich verboten bleibt. Falls das Gericht gegen uns entscheidet, ziehen wir durch alle Instanzen bis zum Europäischen Gerichtshof."

    • @Ricky-13:

      Ja. Da zeigt sich sehr schön, wessen Interessen diese "Regierung" vertritt… selbst in Fragen, die Leben und Tod betreffen.



      Und sie zeigen uns, dass nur der Mensch, der sich selbst um relevante Informationen kümmert, diese irgendwo erhalten kann – nur nicht in der sog.



      Armselig. Am aller-ober-armseligsten.



      Und wir? Kucken dumm-glotzend zu 😡.

      • @Frau Kirschgrün:

        Die Interessen der Großkonzerne zu wahren ist für unsere Politiker eben wichtiger als die Gesundheit von über 81 Millionen Bürger in Deutschland.

        Wenn Glyphosat die Harmlosigkeit von Schokobonbons besitzt, dann könnte man doch das Glyphosat-Gutachten freigeben. Aber Glyphosat hat nun einmal nicht die Harmlosigkeit von Bonbons. Das kann man auch gut daran erkennen, wenn man sich einmal die Aufgeregtheit von Bayer-Monsanto in Frankreich (wo der Glyphosat-Konzern Monsanto Listen mit Freunden und Feinden angelegt hat) und in den USA (wo eine Undercover-Berichterstatterin von Bayer-Monsanto jetzt aufgeflogen ist) anschaut.

        In dem obigen Link von FragDenStaat steht: "Nach einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts in Köln drohen uns eine Strafzahlung bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wenn wir das Dokument (Glyphosat-Gutachten) nicht löschen."

        Schon Kurt Tucholsky, Gesellschaftskritiker, Journalist und Schriftsteller, (1890-1935) sagte einst: "In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht."

      • @Frau Kirschgrün:

        "nur nicht in der sog."



        ……………▼……………



        nur nicht in der sog. Mainstream-Presse. Irgendwie untergegangen…

  • ...und damit reiht sich Bayer natlos ein in “Deutsche Musterunternehmen“ ein, bei denen es – gelinde gesagt – nicht immer ganz so rund läuft. Wer mal ein bisschen lachen möchte, sollte sich den FR-Kolumnist Michael “Michi“ Herl nicht entgehen lassen:

    www.fr.de/meinung/...irrt-11555634.html

  • Die Undercover-Journalistin ist doch eine gute Nachricht. Monsanto und damit Bayer sind dabei, sich in noch grössere Schwierigkeiten zu manövrieren.

  • Wer ohne jede Gewissensbisse solche Gifte auf den Markt wirft, dem kann man auch sonst alle möglichen Untaten zutrauen. Es ist nicht angebracht, hier alle Schweinereien von Monsanto aufzuzählen, die außerdem weit über das Vergiften von Personen und Landschaften hinausgingen. Alles was zählte war Dividende und Macht.

    Dann bemerkten Konzernbosse und Aktionäre, welche Konsequenzen ihnen in den USA drohten. Man fand die ebenso nach Macht und Dividende gierenden Bosse von Bayer, die bereit waren, für das 'Bankrottschnäppchen' Monsanto etwa 66 Mrd. zu bezahlen. Jetzt wundern die sich, dass sie ein überaus faules Ei gekauft hatten. Das Ei kann man aber nicht einfach wegwerfen, die Entsorgung wird wegen der vielen wahrscheinlichen Entschädigungen vielleicht die Zerschlagung und den Verkauf der restlichen Einzelteile von BAYER zur Folge haben.

    Über eines bin ich mir aber sicher: Die Verantwortlichen bei BAYER werden selbst keinerlei materielle Konsequenzen zu tragen haben. Sie haben ihre persönlichen Konten und Geldtaschen gegen alle Folgen abgesichert! Welch eine Weitsicht der eigentlich unfähigen Manager, wenn es um das persönliche Wohl geht!

  • Wie überaus niederträchtig... Und wie überaus behämmert, sich dabei erwischen zu lassen.



    wie das rausgekommen ist würde mich noch interessieren...

    • @Sebas.tian:

      Vermutlich indem man bei LinkedIn oder anderen Plattformen nach ihrem Namen gesucht hat?

      Man muss nur drauf kommen, das zu tun und dann die Namen einordnen können, die auftauchen. Echte Journalisten können genau das. Hat sich die Dame wohl auch nicht gedacht, dass das so einfach ist ;-)

  • Wie am-aller-ober-armseligsten ist eigentlich BAYER?!

    • @Frau Kirschgrün:

      Tja... Mir zumindest fällt dazu nichts mehr ein.