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Gesetzentwurf zu „Kinderehen“Minderjährige Paare werden getrennt

Justizminister Maas will gegen „Kinderehen“ vorgehen. Auch für im Ausland geschlossene Ehen sollen nun die deutschen Altersgrenzen gelten.

Dürfen mitfeiern, aber nicht mitheiraten: Kinder nach einer Hochzeitsfeier in einem Flüchtlingscamp im Irak Foto: imago/ZUMA Press

Freiburg taz | Im Ausland geschlossene Ehen von Minderjährigen sind unwirksam oder aufzuheben. Das sieht ein bisher unveröffentlichter Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) „zur Bekämpfung von Kinderehen“ vor. Er liegt der taz vor und soll am 8. März im Kabinett beschlossen werden.

Auch für im Ausland geschlossene Ehen gelten künftig die in Deutschland geltenden Altersgrenzen. Damit sich Ausländer nicht mehr auf das bisher relativ liberale deutsche Recht berufen können, wird dieses verschärft. Künftig sind in Deutschland Heiraten von Minderjährigen ausnahmslos verboten. Wenn eine 17-Jährige schwanger wird und deshalb ihren Freund heiraten will, ist dies künftig nicht mehr möglich. Uneheliche Kinder seien heute kein Makel mehr, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Außerdem könnten so Zwangsehen leichter verhindert werden.

Ehen, bei denen der minderjährige Ehepartner zum Zeitpunkt der Heirat unter 16 war, sollen künftig automatisch unwirksam sein. Die Begründung des Gesetzentwurfs spricht von „Nichtehen“. Sie müssen deshalb auch nicht aufgehoben werden. Ausnahmen sollen aber für Altehen gelten. Wenn die Ehepartner bei der Einreise nach Deutschland beide volljährig sind, bleibt die Ehe doch wirksam, heißt es in einer „Überleitungsvorschrift“.

Aufenthaltsrechtlich sollen den Betroffenen durch die Regel keine Nachteile entstehen

In der Koalition war lange umstritten, was für Ehen gilt, bei denen der minderjährige Partner zum Zeitpunkt der Heirat zwischen 16 und 18 Jahre alt war. Der Gesetzentwurf von Heiko Maas sieht jetzt vor, dass solche Ehen in der Regel aufgehoben werden sollen. Hierzu ist folgendes Verfahren vorgesehen: Die zuständige Landesbehörde (zum Beispiel das Jugendamt) „muss“ einen Antrag auf Aufhebung stellen.

Verheiratete 17-jährige gelten bald als Unbegleitete

Einzige Ausnahme: Der einst minderjährige Ehepartner ist jetzt volljährig und „hat zu erkennen gegeben, dass er die Ehe fortsetzen will“. Über den Aufhebungsantrag entscheidet dann das Familiengericht. Das ist eine Abteilung des örtlichen Amtsgerichts. Nur eine „schwere Härte für den minderjährigen Ehegatten“, etwa eine „krankheitsbedingte Suizidabsicht“, spräche dagegen.

Wenn die Ehe aufgehoben wurde, können die Ehepartner nach Erreichen der Volljährigkeit einige Monate später wieder heiraten, wenn sie wollen. Die Aufhebung der Ehe soll auch keine aufenthaltsrechtlichen Nachteile bringen. Bekommt der volljährige Ehemann als verfolgter Dissident Asyl in Deutschland, so kann die 17-jährige Partnerin Familienasyl erhalten, obwohl die beiden aufgrund der geplanten neuen Rechtslage zeitweise nicht mehr verheiratet sind.

Bei der Einreise nach Deutschland gilt auch ein verheiratetes 17-jähriges Mädchen als „unbegleiteter“ Flüchtling, wenn nur der Ehemann, aber nicht die Eltern dabei sind. Das heißt, das Mädchen muss vom Jugendamt in Obhut genommen werden, auch wenn es lieber mit dem Ehemann in einer Gemeinschaftsunterkunft leben würde.

Außerdem bekommt das verheiratete minderjährige Mädchen einen staatlichen Vormund zugeteilt. Dieser kann und muss dann entscheiden, ob es im Interesse des „Kindeswohls“ liegt, dass sich die Eheleute weiterhin sehen dürfen.

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20 Kommentare

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  • im vergleich dazu wird mit der erlaubten verstuemmelung der organe von kindern, aus verschiedenen spaghetti-monster gruenden oder auch nicht, in deutschland wohl nun doch nicht viel passieren.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Maas könnte doch auch auf die Idee gebracht werden, die Ehemündigkeit an das aktive Wahlrecht zu koppeln.

    Da gibt es doch mindestens eine logische Verbindung...

    • @571 (Profil gelöscht):

      Bei diesem Justiz würde mich das fast nicht wundern ...

  • Alle Fachverbände lehnen diesen GE ab. Hier der GE und Stellungnahmen dazu: http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/asylblg/AsylG_2015.html#3._Bekaempfung_Kinderehen

  • Zeit wird's Herr Maas,

    derzeit noch Justiz -

    es ist eine Schande, dass die Pädos

    jetzt hier auch noch argumentieren.

    @Frank Erlangen, danke für Ihre klaren Worte.

  • Was in der Debatte untergeht, wir könnten durchaus unser Recht auch liberalisieren.

     

    Anerkennung der Polygamie beispielsweise.

     

    Immerhin betrifft das mündige Erwachsene. Und warum soll das, was der muslimische Zuwanderer darf, nicht auch für die gelten, die "schon länger hier wohnen"?

    • @Frank Erlangen:

      Lach, aber ganz laut !

    • @Frank Erlangen:

      weil's ne Frechcheit für jede Frau ist, sagt ein Mann!

  • Vom einen Extrem ins andere. Nach deutschem Recht dürfen bislang 16-jährige heiraten. Dies zu ändern finde ich richtig. Allerdings geniessen diese nach deutschem Recht gültig geschlossenen Ehen Bestandsschutz. Wenn nun Ausländer_innen nach Deutschland kommen, die im Ausland mit 16 geheiratet haben, kann da nichts anderes gelten.

    Die zweite Ungereimtheit ist die "Aufhebung" von nichtigen Ehen. Eine nichtige Ehe ist nichtig und kann daher gar nicht aufgehoben werden. Eine Aufhebung einer nichtigen Ehe auf Antrag ist daher ein Widerspruch. Entweder wird da der Öffentlichkeit Sand in die Augen gestreut und die Ehe ist nicht wirklich nichtig, sondern nur auf Antrag aufhebbar oder sie ist nach deutschem Recht nichtig und die Nichtigkeit wird nur amtlich dokumentiert, damit z.B. eine neue Ehe (mit einem anderen oder der gleichen Partner_in) eingegangen werden kann.

    Was ist schliesslich, wenn die Flüchtlinge nach einigen Jahren ihre alte Heimat wieder besuchen oder zurückkehren. Sind sie dort dann wegen Vielehe strafbar? Schliesslich werden diese Länder die deutsche Nichtigkeitserklärung nicht anerkennen.

    Ebenfalls schlecht durchdacht ist die Situation bei inzwischen volljährigen Eheleuten. Die Ehe ist nichtig, es sei denn, dass die Eheleute erkennbar daran festhalten wollen. Ob diese Leute nach deutschem Recht verheiratet sind bemisst sich damit nach ihrer Tageslaune: "Ich fühle mich heute nicht so verheiratet" - und schon ist die Ehe nichtig. Schlägt das Gefühl am nächsten Tag wieder um, so gilt die Ehe wieder. Da wäre es gut, a) die Ehe vorläufig für wirksam zu erklären und b) eine Frist zu haben, dass inzwischen volljährige Eheleute innerhalb von 5 Jahren nach Ankunft in Deutschland die Ehe für nichtig erklären lassen können. Wer das in 5 Jahren nicht hinbekommt, sollte sich wie alle, die nicht mehr verheiratet sein wollen, einfach scheiden lassen.

    • @Velofisch:

      Zu Ihrem letzten Absatz: Ich habe es ja gar nicht so verstanden, dass es Möglichkeiten gibt, seine Tageslaune auszuleben. Es gibt zum Zeitpunkt der Einwanderung ein Mal die Frage, ob man verheiratet bleiben möchte oder nicht. Und ein Nein heißt dann auch genau das, wo habe ich den Artikel verstanden.

      Eine 5-Jahres-Frist, also 5 Jahre Schwebephase, würde ich für problematisch halten. Was spricht dagegen, die Ehepartner gleich bei der Einwanderung, ggf. mit einer kurzen Frist, zu fragen?

      • @rero:

        Sorry, am Ende des ersten Absatzes soll es natürlich nicht "wo", sondern "so" heißen.

  • Wie steht es denn mit dem Haager Übereinkommen, das vorsieht, die in anderen Lädnern rechtmäßig geschlossenen Ehen auch hier gelten und nur noch ein Antrag auf Anerkennung beim Standesamt erforderlich ist? Mal die Quelle zu diesem Abkommen:

    http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Standardartikel/CIEC-Dokumente/uebereinkommenII/ue01.html

     

    Gerade beim Alter von 16 Jahren scheint es mir komisch, wenn dann automatisch und ohne jede Ausnahmeauf einer trennung bestanden werden soll. Denn in Ausnahmefällen dürfen doch auch Jugendliche In Deutschland schon mit 16 Jahren heiraten (§ 1303 Abs. 2 BGB). Manchmal fragt sich, bo die Politiker hinreichend das deutsche Recht kennen.

     

    Und noch ein Schmankerl, was das katholische Kirchenrecht denkt: Nach can. 1083 CIC liegt das Mindestalter für Frauen bei 14 und für Männer bei 16 Jahren. Um es aber gleich zu sagen: Die Ehe sollen katholische Geistliche nicht schließen, wenn das heiratsfähige Alter nach "Landessitte" noch nicht erreicht ist.

  • Das deutsche Recht ist nicht "liberal". Für alle, "die schon länger hier wohnen" gilt: Sex mit u14 ist strafbar. Es gibt keine Ausnahmen.

    Ein Armutszeugnis des Kinderschutzes, dass es ein separates Gesetz für Migranten geben muss.

    • @Frank Erlangen:

      Text nochmal lesen, dann nachdenken, dann "Aha-Erlebnis" haben.

      Ehe als rechtlicher Vertrag hat mit Sex nichts zu tun. Sex mit u14 als ü18 ist auch verboten, wenn ausländisch verheiratet.

      • @LeSti:

        ...manchmal hilft die Kantlektüre: da ist gut protetantisch die Ehe ein Vertrag zur gegenseitigen Nutzung der Geschlechtswerkzeuge...

        • 5G
          571 (Profil gelöscht)
          @Gottfried Scherer:

          Ist ja süß!

          Da bringen beide ihre halben Geschlechtswerkstätten mit und gründen eine ganze?

          Ehe als Win-win-Situation sozusagen?