Burkina Faso unter Militärherrschaft: Einberufung als Schikane
In Burkina Faso zieht die Militärregierung unliebsame Kritiker zum Armeedienst an die Front ein. Auch den 64-jährigen Journalisten Issaka Lingani.
Der 64-jährige Journalist mit weißem Spitzbart sollte sich am Dienstag zum Training in der Militärbasis Kaya melden und danach ins Kriegsgebiet verlegt werden, gab die Journalistenvereinigung Reporter ohne Grenzen (RSF) den Einberufungsbefehl wieder und sprach von einer „fürchterlichen Methode, Journalisten zum Schweigen zu bringen“.
Burkina Faso ist Bürgerkriegsland. Rund 40 Prozent des Staatsgebiets sind unter Kontrolle islamistischer Terrorgruppen, der Krieg mit ihnen hat seit 2015 17.000 Tote gefordert und zwei Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Um den Terror besser zu bekämpfen, stürzte Anfang 2022 das Militär die gewählte Regierung; nach acht Monaten gab es einen zweiten Putsch.
Im April 2023 beschloss die Militärregierung ein Dekret zur Generalmobilmachung, das es unter anderem ermöglicht, alle tauglichen Männer über 18 Jahre offiziell zum Militärdienst einzuziehen.
Proteste wurden verboten, dann folgten die Einberufungen
Davon wurde zunächst kein Gebrauch gemacht – bis jetzt, im Zusammenhang mit dem 31. Oktober, an dem Burkina Faso den Sturz von Langzeitherrscher Blaise Compaoré bei einem Volksaufstand 2014 feiert.
Für diesen 31. Oktober planten Gewerkschaften und Bürgerbewegungen Proteste gegen Einschränkungen der Bürgerrechte. Sie wurden verboten, und nun folge die „massive und gezielte Einberufung“ von Angehörigen der Protestgruppen „sowie von Journalisten, Meinungsführern und Politikern, die den aktuellen Umgang mit den Angelegenheiten des Landes kritisieren“, erklärte der Menschenrechtsverband MBDHP (Burkinische Bewegung zur Verteidigung der Menschen- und Völkerrechte). Die Bürgerrechtsgruppe „Balai Citoyen“ (Bürgerbesen), die den Volksaufstand von 2014 angeführt hatte, warnte, die Regierung sei verantwortlich für das Schicksal der Eingezogenen.
Militärherrscher Traoré versteht die Empörung nicht. „Die Freiheit des Einzelnen steht nicht über der der Nation“, erklärte er am Montag und nannte die Einberufungen eine „Ehre“. Manche Kommentatoren finden: Wer die Armee kritisiert, soll selber an die Front.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben