Gesundheitsschädliche Chemikalien: FDP blockiert Pestizid-Exportverbot

Vor einem Jahr kündigte Agrarminister Özdemir an, die Ausfuhr von in der EU verbotenen Ackergifte zu untersagen. Beschlossen ist das immer noch nicht.

Ein Fuß mit Hautreizungen

Eine indonesische Plantagenarbeiterin zeigt Hautschäden, die sie auf Pestizide zurückführt Foto: ap

BERLIN taz | UmweltschützerInnen werfen der Bundesregierung vor, das vor einem Jahr angekündigte Exportverbot für hierzulande aus Gesundheitsgründen untersagte Pestizide zu verschleppen.

„Nachdem das Bundeslandwirtschaftsministerium einen Entwurf für eine entsprechende Verordnung erarbeitet hat, geht es in der Ressortabstimmung nicht voran“, kritisierten der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, das Pestizid-Aktionsnetzwerk (PAN), die Entwicklungsorganisationen Misereor und Inkota sowie das European Center for Constitutional and Human Rights, die Heinrich-Böll-Stiftung und die Rosa-Luxemburg-Stiftung. PAN forderte zudem die Europäische Kommission auf, wie geplant ein EU-Exportverbot vorzuschlagen.

Agrarminister Cem Özdemir hatte das deutsche Verbot Mitte September 2022 angekündigt. Mit einer entsprechenden Verordnung solle die Gesundheit von Bauern im globalen Süden geschützt werden, erklärte der Grünen-Politiker damals. Außerdem schaffe ein Exportverbot auch „mehr Fairness im Wettbewerb“ für deutsche LandwirtInnen.

Sein Ministerium erwartete nach eigenen Angaben, dass die Regeln im ersten Halbjahr 2023 verabschiedet werden. Weltweit vergiften sich Umweltschützern zufolge jährlich 385 Millionen Menschen akut mit solchen Pestiziden. 11.000 Erkrankte würden sterben.

Deshalb verlangen die AktivistInnen von allen beteiligten Ministerien, Özdemirs Entwurf nun an Verbände und Länder zu schicken. „Wirtschaftliche Interessen dürfen niemals Vorrang vor Gesundheit und Umweltschutz haben. Aus diesem Grund betrachten wir eine Blockade des angekündigten Pestizidexportverbots innerhalb der Bundesregierung sehr kritisch“, sagte Silke Bollmohr, Referentin für globale Landwirtschaft und Welternährung bei Inkota.

FDP trotz Koalitionsvertrag gegen Exportverbot

Eine Sprecherin des Agrarministeriums schrieb der taz, das geplant Exportverbot „befindet sich derzeit in der regierungsinternen Abstimmung.“ Deshalb könne man nichts „zu Details“ sagen. Ähnlich äußerten sich die FDP-geführten Ministerien für Finanzen, Justiz und Verkehr.

Der agrarpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Gero Hocker, lehnte das Vorhaben jedoch ab: „Ein Exportverbot würde lediglich dazu führen, dass diese Wirkstoffe aus anderen Ländern importiert werden“, sagte er der taz. Es würde die importierenden Länder zudem „wichtiger Werkzeuge zum Pflanzenschutz berauben und zu einer größeren Abhängigkeit von Lebensmittelimporten führen.“

PAN-Referentin Susan Haffmans antwortete darauf, es gehe nur um Pestizide, die zum Beispiel Embryonen schädigen, Krebs erregen oder schon in geringer Menge tödlich wirken. Teils sei Deutschland in der EU der einzige Exporteur. Haffmans wies auch auf den Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP hin. Darin heißt es: „Wir werden von den rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen, den Export von bestimmten Pestiziden zu untersagen, die in der EU aus Gründen des Schutzes der menschlichen Gesundheit nicht zugelassen sind.“

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