Gewalt bei Demo in Bangkok: Tödliche Schüsse am Regierungssitz
Ein Demonstrant wurde in Thailands Hauptstadt erschossen. Die Unruhen rund um die geplanten Neuwahlen gehen weiter. Das Militär hält sich erneuten Putsch offen.
BANGKOK afp | Bei einer Demonstration von Regierungsgegnern in der thailändischen Hauptstadt Bangkok ist am Samstag ein Mann erschossen worden. Drei weitere Menschen wurden verletzt, wie Rettungskräfte mitteilten. Der Schütze konnte unerkannt entkommen.
Ein Sprecher der Demonstranten verurteilte die Tat als einen Versuch, „zu Gewalt und Hass anzustacheln“. Unterdessen wurde die Vorbereitung der Parlamentswahl in mehreren südlichen Provinzen von Regierungsgegnern behindert.
Die Oppositionsanhänger hatten sich nahe dem Regierungssitz versammelt, als die Schüsse abgefeuert wurden. Erst am Donnerstag waren bei gewalttätigen Unruhen in Bangkok ein Polizist und ein Demonstrant getötet worden. Regierungsgegner hatten zuvor versucht, die Registrierung von Kandidaten für die Parlamentswahl am 2. Februar zu blockieren.
Seit Beginn der Unruhen Anfang des Monats wurden inzwischen acht Menschen getötet und rund 400 verletzt. Oft blieben die Umstände im Dunkeln. Auch nach der neuen Gewalt setzten die Regierungsgegner ihre Proteste gegen die Parlamentswahl fort. Am Samstag belagerten sie zahlreiche Büros zur Wahlregistrierung im Süden des Landes.
In sieben Provinzen musste die Registrierung deswegen ausgesetzt werden, wie die Wahlkommission mitteilte. 377 Kandidaten in 343 Wahlbezirken hätten sich inzwischen in die Listen eingetragen. In 32 Wahlbezirken seien noch immer keine Kandidaten registriert.
Regierungsgegner wollen Volksrat
Die Regierung hatte die Armee am Freitag aufgerufen, die Wahlregistrierung und die Abstimmung im Februar abzusichern. Militärchef Prayut Chan-O-Cha erklärte daraufhin, die Armee bleibe neutral. Gleichzeitig schloss er einen Putsch nicht aus. „Die Tür ist weder offen noch geschlossen, alles kann passieren“, sagte er auf eine Frage nach einer möglichen Intervention der Streitkräfte. In dem aktuellen Konflikt hielt sich die Armee, die seit dem Jahr 1932 bereits 18 Mal putschte oder dies versuchte, bislang weitgehend zurück.
Unter dem Druck der Massenproteste hatte Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra vor rund zwei Wochen Neuwahlen angesetzt. Die Regierungsgegner, die vorwiegend aus der städtischen Mittelschicht und den alten Eliten stammen, wollen die Abstimmung aber verhindern, weil sie mit einen neuerlichen Sieg von Yinglucks Puea-Thai-Partei rechnen.
Die Regierungsgegner wollen stattdessen einen nicht gewählten sogenannten Volksrat einsetzen. Sie werfen Yinglucks im Jahr 2006 vom Militär entmachteten Bruder Thaksin Shinawatra vor, weiter die Strippen zu ziehen. Die Proteste hatten sich Ende Oktober an einem von der Regierung befürworteten Amnestiegesetz entzündet, das Thaksin wohl eine Rückkehr aus seinem Exil erlaubt hätte. Er war nach seiner Entmachtung wegen Korruption verurteilt worden.
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