Gewalt in Burkina Faso: Einer der brutalsten Angriffe
Bei einer Attacke von Dschihadisten sind im Norden Burkina Fasos über 50 Soldaten und Milizionäre ums Leben gekommen.
Der „Angriff“, so die Erklärung der Streitkräfte, habe sich im Verwaltungsbezirk Koumbri in der Provinz Yatenga zugetragen, direkt an der Grenze zum Nachbarland Mali. Die Soldaten und deren Hilfskräfte seien dort stationiert, um die Rückkehr von Vertriebenen zu unterstützen, die vor rund zwei Jahren aus der Gegend geflohen waren, als die Dschihadisten die Region eroberten.
Nach wie vor finden dort außerhalb der Städte Militäroperationen statt, bestätigt die Armee. „Im Zuge des Feindkontakts kam es zu heftigen Gefechten“, heißt es in der offiziellen Erklärung. Unmittelbar nach dem tödlichen Angriff auf die Streitkräfte habe die Luftwaffe auch zahlreiche der Angreifer „neutralisiert und ihre Kampfausrüstung zerstört“.
„Dieser Akt extremer Feigheit wird nicht ungestraft bleiben“, heißt es in der Erklärung der Armee. Es würden nun alle Anstrengungen unternommen, um die „verbleibenden terroristischen Elemente auf der Flucht außer Gefecht zu setzen“.
Traoré will Terroristen aus dem Land vertreiben
Dies ist eine der größten Attacken auf Armeeangehörige seit dem letzten Staatsstreich vergangenen September, in welchem Ibrahim Traoré als Übergangspräsident eingesetzt wurde. Der 34-jährige Hauptmann ist derzeit der jüngste Staatsvorsitzende der Welt. Er hatte bei seinem Amtsantritt dem Volk versichert, er werde die Terroristen aus dem Land vertreiben und wieder Sicherheit herstellen.
Empfohlener externer Inhalt
Als erfahrender Offizier war Traoré lange selbst im Antiterrorkampf gegen die Islamisten im Norden des Landes aktiv. Zeitweilen diente er sogar in der UN-Friedensmission Minusma in Mali und kämpfte dort gegen Terrorgruppen. Traoré war vergangenes Jahr einer der führenden Offiziere der Armee, die im September 2022 den damaligen Staatschef und Junta-Führer Paul-Henri Sandaogo Damiba aus dem Amt vertrieben, nachdem sie ihm vorgeworfen hatten, nicht hart und gezielt genug gegen die islamistischen Rebellen vorzugehen.
Damibia hatte erst wenige Monate zuvor durch einen Putsch die Macht übernommen. Doch unter ihm waren teilweise die Spezialeinheiten der Armee nicht bezahlt worden, was ihre Kampfmoral schwächte. Angeblich auch die berüchtigte „Cobra“-Einheit, zu der Traoré gehörte. Dies war offenbar der Grund dafür, dass Traoré die Macht dann an sich riss.
Als kampferfahrener Frontkämpfer traf er als Staatsoberhaupt im Einsatz gegen Terrorismus grundlegende Entscheidungen. Er warf die Soldaten der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich aus dem Land, die im Antiterrorkampf in Burkina Faso stationiert waren, und holte stattdessen laut verschiedenen Quellen angeblich die russischen Söldner von Wagner ins Land. Traoré verneint dies jedoch. In einer Erklärung sagte er damals: „Unsere Wagner-Söldner sind die VDPs“, also die Freiwilligen Helfer der Armee.
VDP-Einheiten sind häufig das Ziel von Angriffen
Bei diesen VDPs handelt es sich um zivile Selbstverteidigungstruppen. Sie wurden im Jahr 2020 durch ein Gesetz aufgestellt, um die Armee im Norden des Landes zu unterstützen, wo verschiedene Terrororganisationen wie der Islamische Staat (IS) und al-Qaida immer mehr Einfluss gewannen. Mittlerweile dienen über 90.000 Männer in diesen VDPs, sie erhalten eine zweimonatige Grundausbildung. Doch immer wieder werden diese VDP-Einheiten und ihre Militärbasen zum Angriffsziel der Terroristen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren zudem den Umgang der VDPs mit der lokalen Bevölkerung, beschuldigen sie, Menschenrechtsverbrechen zu begehen.
Der Angriff am Montag ist nun eine der brutalsten Attacken auf Burkina Fasos Streitkräfte. Dabei hatte Traoré bei seinem Machtantritt im September angekündigt, er werde die Islamisten zurückdrängen, die mittlerweile im Norden des Landes fast ein Drittel des Territoriums der Republik unter Kontrolle haben.
Vergangene Woche empfing Traoré eine hochrangige Delegation aus Moskau. Russlands stellvertretender Verteidigungsminister Junus-bek Jewkurow hat Traoré seine militärische Hilfe zugesichert.
Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas, die die Mitgliedschaft Burkina Fasos nach den Staatsstreichen im Jahr 2022 ausgesetzt hatte, verurteilte den Angriff und sprach den Angehörigen der Verstorbenen ihr Beileid sowie die Solidarität mit dem Volk aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen