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Gipfeltreffen in BudapestHoffen auf Geschlossenheit bei Ukraine-Hilfen

Die Europäische Politische Gemeinschaft trifft sich in Budapest. Topthema: der Krieg in der Ukraine. Selenskyj warnt vor „selbstmörderischen“ Optionen.

Der britische Premierminister Starmer mit dem ukrainischen Präsident Selenskyj in Budapest Foto: Denes Erdos/ap

Berlin taz | Selten wurde ein Gipfel europäischer Staats- und Regierungschef mit solch einer Spannung erwartet, denn in dieser Woche überschlugen sich die Ereignisse. Am Mittwoch wachte Europa mit der Aussicht auf, dass im kommenden Jahr der unberechenbare Donald Trump als US-Präsident ins Weiße Haus einziehen wird. Am selben Tag abends ging Europa schlafen mit der Nachricht vom Ende der Ampelregierung in Deutschland – und allen Unwägbarkeiten, die sich daraus ergeben werden.

Am Donnerstag beriet die Europäische Politische Gemeinschaft (EPG) in Budapest. Rund 45 Staats- und Regierungschefs kamen nach Ungarn. Neben den 27 EU-Staaten nahmen auch Großbritannien, die Türkei, Albanien, Georgien und die Ukraine teil. Die EPG war nach der russischen Invasion in der Ukraine 2022 gegründet worden, um Russlands Isolation deutlich zu machen.

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz wollte – bedingt durch die Regierungskrise in der Heimat – erst am Donnerstagabend zum Gipfel anreisen. Wichtigstes Thema in Budapest: Europa unter Trump und eine gemeinsame Sicherheitspolitik. Im Fokus dabei die Ukraine. Das Land steuert auf den dritten Kriegswinter zu und ein Ende der militärischen Auseinandersetzung mit Russland ist nicht in Sicht.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nutzte das Treffen, um erneut Zugeständnisse an Russland für ein Ende des Krieges vehement abzulehnen. Selenskyj sprach von „inakzeptablen“ und „selbstmörderischen“ Optionen für Verhandlungen. Konkret meint er vor allem Gebietsabtretungen.

Neue Drohungen aus Moskau

Selenskyj bezog sich einerseits auf Aussagen des Sekretärs des russischen Sicherheitsrates, Sergej Schoigu. Dieser hatte versucht, die Verbündeten der Ukraine unter Druck zu setzen: Der Westen könne entweder weiterhin die Ukraine „und die Vernichtung der ukrainischen Bevölkerung finanzieren oder die gegenwärtigen Realitäten anerkennen und mit Verhandlungen beginnen“.

Tatsächlich musste die Ukraine in den vergangenen Monaten Verluste vor allem im Osten des Landes hinnehmen. Erst in der Nacht zu Donnerstag attackierte die russische Armee die ukrainische Hauptstadt Kyjiw stundenlang. Die Behörden meldeten ganze „Drohnenschwärme“ und vermuten den Versuch des Militärs, die ukrainischen Luftabwehrsysteme zu überlasten.

Die USA und Deutschland sind die wichtigsten Waffenlieferanten der Ukraine. Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, die Hilfen für Kyjiw zu reduzieren. Und er hatte wiederholt deutlich gemacht, dass er den Beistandspakt gegen Russland aufkündigen werde, wenn vor allem die europäischen Nato-Staaten ihre Verteidigungsausgaben nicht erhöhten.

Europa so gespalten wie selten zuvor

Selenskyjs Appell richtet sich auch an den Gastgeber des Treffens, den ungarischen Regierungschef Viktor Orbán. Sein Land hat noch bis Ende des Jahres den EU-Ratsvorsitz inne. Orbán gilt als Putin-Verbündeter und Trump-Fan. Unvergessen ist sein Ausspruch, im Falle eines Wahlsiegs Trumps „mehrere Champagnerflaschen“ zu spendieren. Der Rechtsnationalist spielt sich als „Frie­dens­ver­mittler“ auf und plädiert wie Trump für eine rasche Verhandlungslösung.

Die Spaltung Europas in der Ukrainefrage wurde selten so deutlich wie in Budapest. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Noch-EU-Ratspräsident Charles Michel blieb nichts anderes übrig, als müde an die Geschlossenheit der Europäer zu appellieren. Frankreichs Präsident Macron brachte es auf den Punkt: Die Sicherheit Europas könne nicht weiterhin den USA überlassen werden.

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2 Kommentare

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  • Und noch ein Verein bei dessen treffen man sich wirkungslos gegenseitig auf die Schultern klopfen kann...

  • "Und er hatte wiederholt deutlich gemacht, dass er den Beistandspakt gegen Russland aufkündigen werde, wenn vor allem die europäischen Nato-Staaten ihre Verteidigungsausgaben nicht erhöhten."



    Vielleicht sollte auch über Bestelllisten und Alternativen in Europa nachgedacht werden, in Kooperation mit Frankreich und Schweden. Die F35 sind ja kein Hochzeitsgeschenk.



    www.deutschlandfun...l-im-plan-100.html