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Gipfeltreffen zwischen USA und EUDem „Whisky-Frieden“ zum Trotz

Das Treffen zwischen US-Präsident Biden und EU-Vertretern endet mager. Näher kommt man sich vor allem als gemeinsame Front gegen China.

Schulterschluss? Vor allem verbal kamen sich die EU und die USA näher Foto: Yves Herman/reuters

Brüssel taz | Die Europäische Union will den Handelskrieg mit den USA beenden und künftig wieder den Schulterschluss suchen – auch im Wettbewerb mit China. Dies vereinbarten EU-Ratspräsident Charles Michel und Kommissionschefin Ursula von der Leyen bei einem Gipfeltreffen mit US-Präsident Joe Biden am Dienstag in Brüssel.

So sollen die milliardenschweren Strafzölle für die Flugzeughersteller Airbus und Boeing für fünf Jahre ausgesetzt werden. Der Streit hatte die Beziehungen zwischen EU und USA jahrelang vergiftet. Zudem wollen beide versuchen, China in der Handels- und Technologiepolitik etwas entgegenzusetzen. „Europa ist unser natürlicher Partner“, sagte Biden, der sich damit deutlich von seinem Amtsvorgänger Donald Trump absetzte. Die EU sei eine „unglaublich starke und lebendige Einheit“, hatte er schon zu Beginn seiner Europareise erklärt. Allerdings machte Biden weniger Konzessionen, als die Europäer sich erhofft hatten.

Die EU wollte eine umfassende transatlantische Agenda auflegen; Michel sprach sogar von einem „Gründungspakt“. Bei dem streng abgeschirmten Gipfeltreffen war davon jedoch keine Rede mehr. Es gab nicht einmal eine gemeinsame Pressekonferenz. Bis zur letzten Minute rangen US-Amerikaner und Europäer um Kompromisse. Das Ergebnis ist – gemessen an den hohen Erwartungen – mager. So wird der Subventionsstreit zwischen Airbus und Boeing nicht gelöst, sondern nur auf Eis gelegt. Die Strafzölle, die Trump auf Stahl und Aluminium verhängt hatte, bleiben weiter in Kraft. EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis wollte sie eigentlich beenden.

Als Vorleistung hatte Dombrovskis sogar die EU-Zuschläge auf Whisky und andere US-Produkte ausgesetzt. Doch der „Whisky-Frieden“ zeigte keine Wirkung. Die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai ließ sich nicht dazu erweichen, die US-Strafzölle aufzuheben. Nun soll eine Arbeitsgruppe eine Lösung suchen – allerdings ohne verbindliche Deadline. Man wolle „innerhalb weniger Monate“ Fortschritte erzielen, sagte von der Leyen.

Ungelöster Streit über Corona-Impfstoffe

Auch der Streit über den Export von Corona-Impfstoffen und die Freigabe der Patente wurde nicht gelöst. Die EU ist weltweit der größte Exporteur von Covid-19-Vakzinen. Brüssel sträubt sich aber gegen eine Aussetzung der Patentrechte, wie sie Washington gefordert hat. Am Ende beschränkte man sich auf gemeinsame Absichtserklärungen. Unverbindlich fallen auch die Aussagen zur Klimapolitik aus. Die EU und die USA bekennen sich zwar erneut zu den Zielen von Paris. Die EU-Spitzen konnten Biden aber nicht von der geplanten europäischen CO2-Grenzsteuer überzeugen.

Nach vier schwierigen Jahren mit Trump habe man nun ein „neues Kapitel“ aufgeschlagen, freute sich die EU-Chefin. Die vorläufige Beilegung des Streits um Airbus und Boeing sei ein „Durchbruch“. EU und USA ließen nun die Rechtsstreitigkeiten hinter sich und gingen „zur Zusammenarbeit bei Flugzeugen über“.

Eine andere Interpretation lieferte die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai. Sie sieht den Burgfrieden mit der EU im Flugzeugstreit als Vorbild für ein gemeinsames Vorgehen gegenüber China. Die Einigung über einen Waffenstillstand sei „ein Modell“, auf das beide Seiten „für andere Herausforderungen durch China“ aufbauen würden.

„Anstatt mit einem unserer engsten Verbündeten zu kämpfen, kommen wir endlich angesichts einer gemeinsamen Bedrohung zusammen“, sagte Tai. Geplant ist etwa, China bei KI oder der Halbleitertechnik auszubremsen. Man wolle gemeinsame Standards setzen, statt Peking hinterherzulaufen, hieß es in Brüssel.

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1 Kommentar

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  • Auch wenn aktuell noch keine Einigung erzielt werden konnte, ist es doch schön zu sehen, dass die Zeichen insgesamt auf Entspannung stehen:

    Immerhin ein Teil der gegenseitigen Zölle scheint ja vorläufig entfallen zu können. Wenn ich es richtig interpretiere entfallen die Zölle auf Bourbon-Whiskey, welche die Spirituose in Deutschland doch spürbar verteuert hatten.

    Unterschiede zwischen der EU und den USA wird es wohl immer geben. So wie sich europäischer Scotch von amerikanischem Bourbon unterscheidet: www.maltwhisky.de/...urbon-unterschied/

    Doch unter der Präsidentschaft von Biden kann man immerhin optimistisch sein, dass diese Unterschiede kommunikativ und in einer weniger konfrontativen Art überbrückt werden können.