Gespräche über Radgesetz: Kein lustiger Dreh
Die Initiative Volksentscheid Fahrrad schwankt beim offiziellen Dialog zum Radgesetz zwischen Zweckoptimismus und Zorn
![](https://taz.de/picture/1803814/14/platter_09765784.jpeg)
Eigentlich will Heinrich Strößenreuther vom „Volksentscheid Fahrrad“ nicht allzu kritisch sein nach dem ersten Termin des Radgesetz-Dialogs in der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz am Mittwochabend. „Etwas ruckelig“ sei es erst gewesen zwischen der parteilosen Senatorin Regine Günther, ihrem grünen Staatssekretär Jens-Holger Kirchner und VertreterInnen der Koalitionsfraktionen sowie einem Team aus Mitgliedern des Volksentscheid-Initiative und des ADFC, zum Schluss hin habe es sich aber „positiv entwickelt“. Trotzdem, legt Strößenreuther nach: Seine MitstreiterInnen und er seien „not amused“.
Damit meint der Radaktivist die Haltung der Senatsverwaltung gegenüber der Initiative und ihrem Gesetzentwurf, für den sich beim Antrag auf ein Volksbegehren fast 100.000 BerlinerInnen mit ihrer Unterschrift ausgesprochen hatten. „Es ist kein wertschätzender Umgang, der da mit uns gepflegt wird“, so Strößenreuther.
Wobei es mit dem Begriff schon losgeht: Von „Verhandlungen“ redet auf Senatsseite niemand, „Dialog“ ist die offizielle Wortwahl. Das steht aus Sicht der Initiative für die bewusste Missachtung der Tatsache, dass erst die Mobilisierung durch den „Volksentscheid Fahrrad“ die Politik gezwungen hat, beim Radverkehr gleich mehrere Schippen draufzulegen. Regine Günther nimmt auch gar kein Blatt vor den Mund: „Ich möchte da ganz offen dran gehen“, sagt sie, man solle sich nicht „an einem festgelegten Entwurf abarbeiten“.
Es ist die jüngste in einer Kette von Demütigungen für die AktivistInnen: Erst verschleppte die alte Senatsverwaltung unter Andreas Geisel (SPD) monatelang ihre Stellungnahme zur Rechtssicherheit des Radgesetz-Entwurfs, dann erfuhr die Initiative aus der Presse – genauer: der taz –, dass ein von Geisel angefordertes externes Gutachten mehrere Paragrafen als unvereinbar mit Bundesrecht einschätzte. Und mit dem offiziellen Bescheid über die (Un-)Zulässigkeit des Entwurfs lässt sich jetzt der Innensenator viel Zeit – der auch Andreas Geisel heißt.
Gesetzentwurf revidiert
„Der Senat zeigt, dass er Bürgerbeteiligung nicht ernst nimmt“, findet Strößenreuther. Schon dass Geisel das Rechtsgutachten nicht mit dem Auftrag verband, gangbare Alternativen vorzuschlagen, wurmt ihn. Die Initiative hat nun eine revidierte Fassung vorgelegt, mit der die Runde arbeiten könnte – wenn es denn so gewollt wäre.
Beim ADFC sieht man die Sache etwas lockerer: Es habe beim ersten von vier geplanten Terminen „ganz nach einem positiven Bündnis ausgesehen“, meint Landeschefin Eva-Maria Scheel. Allerdings gibt es nicht nur große inhaltliche, sondern auch personelle Schnittmengen mit der Initiative. Allzu groß werden die Differenzen in diesem Lager also nicht sein.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss