Gewalt gegen Palästinenser: „Du kriegst eine Kugel in den Kopf“

Ein Video aus Hebron hat eine breite Debatte über die israelische Besatzung ausgelöst. Es zeigt einen Soldaten, der sein Gewehr auf palästinensische Jugendliche richtet.

Furcht verbreiten – das sei die Aufgabe der israelischen Besatzungssoldaten, sagen Menschenrechtler. Bild: dpa

JERUSALEM afp | Ein Video über einen israelischen Soldaten in Hebron hat eine breite Debatte über das Auftreten der Besatzungsarmee in den Palästinensergebieten ausgelöst. Der im Internetportal Youtube veröffentlichte Amateurfilm zeigt einen Soldaten, der bei Protesten in Hebron sein entsichertes Gewehr auf palästinensische Jugendliche anlegt, die ihn beschimpfen, und danach dem Fotografen androht, ihn zu erschießen. Wirtschaftsminister Naftali Bennett von der rechtsradikalen Siedlerpartei „Jüdisches Heim“ erklärte am Donnerstag, der Soldat habe richtig gehandelt.

Hebron, die größte palästinensische Stadt im Westjordanland, ist ein Brennpunkt des Nahostkonflikts, weil dort nationalreligiöse Israelis im historischen Stadtkern mehrere Kleinsiedlungen haben. Fast täglich kommt es zu Zusammenstößen zwischen den Volksgruppen. Die israelische Armee unterhält zahlreiche Kontrollpunkte und patrouilliert in den Straßen. Israelische Bürgerrechtler und internationale Menschenrechtsgruppen verteilten Kleinkameras an Aktivisten, um die tägliche Gewalt zu dokumentieren.

Zu einem viel diskutierten Ereignis wurde das Video, als ein Internetportal meldete, der fragliche Soldat sei wegen des Vorfalls am Sonntag von der Eliteeinheit Nachal suspendiert worden und sitze in Arrest. Sofort publizierten tausende Soldaten Solidaritätserklärungen mit dem Betroffenen. Eine zu seiner Unterstützung eingerichtete Facebookseite fand binnen 24 Stunden 80.000 Unterstützer, berichtete am Donnerstag der staatliche israelische Rundfunk.

Bennett, Führer des rechten Regierungslagers, erklärte auf seiner Facebookseite, er hätte sich in der Situation genauso verhalten wie der fragliche Soldat. Es sei gerade die Anwesenheit von Fotografen, die solche Ereignisse durch Provokationen auslösten. Der Minister äußerte sich aber nicht zu Presseberichten, wonach der Soldat dem Filmenden sagte: „Mach die Kamera aus oder Du bekommst eine Kugel in den Kopf, Du Hurensohn.“

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Die israelischen Streitkräfte erklärten inzwischen, die gegen den Soldaten verfügten Disziplinarmaßnahmen seien bereits Stunden vor dem Zwischenfall verfügt worden. Grund seien tätliche Angriffe auf zwei vorgesetzte Offiziere. Sein Verhalten in Hebron werde später untersucht; es sei „regelwidrig und nicht das, was wir von einem Soldaten erwarten“, zitiert die Tageszeitung Haaretz am Donnerstag einen Armeesprecher.

Die von Armeeveteranen gegründete Friedensgruppe „Brecht das Schweigen“ erklärte, es gehe hier nicht um das Fehlverhalten eines Einzelnen. Dafür seien auch die zehntausende Solidaritätsbekundungen von anderen Soldaten ein Beleg. Der Vorfall sei vielmehr die unabänderliche Folge einer Konfliktlage, in der „Soldaten in die besetzten Gebiete geschickt werden, um Millionen palästinensische Zivilisten zu kontrollieren“. Sie hätten dazu nur eine Möglichkeit: „Indem sie sicherstellen, dass sie in Furcht leben.“

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