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Gewalt in IsraelIm Waffenladen boomt das Geschäft

In Zeiten täglicher Terrorattacken hat Israel die Bedingungen für Waffenlizenzen erleichtert. Die Zahl der Anträge hat sich verfünfzigfacht.

Im Waffenladen in Tel Aviv klingelt das Telefon im Minutentakt. Das Interesse an Schießkursen und Waffen ist groß. Foto: reuters

Tel Aviv taz | Aviel Guri setzt zum Schuss an. Die Hände sind angespannt nach vorne ausgestreckt, die Schutzbrille auf der Nase soll vor umherfliegenden Patronenhülsen schützen, die Ohrenschützer vor dem Knall. 50 Schuss hat der 24-Jährige an diesem Vormittag im Schießstand des Waffengeschäfts „L.H.B.“ in Tel Aviv. Und wenn sie nicht alle völlig daneben gehen, dann wird er später seinen Waffenschein erhalten. Aviel trifft nicht exakt ins Schwarze, aber ist nah genug dran.

„Ich will eine Waffe bei mir tragen, um meine Familie zu beschützen“, sagt er. Er wohnt in einer Siedlung im Westjordanland, knapp 40 Kilometer von Tel Aviv. „Zweimal täglich fahre ich an arabischen Dörfern vorbei. Ich habe Angst, gerade jetzt, nach allem, was passiert ist.“ Aviel Guri will sich selbst verteidigen können, wie derzeit so viele Israelis.

Angst und Unsicherheit sind groß in einer Zeit, in der es nahezu täglich zu Messerattacken kommt. So ist in den vergangenen Wochen die Zahl der Anträge für einen Waffenschein um ein 50-Faches gestiegen, wie die Tageszeitung Ha’aretz schreibt.

„Wir haben Tausende Anfragen und haben deshalb zusätzlich Personal eingestellt und eine Hotline eingerichtet, um alle Fragen zu beantworten“, sagt eine Sprecherin des Ministeriums für innere Sicherheit, das die Lizenzen vergibt. Angeheizt wird der Drang zur Waffe von öffentlicher Seite. So forderten jüngst Jerusalems Bürgermeister, Nir Barkat, und der Polizeichef von Aschdod, Noam Schekel, Zivilisten dazu auf, Waffen zu tragen.

Nur 7,3 Prozent haben Waffe – in den USA zehnmal so viel

Selbst in einem militarisierten Land, in dem Männer drei, Frauen zwei Jahre in der Armee dienen müssen, besitzen laut einer Studie des Forschungszentrums „Small Arms Survey“ nur 7,3 von 100 Israelis eine Waffe. In den USA sind es 88 von 100 Amerikanern.

Man muss schon beweisen können, dass man die Waffe braucht

Shaul Derby, Waffenhändler

Und auch mit den erleichterten Bedingungen sei es weiterhin schwer und dauere Monate, um einen Waffenschein zu erhalten, erklärt Shaul Derby, Geschäftsführer des Waffenladens „L.H.B.“ „Man muss schon beweisen können, dass man die Waffe zur Sicherheit braucht. Ein Zivilist, der mitten in Tel Aviv lebt und hier arbeitet, hat so gut wie keine Chance.“

Geleisteter Militärdienst sei Pflicht. Wer im Sicherheitsservice arbeitet, habe es leichter. Zunächst müsse in einer der sechs Lizenzvergabestellen des Ministeriums ein Antrag gestellt werden. Dort werde überprüft, ob ein Anwärter geistig gesund ist, die Waffe wirklich braucht und nicht schon mal kriminell aufgefallen ist.

Die Warteliste für Pfeffersprach hat sechs A4-Seiten

Dennoch boomt im Waffenladen L.H.B. in diesen Tagen das Geschäft. „Wir haben rund 30 Prozent mehr Kundschaft als sonst, unsere vier Telefonleitungen klingeln im Minutentakt und Hunderte wollen täglich im Schießstand trainieren“, sagt Shaul Derby. Hinter der Theke hängt ein Zettel: Die kleinen Pfefferspray-Flaschen sind ausverkauft. Die Warteliste füllt schon sechs Din-A4-Seiten.

Gleich daneben begutachtet der Kunde Amir Golan seine neue Begleiterin: klein, schwarz, handlich. „Eine Shield der Marke Smith & Wesson“, erklärt der 43-Jährige. Er leitet eine Sicherheitsfirma, seit 20 Jahren hat er einen Waffenschein. „Meine alte Waffe war groß, ich hatte sie so gut wie nie dabei. In Zeiten wie diesen aber möchte ich sie bei mir tragen. Deshalb habe mich nun für das kleine Modell hier entschieden.“

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9 Kommentare

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  • "Die Warteliste für Pfeffersprach hat sechs A4-Seiten"... auf so ein Gespräch wartet jemand?

  • Die Ausdehnung der anklagelosen Schutzhaft, wurde nicht auf jüdische Siedler im besetzten Gebiet ausgeweitet, da gilt nach wie vor unterschiedliches Recht für Juden und Nicht-Juden, sondern auf alle Israelis im Kernland. Doch richtet das sich nicht gegen die „Volkszugehörigen“ sondern ausschließlich gegen diejenigen, die lediglich „Staatsangehörige“ sind, also jetzt auch gegen die Palästinenser mit israelischem Pass. Das sind diejenigen, die selbstverständlich keine Waffe tragen dürfen, sonst könnte ja jede „Selbstverteidigung“ zu angemessenen Reaktionen der Gejagten führen.

     

    Merke: Israel erlässt keine Bestimmungen, die die Apartheit abgebaut.

  • statt sich ne knarre zu besorgen könnte der junge mann doch umziehen... nach Petach Tikwa.. liegt auch und ohne arabische dörfer am wegesrand näher an Tel Aviv

    sachichmaso.

  • "Aviel Guri will sich selbst verteidigen können, wie derzeit so viele Israelis."

     

    Und wie wäre es, wenn die deutsche Presse mal schreibt, dass die Palästinenser auch "sich selbst verteidigen" wollen???

     

    Oder darüber berichten, dass ein guter Teil der neulichen Attentäter jüdische Israelis waren, die in ihren Hass auch irrtümlicherweise anderen jüdischen Israelis angegriffen haben? Oder einen Asylant aus Eritrea umbrachten?

     

    Dass wenn es um einen jüdischen Israeli Attentäter handelte, die Palästinenser angreiffen, fast nie wird von Sicherheitspersonel/IDF geschossen. Dass es manchmal nicht Mal zu einer Verhaftung kam, wie im diesem Sommer als illegale jüdische Siedler, eine ganze Famile abfackelte? http://www.bbc.com/news/world-europe-34171159 http://www.theguardian.com/world/2015/oct/15/stabbed-israeli-mistaken-arab-lashes-out-escalating-violence

    • @Ninetto:

      Der Brandanschlag hatte in Israels gesamtem politischen Spektrum Entsetzen ausgelöst. Als Folge wurde die Verwaltungshaft ohne Anklage auch für jüdische Terroristen eingeführt und in mehreren Fällen umgesetzt. Im Falle der Familie Dawabscha waren die Ermittler offenbar ohne heiße Spur. Es gab keine Beweise für direkte Verbindungen zwischen jüdischen Extremisten und dem Angriff in Duma. Wen sollten sie also verhaften? Sollten alle Siedler in Sippenhaft genommen werden?

      • @Nicky Arnstein:

        " Sollten alle Siedler in Sippenhaft genommen werden?" fragen Sie empört.

         

        Nun genau dies tut die Israeli Regierung/IDF mit Palästinenser: die Häuser-Zerstörungen und mit der kollektiven Bestrafung Gazas.

      • @Nicky Arnstein:

        kukstu ha'aretz, liestu

         

        "Israel’s defense establishment knows who is responsible for the arson attack that killed three members of a Palestinian family two months ago, but has chosen to prevent legal recourse in order to protect the identity of their sources, Defense Minister Moshe Ya’alon told a closed meeting of some 20 young Likud activists in Tel Aviv on Wednesday."

        read more: http://www.haaretz.com/israel-news/.premium-1.675422

         

        im übrigen: administrativhaft erinnert mich immer an "schutzhaft" - und wozu die diente, wissen wir doch - oder?

      • @Nicky Arnstein:

        " Im Falle der Familie Dawabscha waren die Ermittler offenbar ohne heiße Spur."

         

        Das glauben Sie wirklich? In einem Gegend um eine solche illegale Siedlungen, die eine Hochsicherheitstrakt gleicht?