Gewalt gegen Frauen in Indien: Mit eiserner Hand
Indien wartet darauf, dass den Peinigern des ermordeten Vergewaltigungsopfers der Prozess gemacht wird. Die Regierung kündigt an, gegen Vergewaltiger durchzugreifen.
NEU DELHI dpa | Nach der Mordanklage gegen die mutmaßlichen Peiniger des indischen Vergewaltigungsopfers will Indiens Regierung Gewalt gegen Frauen „mit eiserner Hand“ bekämpfen. „Es ist schlicht inakzeptabel, dass Frauen in unserer Gesellschaft in Angst und Sorge leben müssen“, sagte Innenminister Sushil Kumar Shinde am Freitag in Neu Delhi vor Polizeichefs aus dem ganzen Land.
Vorfälle wie die Vergewaltigung der 23-jährigen Studentin, die am vergangenen Samstag an ihren Verletzungen starb, seien „für unsere Demokratie nicht hinnehmbar. Das muss mit einer eisernen Hand eingeschränkt werden.“
Shinde kündigte an, in jeder der oft nur von Männern besetzten Polizeiwachen in Neu Delhi würden künftig auch zwölf Beamtinnen Dienst verrichten. Für die Wachen und andere Dienststellen in der Hauptstadt sollten mehr als 2.500 Polizistinnen rekrutiert werden.
Am Donnerstag war in Neu Delhi gegen fünf Beschuldigte Anklage unter anderem wegen Mordes, Vergewaltigung und Entführung erhoben worden. Ihnen droht die Todesstrafe.
Das Alter ist noch unklar
Beim sechsten Beschuldigten wurde noch untersucht, ob er wie von ihm selber angegeben erst 17 Jahre alt ist. Dann müsste er vor ein Jugendgericht gestellt werden. Die Anklageschrift muss nun vom Gericht geprüft werden. Außerdem benötigen die Beschuldigten Verteidiger. Experten rechnen kommende Woche mit der Eröffnung des Schnellverfahrens.
Der Nachrichtensender NDTV berichtete unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft, DNA-Tests hätten ergeben, dass die Beschuldigten in die Tat verwickelt seien. Dem Opfer soll es gelungen sein, mehrere ihrer Peiniger zu beißen.
Es war alles geplant
Die Zeitung Indian Express zitierte Staatsanwalt Rajiv Mohan mit den Worten, das Verbrechen vom 16. Dezember sei geplant gewesen. Jeder der Beschuldigten habe bei der Tat eine bestimmte Rolle gespielt. „Deswegen sind sie alle gleich haftbar für das Verbrechen.“
Die 23-Jährige war von mehreren Männern in einem Bus in Neu Delhi vergewaltigt, mit einer Eisenstange misshandelt und nackt aus dem fahrenden Fahrzeug geworfen worden. Am vergangenen Samstag war die Studentin nach mehreren Notoperationen in einem Spezialkrankenhaus in Singapur an ihren Verletzungen gestorben.
Ein Freund von ihr wurde ebenfalls misshandelt und überlebte verletzt. Die Familie der jungen Frau fordert die Hinrichtung aller sechs Beschuldigten.
Gnadengesuch möglich
Die Polizei will vor dem Schnellgericht mehr als 30 Zeugen präsentieren. Gegen ein Urteil kann in höheren Instanzen Einspruch erhoben werden. Im Fall von Todesstrafen können Verurteilte außerdem ein Gnadengesuch an Präsident Pranab Mukherjee stellen.
Die Todesstrafe wird in Indien selten vollstreckt, bei besonders drastischen Taten kommt es aber zu Hinrichtungen. Zuletzt wurde im vergangenen November der letzte überlebende Angreifer der Terrorserie von Mumbai Ende 2008 gehängt.
Mukherjee hatte sein Gnadengesuch abgelehnt. Es war die erste Hinrichtung in Indien seit 2004.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“