Gesetz zur Müllvermeidung: Neuware soll kein Abfall sein

Ein neuer Gesetzentwurf schafft die Grundlage dafür, gegen die Vernichtung von Retouren vorzugehen. Doch wann das tatsächlich passiert, ist offen.

Kartions und Verpackungen

Soll nicht im Müll landen dürfen: zurückgeschickte Ware von Versandhändlern Foto: dpa

BERLIN taz | Die Aussagen, mit denen Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) ihr neues Abfallgesetz in der Bild am Sonntag beworben hatte, klangen vielversprechend: Der Praxis von Online-Versandhändlern, zurückgeschickte oder unverkaufte Neuware zu vernichten, statt sie erneut zu verkaufen, schiebe die Bundesregierung jetzt „einen Riegel vor“ und werde „die Vernichtung neuwertiger, voll funktionsfähiger Ware untersagen“, hatte die Sozialdemokratin angekündigt.

Ganz so weit geht der Gesetzentwurf, der am Mittwoch vom Kabinett verabschiedet wurde, aber noch nicht. Zwar wird ins Kreislaufwirtschaftsgesetz eine Ergänzung aufgenommen, die eine „Obhutspflicht“ für Händler und Hersteller einführt; diese sollen künftig dafür sorgen, dass ihre Produkte „nicht zu Abfall werden“.

Doch praktische Konsequenzen hat dieser Wunsch zunächst nicht: Konkrete Vorgaben sollen erst später mit einer Verordnung folgen. Wann damit zu rechnen ist, blieb auf Nachfrage offen. In einem ersten Schritt sollen Händler und Hersteller zunächst verpflichtet werden, Zahlen über die Vernichtung von Waren zu veröffentlichen. Bisher gibt es dazu wenig Daten; ins öffentliche Bewusstsein geraten war die Vernichtung von Neuwaren im letzten Jahr durch eine Recherche des ZDF-Magazins „Frontal 21“ in einem Lager des Online-Versandhändlers Amazon.

Neben den geplanten Regelungen zur Neuwaren-Vernichtung enthält der Gesetzentwurf, der in Kürze in den Bundestag eingebracht werden soll, weitere Neuerungen, die der Müllvermeidung dienen sollen. So sollen alle Bundeseinrichtungen verpflichtet werden, beim Einkauf von Waren künftig solche zu bevorzugen, die aus recyceltem Material bestehen sowie langlebig und gut wiederverwertbar sind.

Svenja Schulze,Bundesumweltministerin

„Wir wollen eine saubere Umwelt, in der weder Müll noch giftige Kippen rumliegen“

„Die Bundesregierung nimmt sich mit diesem Gesetzentwurf selbst in die Pflicht“, sagte Schulze. Neben Behörden gilt die Regelung auch für bundeseigene Unternehmen. Allerdings lässt das Gesetz den 6.000 betroffenen Beschaffungseinrichtungen einen gewissen Spielraum: Die Pflicht zur Nutzung ressourcenschonender Produkte gilt nur, sofern dadurch „keine unzumutbaren Mehrkosten“ entstehen und sie „geeignet sind“. Wie das genau definiert und überprüft wird, blieb offen.

Zudem setzt die Bundesregierung mit dem Gesetz die EU-Vorgabe um, dass sich die Hersteller von Einwegprodukten künftig an den Entsorgungskosten beteiligen müssen, die der öffentlichen Hand dadurch entstehen. Das betrifft etwa Coffee-to-go-Becher und anderes Einweggeschirr, die in öffentlichen Mülltonnen landen, oder Zigarettenkippen, die von der Straße gefegt werden müssen.

Auch hier werden die Details erst in einer Verordnung geregelt. Zunächst soll bis August gemeinsam mit dem Verband Kommunaler Unternehmen der Anteil solcher Produkte am betreffenden Abfall ermittelt werden, sagte Schulze. Auf dieser Grundlage können Kommunen dann Gebührenbescheide erstellen. „Das Ziel ist klar“, sagte Schulze. „Wir wollen eine saubere Umwelt, in der weder Müll noch giftige Kippen rumliegen.“

Beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) stieß das Gesetz auf eine gemischte Reaktion. Die Vorgaben für die öffentliche Beschaffung seien „begrüßenswert“, sagte der Verband. Allerdings fehlten „konkrete Zielvorgaben und Maßnahmen zur Abfallvermeidung“. Die Deutsche Umwelthilfe bewertete das Gesetz als Wortbruch der Ministerin, weil die Zerstörung von Retouren damit nicht verhindert werde.

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