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Gesetzentwurf der AmpelKaum Hartz-IV-Sanktionen 2020

Schon länger war klar, dass die Ampel die meisten Hartz-IV-Sanktionen aussetzen wird. Nun gibt es erstmals einen Gesetzentwurf.

Sanktionen sollen endlich fallen Foto: imago images

Berlin taz | Erhöhte Nachfrage nach Jodtabletten in Apotheken und leere Speiseölregale im Supermarkt zeugen von anhaltender Besorgnis wegen Ukrainekrieg und Inflation. Bisher mussten EmpfängerInnen von Sozialleistungen zusätzlich noch bangen, dass ihnen das Geld gekürzt wird, sollten sie bestimmte Pflichten nicht erfüllen. Das wird bald zum größten Teil vorbei sein. Die Ampelkoalition plant schon länger, die meisten Sanktionen für Hartz-IV-Beziehende bis Ende 2022 auszusetzen. Jetzt wurde ein Gesetzentwurf vorgelegt.

Grund für Sanktionen sind bisher unter anderem die Weigerung „zumutbare“ Arbeiten zu ergreifen oder weiterzuführen. Nach dem Gesetzentwurf würden vorerst nur solche Sanktionen bestehen bleiben, die dafür verhängt werden, Termine beim Jobcenter ohne triftigen Grund zu versäumen.

2019 hat das Bundesverfassungsgericht eine Neuregelung der Hartz-IV-Regelungen gefordert, da bestimmte Sanktionsregelungen mit dem Grundgesetz nicht vereinbar seien.

Der Gesetzentwurf sieht nun auch mittelbaren Mehrausgaben bei Unterhaltsleistungen für 2022 in Höhe von rund 12 Millionen Euro für dieses Jahr vor, wobei 11,6 Millionen Euro auf den Bund und 0,4 Million Euro auf die Kommunen zukommen. Die Bundesregierung betont, der Gesetzentwurf stelle einen alternativlosen Zwischenschritt dar.

Die Aussetzung der Sanktionen steht in direktem Zusammenhang mit der baldigen Einführung des Bürgergeldes, das Hartz IV in Zukunft ersetzen soll. Voraussichtlich soll das Bürgergeld höher ausfallen, Sanktionen sollen dessen Be­zie­he­r:in­nen weiterhin drohen. Die Mitwirkungspflicht und Reaktionen auf Verstöße sollen aber neu geregelt werden.

Bevor es in Kraft tritt muss der Bundestag dem aktuellen Sanktionsmoratorium noch zustimmen. Der Beschluss könnte dann zum Sommer greifen.

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5 Kommentare

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  • taz: "Die Ampelkoalition plant schon länger, die meisten Sanktionen für Hartz-IV-Beziehende bis Ende 2022 auszusetzen."

    Und was ist dann ab 2023? Dass Hartz IV immer noch nicht in den Mülleimer geworfen wird und jetzt nur einen harmloseren Namen (Bürgergeld) bekommen soll, macht doch deutlich, dass man die "Hartzer" auch weiterhin als Druckmittel gegen die 'noch' arbeitende Bevölkerung einsetzen will. Und neue Sanktionen wird man sich sicherlich auch wieder einfallen lassen, die dann "angeblich" mit dem Grundgesetz "vereinbar" sind. Schließlich wird Lohndumping und die Ausweitung des Niedriglohnsektors doch seit Hartz IV erfolgreich in Deutschland betrieben, um innerhalb Europas die Stellung als Exportweltmeister zu halten. Warum sollte man dieses ausbeuterische System also aufgeben?

    Und die Bundesagentur für Arbeit (BA) überwacht dann natürlich weiterhin alles. Auch wenn man es jetzt 'Bürgergeld' nennt, bleibt es wohl weiterhin ein Zwangssystem. Die BA, die mit einem unglaublichen Bürokratismus und ca. 100.000 Mitarbeiter einen egozentrischen Aufwand betreibt, der in gar keinem Verhältnis zu den Vermittlungserfolgen steht, kostet dem Steuerzahler schon seit vielen Jahren zig-Milliarden Euro und bringt nichts zustande, außer einen monatlichen Gehaltscheck für die Jobcentermitarbeiter und eine geschönte Arbeitslosenquote. Sind wir doch mal ehrlich, Wenn es tatsächlich noch genügend Jobs zu verteilen gäbe, von dem ein Mensch auch existieren kann, dann könnte der Staat sich doch eine Behörde wie die BA mit 100.000 Mitarbeitern sparen - und natürlich auch das hohe Jahresgehalt vom BA-Chef Detlef Scheele (300.000 €). Die BA ist doch nur dazu da die Arbeitslosenquote zu schönen, billige "Lohnsklaven" für die Wirtschaft bereit zu stellen und sich natürlich selbst am Leben zu erhalten, denn sonst hätten wir weitere 100.000 Arbeitslose in Deutschland.







    "Wer noch glaubt, das Jobcenter vermittle in Arbeit, der glaubt wohl auch, das Ordnungsamt räume ihm die Wohnung auf."

    • @Ricky-13:

      Wie lange will man die Bürger eigentlich noch belügen, und so tun als ob es an jeder Straßenecke ein Dutzend gut bezahlte Jobs gibt, und nur der "faule Arbeitslose" sich ums Arbeiten drücken will? Es sind ca. 5 Millionen Bürger in Deutschland arbeitslos, wenn man sich die Zahlen einmal genauer anschaut (siehe Prof. Dr. Gerd Bosbach, Statistiker). Und diese ca. 5 Millionen Bürger (das wären übrigens alle Einwohner von Berlin und Hamburg zusammen) sind sicherlich nicht alle ungebildet oder faul, wie eine gewisse Zeitung seit Jahren frech behauptet. Das 21. Jahrhundert mit all seiner Technik – Regelungstechnik, Halbleitertechnologie, Robotik, etc. – ist schon lange im Gang, nur unsere Politiker leben anscheinend immer noch in der alten Arbeitswelt des 20. Jahrhunderts In den nächsten Jahren werden in dieser hochtechnischen Arbeitswelt noch mehr Arbeitsplätze wegfallen, auch durch Künstliche Intelligenz (KI), die dann auch immer mehr "denkende Arbeit" übernehmen wird. Welches Märchen sich dann Politiker wohl ausdenken werden, damit sie weiterhin den naiven Bürgern einreden können, dass die Arbeitswelt des 20. Jahrhundert immer noch existiert?

      Momentan benutzt man Hartz IV doch nur noch dazu den Niedriglohnsektor nicht "austrocknen" zu lassen, denn mit § 10 SGB II (Zumutbarkeitsparagraph) darf man sogar aus einem (arbeitslosen) studierten Ingenieur einen Hilfsarbeiter machen. So weit ist es in diesem Staat schon gekommen, dass Politiker sich ein BGE (Diäten, Ministergehälter, etc.) eigenhändig genehmigen, aber man Arbeitslose ihre paar Kröten "Existenzminimum" mit Sanktionen auch noch wegnehmen kann.







      "(...) Unternehmen, die durch großzügige Lohnsubventionen der Bundesagentur für Arbeit sich entspannt zurücklehnen, weil sie sich in der Sicherheit wiegen können, neues Futter in Form von Zwangsbewerbern über die Arbeitsagenturen und Jobcenter zu erhalten." [Inge Hannemann - ehemalige Jobcenter-Mitarbeiterin und taz-Panter Preisträgerin von 2013]

  • Man kann gespannt auf den Inhalt des Gesetzentwurfes sein, nehme an, dass der bekannt wird. Ebenso auf die Einschätzungen vieler Arbeitsloseninitiativen, von denen einige kompetent etwas dazu zu sagen haben. Jedenfalls steht zu hoffen, dass etwas wirklich neues, etwas, das so in H4 bisher nicht zu denken war, gewagt wird. Es wird jetzt sehr darauf ankommen, ob die verantwortlichen pol. Akteure bereit sind, neu dazu zu lernen. Denn bisher - da war nur mauern oder hinhaltender Widerstand. Es braucht aber mehr Freiheit im Arbeitslosenland.

  • Das wäre ja mal was!



    Endlich würde diese Knute der Schwarz-gelden Schande vom Tisch gefegt.



    Schröder und seine Vasallen hatten uns das eingebrockt, schwarz-geld nochmal nachgelegt und erst das Bundesverfassungsgericht hat mit allerdings gottesmühlengleicher Geschwindigkeit ein Machtwort gesprochen.

    • @Bolzkopf:

      Ich weiß gar nicht, wie große Hoffnungen man sich da machen kann oder sollte.

      Immerhin regieren die Parteien heute wieder, die Hartz4 damals eingeführt haben.