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Gespräche in Israel über WaffenruheGrößere Chance auf Annexion als auf Frieden

Julia Neumann
Kommentar von Julia Neumann

US-Vermittler Amos Hochstein reist für Friedensgespräche nach Tel Aviv. Zeitgleich votieren die USA im Sicherheitsrat gegen eine Waffenruhe in Gaza.

Quo vadis, Palästina? Foto: Mahmoud Illean/AP/dpa

E ine „echte Chance“ auf einen Deal zwischen Israel und der Hisbollah, hat der US-Vermittler Amos Hochstein vollmundig verkündet. Er ist am Donnerstag nach Tel Aviv gereist, am Tag zuvor war er in Beirut. Der Ex-Soldat der israelischen Armee posaunte mal wieder optimistisch in die Welt, eine Waffenruhe sei nahe. Was für ein Schauspiel. Die USA haben ihre Glaubwürdigkeit als Vermittler längst verloren – wenn sie sie überhaupt je hatten.

Der angebliche US-Vorschlag soll vorsehen, dass Israel und die Hisbollah ihre Angriffe 60 Tage lang aussetzen. Die israelische Armee soll in der Zeit ihren Einmarsch im Südlibanon beenden, libanesische Soldaten sollen an der Grenze stationiert werden, die Hisbollah ihre Kämpfer dafür abziehen. Eigentlich eine gute Sache.

Doch die USA haben keine Lust, den Krieg zu beenden. Die Aktien der Waffenfirmen schießen nach oben, die Produktionsstätten bieten stabile Arbeitsplätze. Die USA liefern 70 Prozent der Waffen an Israel. In einem Jahr gaben sie dafür mindestens 22,76 Milliarden Dollar aus. Am Mittwoch stimmte der US-Senat über einen Waffenstopp ab – die überwältigende Mehrheit war dagegen.

Im September legten USA und Frankreich einen Plan für Waffenruhe im Libanon vor – Netanjahu und sein Außenminister Katz lehnten das ab. Sie kündigten die Invasion im Südlibanon an, israelische Luftangriffe töteten im Libanon an einem Tag mehr als 550 Menschen. Und Amerika? Gewährte weiter Waffenhilfen.

Eine UN-Resolution des Sicherheitsrates zur sofortigen Waffenruhe scheiterte am Mittwoch am Veto der USA. Ein Deal für Gaza hätte die Grenze zwischen Israel und Libanon automatisch beruhigt.

Die rechten Siedler in Israels Regierung haben weiter freie Hand. Seit 40 Tagen lassen sie die Bevölkerung in Nordgaza aushungern. Fotos zeigen, wie das israelische Militär im Kamal Adwan Krankenhaus Ärzte und Patienten zusammentreibt. Die Männer sind bis auf die Unterhosen ausgezogen, mit verbundenen Augen. Am Donnerstag starben palästinensischen Angaben zufolge 88 Menschen durch Luftangriffe in Nordgaza. Im besetzten Westjordanland hat das israelische Militär am Donnerstag 12 Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen festgenommen.

Unter Trump werden die Siedler wahrscheinlich Freifahrtscheine für die komplette Annexion Gazas und wohl auch für das Westjordanland bekommen. Eine Chance auf Frieden? Fehlanzeige.

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Julia Neumann
Korrespondentin Libanon
Auslandskorrespondentin für Westasien mit Sitz in Beirut. Hat 2013/14 bei der taz volontiert, Journalismus sowie Geschichte und Soziologie des Vorderen Orients studiert. Sie berichtet aus dem Libanon, Syrien, Iran und Irak, vor allem über Kultur und Gesellschaft, Gender und Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Für das taz Wasserprojekt recherchiert sie im Libanon, Jordanien und Ägypten zu Entwicklungsgeldern.
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14 Kommentare

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  • Die Israelis wollen in der immer größer werdenden Mehrheit (je jünger, desto radikaler rechts!) keinen Frieden mit den Palästinensern. Wollten sie nie. Sie wollen zuerst alle besetzten Gebiete annektieren (menschenfrei, wenn möglich) und dann kommt Großisrael auf den Plan. Wer das bezweifelt, hat die letzten 60 Jahre geschlafen. Es reicht für eine erste Nachhilfestunde, sich die Siedlungsentwicklung seit 1967 als Graph anzuschauen. Keines der vielen Abkommen und keiner der Verträge hat auch nur die kleinste Delle in der exponentiell ansteigenden Kurve hinterlassen. Alles Friedens-Blahblah mit hübschen Bildern, wahlweise im Rosengarten des Weißen Hauses oder in Camp David. Die Palästinenser werden international nur wahrgenommen, wenn es mal wieder kracht. Die Politik der Nadelstiche der Israelis juckt niemanden. Auch nicht die über 50 zwischen 01.01. und 07.10.2023 in den besetzten Gebieten getöteten Palästinensischen Kinder. Wir im Westen mit unserer Ignoranz entscheiden, welcher Mittel es bedarf, bis wir die Palästinensische Frage auf die Tagesordnung setzen.

  • Solange beide Seiten sich als 'Opfer' betrachten und nicht als Täter, wird das nichts mit dem Frieden.

  • "Doch die USA haben keine Lust, den Krieg zu beenden. Die Aktien der Waffenfirmen schießen nach oben, die Produktionsstätten bieten stabile Arbeitsplätze."

    Nicht tot zu kriegen, diese Argumentationsfolklore...

  • Wenn schon entweder/oder, dann bitte konsequent: vielleicht wäre eine Annexion Gazas für alle Beteiligten (auch die Bewohner des Küstenstreifens) besser als das Kalifat, dass die Hamas laut ihrer Charta nach dem Sieg über Israel errichten will.

  • wenn einem die Argumente ausgehen, geht immer der Verweis auf die Profite einer Industrie. Die Rüstungsindustrie macht so oder so ihr Geld egal wer oder wie im Libanon Krieg geführt wird. Nun sollte ja ursprünglich die libanesische Armee und UN Truppen die Hisbollah von der Grenze fernhalten was die nicht taten und so Israel einschreiten musste gegen den täglichen Reketenterror. Es scheitet daher ein Abkommen an der Durchsetztung der Grenzsicherung. Die UN hat sich da völlig als unfähig erwiesen. Das ist das Dilemma. Die UN macht sich mehr und mehr überflüssig.

  • Nur das die Lieferung von Waffen nicht direkt mit dem Wunsch nach Frieden zusammenhängt, denn ein Lieferstop hätte die israelische Bevölkerung in Gefahr gebracht. Wieso sollte man einen Verbündeten hängen lassen, um Terrorgruppen das Leben zu erleichtern?



    Um zivile Opfer zu vermeiden könnten sich Hamas/Hisbollah auch Uniformen anziehen und aufhören, die Bevölkerung als Schutzschild zu missbrauchen.



    Schade, dass alles außer einer Ja/Nein Forderung zu komplex zu sein scheint.

  • "Doch die USA haben keine Lust, den Krieg zu beenden. Die Aktien der Waffenfirmen schießen nach oben, die Produktionsstätten bieten stabile Arbeitsplätze. Die USA liefern 70 Prozent der Waffen an Israel."



    Immer wieder verwirrend für mich. Vor knapp 3 Jahren startete Russland seinen erbarmungslosen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die USA drohen sich unter Trump zu verabschieden - Tenor in der taz: 'das ist eine Sauerei, die Ukraine wird ausgeliefert.'



    Vor über 1 Jahr überfiel die Hamas erbarmungslos Israel, tötete über 1000 Zivilisten, tägliche Raketenangriffe über Monate. Die USA bleiben fest an der Seite Israels - Tenor in der taz: 'Skandal. Kriegstreiber.'



    Russland wie die Hamas starteten (im Rahmen ihrer Möglichkeiten) je einen Angriffskrieg. Einmal ists ein Skandal wenn die USA aussteigen und einmal wenn sie weitermachen...



    Interessante Logik.



    Das bestätigt mich einmal mehr, dass das linke Milieu aktuell völlig orientierungslos ist.



    Da wunderts dann auch nicht das die Werte überall purzeln, wer keine Ahnung hat wohin er will taugt nicht als Lotse und die Doppelmoral 'guter Krieg, böser Krieg' - Ukraine wie Israel würden gleichermaßen überfallen - tut ihr Übriges.

  • Oxfam hatte seinen Bericht zum Sicherheitsrat und dessen Rolle bei humanitären Krisen und Kriegen schon richtig benannt: "Vetoing Humanity"-How a few powerful nations hijacked global peace and why reform is needed at the UN Security Council policy-practice.ox...-why-refor-621621/

    • @Momo Bar:

      Nun ja, Oxfam ist aber beim besten Willen nicht neutral und positioniert sich in allen Fragen eindeutig gegen Israel. Dazu NGO-Monitor: "Most Oxfam statements erase all complexity and blame Israel exclusively for the situation, and these distortions and their impacts contribute significantly to the conflict." ngo-monitor.org/ngos/oxfam/

      • @Fisherman:

        Erstens hat der Bericht von Oxfam nichts mit Israel zu tun, sondern der Arbeit des UN-Sicherheitsrates. Zweitens hat Oxfam einen weltweit sehr guten Ruf und deren Neutralität wird höchstens von Leuten mit pol. Motivation angezweifelt, so auch dem rechtsgerichteten NGO-Monitor über den man folgendes gesagt hat:



        "spreads misinformation"



        "Israeli government apologists masquerading as an objective watchdog. They do not even practice what they preach in terms of their own transparency and their sloppy, third-rate research."(B´Tselem)



        "counter-democratic activities"



        "NGO Monitor ... conducts no field investigations and condemns anyone who criticizes Israel".



        "extremist"



        "disseminates misleading and tendentious information, which it presents as factual in-depth research".



        Die Gruppe scheint so unseriös das sie bei Wikipedia nicht mal mehr als Quelle für Informationen angegeben werden darf.

        • @Momo Bar:

          Touché. Ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Oxfam eindeutig als "pro-palästinensisch" eingeordnet werden kann. Was irgendwie ja auch logisch ist - den palästinensischen Opferstatus in Frage zu stellen würde Oxfam ja die Geschäftsgrundlage entziehen.

  • Danke für den kommentar und ich befürchte sie haben recht mit allem. Leider.

  • Ich dachte, dass die USA Israel stützt, sei Allgemeinwissen.



    So, wie Katar die Hamas stützt.

    Deshalb fungierten beide als Vermittler.

    Dass die Chancen auf Frieden am 7.10. massakriert wurden, dachte ich, sei auch klar.

    Die Annektion von Gaza ist definitiv wahrscheinlicher als Frieden.

    Das wissen wir seit 11 Monaten.

    War das im Libanon niemandem klar?

    Ein seltsamer Artikel.

    Aber mich erstaunen Frau Neumanns Artikel häufiger.

  • Gleichzeitig steht der Iran als größter Finanzier der Hisbollah im Hintergrund. Seit fünf Jahren ist die Wirtschaft am Boden, das libanesische Pfund verlor 98 Prozent seines Wertes, Hyperinflation und extrem hohe Arbeitslosigkeit trieben einen Großteil der Libanesen in bittere Armut – woran die Hisbollah einen massiven Anteil hat. Sie nutzt die Misere aus und rekrutiert Menschen für die Zwecke der in Teheran sitzenden Mullahs.

    Es ist an der Zeit, dass die Libanesen Nein zum Einfluss einer Terrororganisation auf ihr Leben sowie zur iranischen Dominanz sagen und Ja zu ihrer Zukunft.

    Freiheit für den Libanon!