Globale Klimapolitik: Gegengift gegen die Verzweiflung

Der Bericht zu den Entwicklungszielen steckt voller Hiobsbotschaften. Doch er liefert die nötigen Daten, um Druck auf die Staaten zu machen.

Obdachlose auf einem Bürgersteig.

Schlechte Entwicklung in den USA, hier Obdachlose in San Francisco Foto: Michael Ho Wai Lee/Zuma/imago

Wer sich derzeit in der Welt umblickt, den kann schnell der Mut verlassen. Der brutale Überfall Russlands auf die Ukraine geht unvermindert weiter, die Coronapandemie ist nicht vorbei, Klimakrise und Artensterben eskalieren. Millionen Menschen sind auf der Flucht, es drohen Hungersnöte, und autoritäre Systeme wie in Russland, China, der Türkei oder Ungarn unterdrücken jede Alternative. Und jetzt bestätigt auch noch eine Zwischenbilanz der UN-Entwicklungsziele diesen Eindruck, dass alles immer schlimmer wird.

Dabei ist der Bericht zu den „nachhaltigen Entwicklungszielen 2022“ von Thinktanks und WissenschaftlerInnen auch ein Gegengift gegen die allgemeine Verzweiflung. Denn er liefert detaillierte Daten, mit deren Hilfe diese Probleme angepackt werden können – und die den nötigen politischen Druck dazu erzeugen können. „Nachhaltige Entwicklung“ ist ja das Versprechen auf eine bessere Zukunft: eine Welt ohne Hunger, ohne Armut, mit stabiler Gesundheitsversorgung, Bildung, einem Dach über dem Kopf, einer guten Arbeit, in einer gerechten Gesellschaft und einer gesunden und lebenswerten Umwelt. Diese „Sustainable Development Goals“ (SDGs) versprechen allen Menschen ein Leben, wie es den meisten von uns in den demokratischen Wohlfahrtsstaaten normal vorkommt.

Diese SDGs haben aber einen Geburtsfehler: Sie wurden von allen Staaten beschlossen, sind aber nicht einklagbar und werden gern ignoriert. Hier setzt der aktuelle Bericht an: Er erinnert an die Versprechen und zeigt detailliert, welches Land in welchem Bereich Fort- und Rückschritte macht. Mit dieser Transparenz macht er deutlich, wer Verantwortung trägt, welche Maßnahmen funktionieren und wo ein Land beim Versuch steht, das Leben seiner BürgerInnen in den zentralen Überlebensfragen zu verbessern: Es ist etwa peinlich für die USA, hinter Kuba und der Ukraine abzuschneiden.

Bang­ladesch und Kambodscha dagegen können sich bestätigt fühlen. Der Bericht erinnert auch daran, wie schwer die Verantwortung der Industriestaaten wiegt: Wenn etwa Deutschland Platz 6 bei der Umsetzung der SDGs zu Hause erringt, aber bei der internationalen Verantwortung nur auf Platz 149 landet, zeigt uns das, wie viele Lebenschancen unsere Importe, Exporte und unsere Handelspolitik andernorts zerstören.

Der Bericht ist brisant, denn Information ist eine mächtige Waffe. Auch das Pariser Klimaabkommen zum Beispiel galt lange als zahnlos. Bis das Bundesverfassungsgericht dessen Pflichten ins Juristische übersetzte. Sobald jemand politische oder juristische Hebel für die Umsetzung der SDGs findet, schlummern hier viele überzeugende Argumente für echte Veränderung.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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