Gerüchte um Papst-Rücktritt: Noch nicht ganz fertig
Die Gerüchte um einen Rücktritt von Papst Franziskus sind nicht das Entscheidende. Wichtiger ist, wie die Kirche mit Macht und Machtverteilung umgeht.
Die Tür zum Rücktritt steht offen. Das ist eine ganz normale Option“ sagte Papst Franziskus und befeuerte damit und mit seinem Besuch in L’Aquila, der Ernennung von 20 neuen Kardinälen sowie der Einberufung aller Kardinäle der Weltkirche nach Rom die Gerüchte um seinen Rücktritt. In der Amtszeit von Papst Franziskus ist nun die Mehrheit der Kardinäle durch ihn ernannt worden. Damit hat er ein indirektes Mittel, um eine Nachfolge in seinem Sinne sicherzustellen.
„Eine ganz normale Option“ sei der Rücktritt. Das ist eine Haltung, die wünschenswert und notwendig wäre für diese Kirche. Wer sich nicht mehr imstande fühlt, das Amt auszuführen, kann es niederlegen. Vielleicht ist dieser Papst aber für noch größere Überraschungen gut und nutzt die Einberufung der Kardinäle, um alle Amtsträger zukünftig ganz selbstverständlich ihr Amt niederlegen oder gar ablehnen zu lassen, so wie er selbst es auch gern getan hätte.
Oft steht Papst Franziskus zwischen den Fronten, möchte Kleriker nicht alleinig mitreden lassen und erklärt gleichzeitig den Forderungen nach Demokratisierung eine Absage. Entschlossene Reformen und eine entschiedene Haltung gegen Missbrauch haben sich viele erwartet und wurden enttäuscht. Vielleicht ist endlich ein ernst gemeintes Handeln in der Vorbereitung, und das Volk Gottes wird zukünftig in echter Synodalität auch in Entscheidungen einbezogen.
Papst Franziskus, der mit vielen wichtigen Impulsen Veränderungen angestoßen hat, konnte bislang die grundlegenden und so wichtigen Veränderungen nicht voranbringen. In einem System, so starr wie die katholische Kirche, würde kein Wechsel an der Spitze alleine die Veränderungen bringen. Viel relevanter als die Spekulation um den möglichen Rücktritt ist doch die Frage, wie diese Kirche mit Macht, Verantwortung und Machtabgabe umgehen könnte. Und Papst Franziskus könnte auch ohne Rücktritt der Papst der großen Überraschungen werden, den wir uns gewünscht haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
Überraschende Wende in Syrien
Stunde null in Aleppo