Geschichte der Europäischen Union: Von der Solidarität zum Markt
Die Römischen Verträge waren der Grundstein der heutigen EU. Doch die Gemeinschaft hat sich anders entwickelt als geplant.
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Deutschland wollte einen großen Markt, Frankreich forderte eine gemeinsame Anstrengung zur Förderung der Atomkraft, die damals als Zukunftsmodell galt. Wie heute noch üblich kam ein Kompromiss: Der Markt sollte kommen, aber nur schrittweise, mit einem speziellen Schutz für die (französischen) Landwirte.
Daraus entstand die gemeinsame Agrarpolitik, die immer noch für Streit sorgt. Weniger kontrovers war die Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom). Von 1965 bis 2009 war sie neben der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der ebenfalls in Rom gegründeten Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) eine der Europäischen Gemeinschaften.
Die Römischen Verträge traten am 1. Januar 1958 in Kraft. Während Euratom bis heute praktisch unverändert weiter existiert, wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft die Keimzelle für die heutige EU. Ihr Ziel war die Schaffung eines gemeinsamen Marktes mit einem freien Waren- und Personenverkehr in Europa. Vorgesehen war auch bereits eine Währungsunion, die Jahrzehnte später Realität wurde.
EU sorgt mehr für Wettbewerb als für Zusammenhalt
Das neue Gebilde, an dem neben Deutschland und Frankreich auch die Beneluxstaaten und Italien teilnahmen, entsprach kaum noch den Vorstellungen der europäischen Gründerväter. So hatte Altiero Spinelli, ein italienischer Widerstandskämpfer gegen die Nazibesatzung, von einer europäischen Föderation geträumt. Dieser Traum ist von der Realisierung weiter entfernt denn je.
Auch Robert Schuman wurde nicht erhört. Im Mai 1950 hatte der damalige französische Außenminister gefordert, eine „Solidarität der Tat“ zu schaffen – und keine große Gemeinschaft. Doch mit den Römischen Verträgen wurde genau diese Zusammenfassung besiegelt.
Die „Solidarität der Tat“ wich einer institutionalisierten, oft bürokratischen Zusammenarbeit. Aus der EWG wurde erst die EG und schließlich die heutige EU, die mehr für Wettbewerb sorgt als für Zusammenhalt. Mit den Ideen der europäischen Vordenker hat diese Union nicht mehr viel gemein.
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