Gewalt in Nigeria: Islamisten verüben Massaker

Im Nordosten des Landes sind mehr als 150 Menschen abgeschlachtet worden. Die Eskalation erfolgt in einer Zeit politischer Spannungen.

Der Gouverneur von Borno besucht den Ort Baga nach dem Massaker. Bild: dpa

BERLIN taz | Über 150 Menschen sind im Nordosten Nigerias bei einer Serie von Angriffen ums Leben gekommen, die der islamistischen Rebellengruppe Boko Haram zugeschrieben werden. Es sind die schwersten Angriffe der Islamisten in Nigeria in diesem Jahr.

Wie nigerianische Medien unter Berufung auf Überlebende berichten, überfielen Bewaffnete in Militäruniformen am späten Samstagabend die aus mehreren Kleinsiedlungen bestehende Gemeinde Izge im nordostnigerianischen Bundesstaat Borno. Sie fuhren auf offenen Lastwagen durch den Ort und riefen „Allahu Akbar“, während sie das Feuer eröffneten.

Sie gingen von Tür zu Tür, trieben die Männer auf dem zentralen Gemeindeplatz zusammen, fesselten sie und schnitten ihnen dann die Kehlen durch, hieß es. Dann plünderten sie alle Läden des Ortes und ergriffen die Flucht.

Rund 90 Menschen sollen getötet worden sein. Ein ähnlicher Angriff mit zehn Toten habe sich im Dorf Baga ereignet. Die Orte seien mehrheitlich von Christen bewohnt. Sie liegen zwischen Bornos Provinzhauptstadt Maiduguri und den Bergen an der Grenze zu Kamerun.

Bundesstaaten im Ausnahmezustand, Kämpfer ziehen sich zurück

Bei weiteren Angriffen im Bundesstaat Adamawa wurden insgesamt rund 65 Menschen getötet, berichteten Zeitungen. Alle Angriffe fanden im nigerianischen Grenzgebiet zu Kamerun statt. Borno, Adamawa und andere Bundesstaaten stehen seit Mai 2013 unter Ausnahmezustand, damit das Militär freie Hand im Kampf gegen Boko Haram hat.

Die von Luftangriffen begleiteten Armeeoffensiven gegen die Islamisten haben aber offenbar vor allem dazu geführt, dass die Boko-Haram-Kämpfer sich in Wälder in den Bergen an der Grenze zurückziehen. Es wird behauptet, dort würden sie aus der Luft per Hubschrauber versorgt – von wem, ist nicht bekannt. Bereits letzte Woche gab es Kämpfe zwischen Islamisten und Soldaten nahe Izge, bei denen Boko Haram die Oberhand behielt. Außerdem starben am 11. Februar 39 Menschen in der nahen Stadt Konduga, als die Islamisten über eintausend Häuser anzündeten.

Boko Haram greift gezielt entlegene Ortschaften an

Die islamistischen Angreifer verüben derzeit weniger spektakuläre Anschläge auf Kirchen als etwa vor einem Jahr. Sie greifen gezielt entlegene und ungesicherte Ortschaften an, um das Militär zu zwingen, sich immer wieder neu zu positionieren und in schlecht zu überblickende Gegenden auszurücken. Dann ist es für sie leicht, Armeekonvois oder verlassene Militärbasen zu überfallen und Ausrüstung zu erbeuten. Fast wöchentlich werden Überfälle der Islamisten mit über 50 Toten gemeldet.

Die neue Eskalation erfolgt in einer Zeit zunehmender politischer Spannungen in Nigeria in Vorbereitung der Wahlen 2015. Die Regierungspartei PDP (People’s Democratic Party) von Präsident Goodluck Jonathan hat sich gespalten, sein Ansinnen einer erneuten Kandidatur ist heftig umstritten. Es gilt als durchaus möglich, dass manche Rivalen des Präsidenten deshalb heimlich Boko Haram unterstützen, um den Eindruck zu erwecken, der Präsident habe Nigeria nicht mehr im Griff.

Dass bei direkten Konfrontationen zwischen Armee und Boko Haram meist die Armee besiegt wird, verstärkt diesen Eindruck. Mitte Januar wechselte Präsident Jonathan die Armeespitze aus. Seitdem hat sich die Lage eher verschlechtert.

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