Gerüchte um Bundestrainerin: Ein Kommunikationsdesaster
DFB und Martina Voss-Tecklenburg fehlt es an Professionalität – das geht auf Kosten der Spielerinnen.
D as war das i-Tüpfelchen auf der Ansammlung von Nachrichten rund um Martina Voss-Tecklenburg, dass die frühere Bundestrainerin Tina Theune den Lebenswerk-Preis des DFB bekommt. Theune ist die erste Frau, die diese Auszeichnung erhält. Sie gewann als Bundestrainerin der Frauen drei Europameisterschaften und den ersten WM-Titel 2003.
Theune ist aber auch diejenige, die die Spielerin Martina Voss einst aus dem Kader warf, nachdem diese sich ihr in einem Coming-out anvertraute, ihre damalige Partnerin Inka Grings habe eine Affäre.
Was Voss-Tecklenburg selbst durch die Diskriminierung seitens des DFB damals empfunden hat, wurde dieses Jahr am besten in einer Doku nachfühlbar. Ihr heutiger Ehemann Hermann Tecklenburg erzählte 2019 in einem Interview mit Springer, er habe für die Aussprache zwischen seiner Frau und Theune gesorgt, und auch im aktuellen Konflikt spielt der Ehemann eine unklare Rolle.
Denn die Lage spitzt sich weiter zu: Während der DFB seine Schutzfunktion betonte und damit sein Schweigen erklärte, spekulierten mehrere Medien über Voss-Tecklenburgs Erkrankung; und gleichzeitig rückt Hermann Tecklenburg immer stärker in den Fokus. Der Mann ist angeklagt: Ihm und weiteren Verantwortlichen des SV Straelen wird vorgeworfen, mehrere Jahre lang Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt zu haben, es geht um 860.000 Euro.
Die Spielerinnen brauchen eine zukunftsfähige Lösung
Das ist juristisch brisant. DFB und Voss-Tecklenburg kommunizieren nach ihren Vorträgen während des Urlaubs nach Krankschreibung sowieso nur noch über ihre anwaltliche Vertretung. Ebenjener DFB verlängerte vor der WM ohne Not den Vertrag der Bundestrainerin, es droht also Streit um eine Abfindung. Verband und Trainerin hinterlassen einen, gelinde gesagt, unprofessionellen Eindruck.
Und die Spielerinnen? Sie sagen seit Wochen, der Verband entscheide sowieso, wie er wolle. Wie oft das gesagt wurde, fällt auf. Aber es gehört auch zu diesem Kommunikationsdesaster, dass genau das unterzugehen scheint. Die Spielerinnen mögen gerade mit Interimstrainer Horst Hrubesch und umsortiertem Staff zufrieden sein, brauchen aber eine langfristige und zukunftsfähige Lösung, das war trotz Ergebnis auch gegen Wales offensichtlich. Zudem gibt es nach dem Rücktritt von Birgit Prinz keine Teampsychologin mehr und sowieso niemanden auf dem neu geschaffenen Direktionsposten.
Olympia 2024 rückt näher: Wales war nur der erste Schritt. Und so verrinnt angesichts der Größe der Baustellen wertvolle Zeit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen