Gewalt gegen Rohingya in Birma: „Mitschuld am Genozid“

Im Ausland und unter Menschenrechtsorganisationen wächst die Kritik an Aung San Suu Kyi. Nur in Birma selbst nicht.

Indonesische Aktivisten skandieren mit erhobenen Fäusten

Indonesische Aktivisten vor Birmas Botschaft in Jakarta fordern ein Ende der Gewalt Foto: ap

BANGKOK taz | „Aung San Suu Kyi trägt eine Mitschuld am Genozid der Rohingya“, sagt Adilur Rahman Khan. Er ist Direktor der Menschenrechtsorganisation Odhikar in Bangladesch. Die Organisation glaubt, dass die Regierung Birmas, das offiziell Myanmar heißt, versucht, die muslimische Minderheit zu „beseitigen“. Odhikar zählte schon immer zu den radikaleren unter den Fürsprechern der staatenlosen Rohingya. Die Kritiker der Aktivisten werden dieser Tage immer stiller.

Seit Ende August sind fast 90.000 muslimische Rohingya vor einer Sicherheitsoperation des birmesischen Militärs über die Grenze nach Bang­ladesch geflohen. Das Militär selbst gibt die Opferzahl bislang mit 400 an.

Die Soldaten machen Jagd auf Mitglieder einer Gruppe Aufständischer, die sich die „Befreiung der Rohingya aus der unmenschlichen Unterdrückung Birmas“ zum Ziel gesetzt haben. Menschenrechtler bezweifeln die Versicherungen des Militärs, maßvoll vorzugehen. Birmas Generäle stellten bis vor Kurzem eines der brutalsten Militärregime der Welt.

Vor fast zwei Wochen griff die Arakan Rohingya Salvation Army (ARSA) fast zeitgleich über 20 Polizeiposten an. Es war ihre Antwort auf jahrzehntelange Unterdrückung der Rohingya nicht nur durch die Behörden, sondern auch innerhalb der birmesischen Gesellschaft.

In Birma glaubt man, die Rohingya seien illegal aus Bangladesch eingewandert. Dass die ungeliebten „Bengali“ nun zu den Waffen gegriffen haben, hat auch so manchen moderaten Birmesen dazu gebracht, dem Militär (vom Volk einst so sehr gehasst, dass Scharen von Studenten 1988 im Kampf um Freiheit ihre Jugend und Gesundheit riskierten) Rückendeckung zu geben.

Suu Kyi schweigt

Genauso genießt Aung San Suu Kyi, die inzwischen zur favorisierten Zielscheibe für internationale Kritik an dem Debakel geworden ist, innerhalb Birmas alle Zustimmung, die sie braucht. Kritik gibt es so gut wie gar nicht.

Ob es Aung San Suu Kyi stört, dass Aktivisten fordern, ihr den Friedensnobelpreis abzuerkennen, dass sie als Schande bezeichnet wird und Menschenrechtler kaum mehr Luft bekommen, wenn sie anfangen über sie zu schimpfen, weiß niemand. Suu Kyi, die Birma seit über einem Jahr als Staatsrätin lenkt, schweigt.

Ihre Kommunikationsabteilung hingegen scheint sich daran zu ergötzen, alle „Bengalis“ als „extremistische Terroristen“ zu brandmarken. Fast stündlich werden neue Informationen veröffentlicht, die den Eindruck erwecken, Birma sei von Terrororganisationen wie IS oder al-Qaida angegriffen worden.

Damit deckt Aung San Suu Kyi Menschenrechtsverletzungen des Militärs, wie sie die UNO, Human Rights Watch und andere Gruppen nach der letzten Sicherheitsoperation des Militärs gegen die Rohingya im Oktober dokumentiert haben. „Suu Kyis Regierung hört nicht auf, die Aktionen des Militärs gegen die Rohingya zu verteidigen. Massenvergewaltigungen und andere Menschenrechtsverletzungen werden einfach geleugnet, obwohl es Berge von Beweisen gibt“, sagt Matthew Smith, von der Menschenrechtsgruppe Fortify Rights in Bangkok.

Einen in Birma gibt es dann doch, der sich öffentlich gegen Aung San Suu Kyi aussprach. Der als Birmas größter Aufwiegler bekannte ultranationalistische Mönch Ashin Wirathu. Bei einer Protestkundgebung in Rangun sagte er vor Hunderten von Zuhörern letzte Woche: „Nur der Oberbefehlshabende des Militärs kann die Buddhisten in ­Rakhine beschützen und die Bengalis zähmen.“

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