Gewalt im Südsudan: Massenflucht aus dem Krieg
Tausende Menschen verlassen den Südsudan. Sie versuchen, über die Grenze ins Nachbarland Uganda zu kommen.
Mehr als 15.000 sind damit seit dem jüngsten Ausbruch der Gewalt in der südsudanesischen Hauptstadt Juba vor zwei Wochen nach Uganda gekommen. Die meisten zelten entlang der Grenze im kargen und heißen Norden Ugandas. Sie werden von UN-Hilfswerken versorgt.
Doch nicht alle haben es über den Schlagbaum geschafft. Die Regierung des Südsudan hat jetzt offiziell die Grenze geschlossen, um den Exodus zu stoppen. Tausende Flüchtlinge harren jetzt unter freiem Himmel am Grenzposten Nimule aus. Es ist eine elende Situation. Mitten im Niemandsland gibt es keine Wasserquellen, keine Unterkünfte.
Ein südsudanesischer Grenzbeamter erklärte in einem Radiointerview, er habe keine Anweisungen aus Juba, die Menschen ziehen zu lassen. Aber er erkannte: „Nimule ist komplett überfüllt – einige schlafen auf dem Parkplatz oder unter freiem Himmel“.
Die neuen Kämpfe in der Hauptstadt waren just in der Nacht zum Unabhängigkeitstag am 9.Juli ausgebrochen. Die Truppen der beiden Streithähne, Präsident Salva Kiir und Vizepräsident Riek Machar, beschossen sich gegenseitig. Über 300 Menschen starben laut UN-Angaben, über 35.000 Menschen suchten in UN-Lagern in und rund um Juba Schutz.
38.000 Zivilisten aus Juba gerettet
Kiir gilt als Ziehsohn von Ugandas Präsident Yoweri Museveni, seit mittlerweile 30 Jahren an der Macht. So kamen dessen Spezialeinheiten dem südsudanesischen Präsidenten direkt zur Hilfe. Rund 30 ugandische Armeelastwagen, eskortiert von gepanzerten Fahrzeugen mit gewaltigen Maschinengewehren, überquerten gleich am Morgen nach Ausbruch der Kämpfe den Grenzpfosten Nimule und rückten die 200 Kilometer nach Juba vor.
Offiziell war es eine Rettungsmission zur Evakuierung gefährdeter Zivilisten. Ugandas Armeesprecher Paddy Ankunda berichtete, Ugandas Soldaten hätten 38.000 Zivilisten aus Juba gerettet, die meisten Ugander, „aber auch hunderte Kenianer und Ruander“.
Aber die ugandische Truppenentsendung könnte noch einen anderen Hintergrund haben. Ugandische Truppen griffen bereits im Dezember 2013, als der bewaffnete Konflikt zwischen Kiir und Machar erstmals offen ausgebrochen war, auf Bitten Kiirs im Südsudan ein. Erst kurz vor den Wahlen in Uganda im Februar dieses Jahres holte Museveni sie nach Hause.
Proteste gegen Stationierung ausländischer Truppen
Vergangenes Wochenende beschloss die Afrikanische Union (AU), die seit Kriegsausbruch im Südsudan vermittelt, auf ihrem Gipfel in Ruanda, afrikanische Friedenstruppen nach Juba zu schicken und die 12.000 im Südsudan stationierten UN-Blauhelme unterstützen. Die AU will Soldaten aus Ruanda, Äthiopien, Kenia und eben Uganda mit einem robusten Mandat entsenden. Doch Präsident Kiir blockt ab. Am Donnerstag demonstrierten Kiir-Anhänger in Juba gegen die Stationierung ausländischer Truppen.
Der südsudanesische Präsident würde sich lieber ganz auf die Truppen Musevenis verlassen. Der ugandische Präsident sprach sich auch gegen einen UN-Vorschlag aus, gegen den Südsudan ein Waffenembargo zu verhängen. „Wenn man ein Embargo aufsetzt, dann zerstört man die lokalen Streitkräfte, welche man benötigt, um eine starke integrierte Armee aufzubauen“, heißt es in einer Erklärung Musevenis.
Ob er seine eigenen Spezialeinheiten nach Juba zurückschickt, um Kiirs Armee zu stärken – darüber schweigt Ugandas Präsident. Klar ist: Ugandas Armee liefert ihren befreundeten Einheiten unter Kiirs Befehl nicht nur Waffen und Munition, sondern auch Lebensmittel und Uniformen.
Für Uganda ist der Südsudan nicht nur militärisch, sondern auch ökonomisch von strategischer Bedeutung. Es ist der Hauptexportmarkt ugandischer Lebensmittel: Jedes Ei, jede Tomate, die in Juba konsumiert wird, stammt aus dem fruchtbaren Nachbarland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!