Putsch in Burkina Faso: Ibrahim Traoré hat die Macht

Burkina Faso erlebt den zweiten Putsch in diesem Jahr. Nicht nur die Sorge um die schlechte Sicherheitslage, sondern vor allem Machtkämpfe innerhalb der Armee dürften Auslöser gewesen sein.

Soldaten verlesen ein Statement

Putschisten in Burkina Faso verkünden die Machtübernahme Foto: RTB/ap

Es hat sich den ganzen Freitag hingezogen, bis das Militär in der Nacht zu Samstag schließlich vor die Kamera trat: Paul-Henri Damiba ist in Burkina Faso abgesetzt. Neuer Präsident der Patriotischen Bewegung zur Rettung und Wiederherstellung (MPSR), die seit Ende Januar an der Macht ist, wird Ibrahim Traoré. Bei der Ansprache im staatlichen Fernsehen RTB wurde zudem angekündigt, dass die Verfassung außer Kraft tritt, Flughafen und Landgrenzen geschlossen bleiben und zwischen 21 und fünf Uhr eine Ausgangssperre gilt.

Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS verurteilte den Staatsstreich umgehend. Die Junta begründet ihn mit der schweren Sicherheitskrise. Als Militärs um Damiba im Januar gegen den damaligen Präsidenten Roch Marc Christian Kaboré geputscht hatten, kündigten sie an, Korruption und Terrorbewegungen zu bekämpfen. Doch alleine im September hatte es zwei schwere Anschläge mit Dutzenden Toten gegeben. Damiba habe seine Ziele nicht erreicht.

Adama Sawadogo, der aus Djibo im Norden stammt und seit Jahren aufgrund der schlechten Sicherheitslage am Rande der Hauptstadt Ouagadougou lebt, sagt der taz: „Das war eine Überraschung. Wir können nur hoffen, dass sich die Situation verbessert. So viele Menschen wurden vertrieben. Das besorgt uns alle. Egal, wer nun kommt, er muss Frieden bringen.“ Terrorgruppen haben sich seit Ende 2015 vor allem aus Mali in Burkina Faso ausgebreitet. Mehr als 1,9 Millionen Menschen sind auf der Flucht.

Richten soll das nun Ibrahim Traoré, über den bisher nicht viel bekannt ist. Mehrfach wird er als „zurückhaltend“ beschrieben. Nach seinem Abitur studierte der heute 34-Jährige an der Joseph-Ki-Zerbo-Universität in Ouagadougou, gehörte der Vereinigung der muslimischen Studierenden an und trat 2010 in die Armee ein. 2020 wurde er zum Hauptmann befördert. Bisher war er Leiter der Spezialeinheit Cobra in der Region Kaya, die nördlich von Ouagadougou liegt.

Genau das deutet darauf hin, dass es bei dem Coup wieder einmal vor allem um Machtkämpfe innerhalb der Armee geht. Cobra war 2019 unter Ex-Präsident Kaboré zur Anti-Terrorbekämpfung entstanden. Nach Informationen des Magazins JeuneAfrique, das sich auf Militärkreise beruft, sollen die Cobra-Mitglieder auf nicht gezahlte Prämien in Höhe von umgerechnet rund 9000 Euro pro Sol­da­t*in warten. Wütend sei man auch deshalb, weil der frühere Chef, Emmanuel Zoungrana, seit Anfang Januar in Haft ist. Er wurde unter dem Verdacht, einen Staatsstreich gegen Kaboré anzuzetteln, festgenommen. Zwei Wochen später wurde dieser tatsächlich ausgeführt, allerdings von Damiba und dessen Unterstützer*innen. Der Prozess gegen Zoungrana wurde vergangene Woche auf Ende Oktober verschoben.

Sein Name fiel auch bei Protesten am Freitagnachmittag in Ouagadougou, bei denen hunderte Menschen seine Freilassung forderten. Es ist gut möglich, dass diese eine gezielte Aktion der Put­schis­t*in­nen waren. In sozialen Medien sind außerdem Fotos und Videos zu sehen, die russische Flaggen zeigen. Es heißt, dass die De­mons­tran­t*in­nen eine engere Kooperation mit Russland forderten. Frankreich solle sich indes aus der Region zurückziehen. Proteste gegen die einstige Kolonialmacht hatten im vergangenen Jahr außer in Mali auch in Burkina Faso zugenommen. Mehrfach wurden Konvois der französischen Armee blockiert.

Der abgesetzte Damiba galt jedoch stets als jemand, der zuhört und sich nicht kategorisch von Europa und vor allem Frankreich abgrenzte. Schon früh wurde er als Gegenentwurf von Assimi Goïta bezeichnet, der seit dem Putsch im Putsch im Mai 2021 an Malis Staatsspitze steht. Spätestens als im September 2021 Verträge mit der russischen Wagner-Gruppe bekannt wurden, war klar: Gespräche mit ihm sind schwierig bis unmöglich. Wie sich Traoré künftig positioniert, ist noch nicht klar. „Wir warten auf Informationen“, sagt auch Adama Sawadogo.

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