Gipfeltreffen in der Fußball-Bundesliga: Festival der Fehler
In einem Spitzenduell von dürftigem Niveau gewinnen die Fußballerinnen des FC Bayern beim VfL Wolfsburg. Auffällig sind die vielen Defensivpatzer.

Die beiden besten deutschen Mannschaften begleitet die bohrende Frage, ob sie international wirklich in der Lage sind, mit der Elite aus England, Spanien und Frankreich mitzuhalten. Die hohe Quote an Fehlern und Nachlässigkeiten, die den 3:1-Erfolg des FC Bayern in Wolfsburg ermöglichte, bringt Zweifel daran ins Spiel.
In den Stolz der Siegerinnen darüber, den VfL Wolfsburg wieder als Tabellenführer abgelöst zu haben, mischten sich durchaus auch Selbstzweifel. „Es war zwischenzeitlich sehr wild“, gestand die Münchner Torjägerin Klara Bühl. Sie hatte den FC Bayern in Führung gebracht. Momoko Tanikawa und die eingewechselte Alara Sehitler steuerten die weiteren Treffer bei. Bei allen Toren wurden Mängel in der Defensive sichtbar.
Das galt auch für das zwischenzeitliche 1:2 der Wolfsburgerinnen von Janina Minge. Zuvor hatten die Abwehrspielerinnen des FC Bayern mehrfach vergeblich versucht, den Ball aus dem eigenen Strafraum zu befördern. Das Festival der Fehler erinnerte schmerzhaft daran, wie der amtierende Deutsche Meister vier Tage zuvor zum Start in die Champions League-Saison mit 1:7 beim FC Barcelona regelrecht abgeschossen worden war.
Schmerzende Vergleiche
Der Quervergleich zwischen den Herausforderungen in der Champions League und dem Alltag in der Bundesliga tut vor allem deshalb weh, weil es dem FC Bayern und dem VfL Wolfsburg auf nationaler Ebene weiterhin an konstanter Konkurrenz mangelt. Und die Freude darüber, dass am Samstag zumindest 12.495 Zuschauer das Spitzenspiel in Wolfsburg sehen wollten, wird getrübt durch die Tatsache, dass sich andere europäische Ligen schneller und besser weiterentwickeln. Das liegt an deren großer Finanzkraft und an der besseren Vermarktung.
Trotz der Länderspielpause der Männer war es dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht möglich, das Duell zwischen München und Wolfsburg live zu übertragen. „Man würde sich wünschen“, sagte die Münchenerin Hoffnungsträgern Giulia Gewinn, „dass das Spiel die Bühne bekommt.“ Ihre Teamkollegin Bühl findet mit Blick auf den Zuschauerzuspruch in der Bundesliga: „Man muss geduldig sein.“
Das Schöne am Frauenfußball bleibt: Die Atmosphäre im Stadion wird nach wie vor durch gegenseitige Wertschätzung und Fairness geprägt. Dass die Wolfsburgerin Joelle Wedemeyer kurz vor Spielende wegen einer Rangelei mit Lea Schüller die Rote Karte sah, sorgte für ein paar Diskussionen, aber kein großes Gezeter. Der nationale Frauenfußball kommt noch ohne den Einsatz des Video-Schiedsrichterassistenten aus, der bei strittigen Szenen für Aufklärung sorgen kann.
Schiedsrichterin Michel Fabienne hätte eine solche Hilfestellung bei mehreren Entscheidungen gut gebrauchen können. Doch die Wolfsburgerinnen verzichteten auf Schuldzuweisungen und standen zu ihrer Niederlage. „Wir hatten vor dem Tor einfach nicht die Qualität“, gestand die wieder einmal sehr selbstkritische VfL-Stammspielerin Alexandra Popp.
Für den weiteren Saisonverlauf ist damit zu rechnen, dass das Wettschießen zwischen dem FC Bayern München und dem VfL Wolfsburg seine Fortsetzung finden wird. Die Wolfsburgerinnen haben zuletzt mit ihrer neu formierten Mannschaft auswärts mit 8:0 bei der SGS Essen gewonnen.
In der Champions League konnten sie sogar einen 4:0-Heimsieg gegen Paris Saint-Germain folgen lassen. „Ich finde unsere Entwicklung sehr positiv“, erklärte VfL-Trainer Stephan Lerch. Er geht sogar noch einen Schritt weiter, wenn es um internationalen Lorbeer geht. „Wir können auf europäischem Top-Niveau mithalten“, findet der Übungsleiter. Es gehört zu seinen Kernaufgaben, Optimismus zu verbreiten und die Werbetrommel für den deutschen Frauenfußball zu rühren.
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