Gerichtsurteil zur Grundsteuer: Eine neue Berechnung ist notwendig
Das Bundesverfassungsgericht erklärt die Berechnungsgrundlage der Steuer für verfassungswidrig. Bis Ende 2019 muss die Regierung sie reformieren.
Das Bundesverfassungsgericht entschied über drei Vorlagen des Bundesfinanzhofs und zwei Verfassungsbeschwerden, die sich alle gegen die Besteuerung von Grundstücken auf der Basis der Jahrzehnte alten Einheitswerte im Westen richteten. Nicht geprüft hat das Gericht die Bewertung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und die Bewertung in den neuen Bundesländern. Dort gelten besondere Regeln, die verfassungsrechtlich gesondert überprüft werden müssten. Es sei aber nicht ausgeschlossen, die Maßstäbe der Entscheidung zu übertragen, entschied das Gericht.
Die gesetzte Frist erscheine dem Senat angemessen, „weil die verfassungsrechtliche Problematik der grundsteuerlichen Einheitswerte seit Langem bekannt ist … und schon ausformulierte Novellierungsentwürfe zum Gesetz vorliegen“, sagte der Vorsitzende des Ersten Senats, Ferdinand Kirchhof. Die Verfassungsrichter halten die Einheitswerte – also die Werte für jedes Grundstück (für jede Einheit) – spätestens seit dem Jahr 2002 für verfassungswidrig, weil die Ungleichgewichte seit 1964 ständig zugenommen haben. „Grundstücke in Citylagen oder in bevorzugten Wohnlagen besitzen heute angesichts rasant steigender Immobilienpreise viel höhere Verkehrswerte als Grundstücke in Randlagen“, sagte Kirchhof.
Das Bewertungsgesetz sieht vor, dass alle Grundstücke im Abstand von sechs Jahren neu bewertet werden sollen. Das ist aber seit der letzten Hauptfeststellung von 1964 nie mehr geschehen. Der Gesetzgeber hatte das mit dem großen Aufwand begründet.
Insgesamt wird in Deutschland für mehr als 35 Millionen Grundstücke Grundsteuer erhoben. Sie steht den Kommunen zu und bringt aktuell etwa 14 Milliarden Euro im Jahr ein.
Eine Neuregelung der Grundsteuer ist seit Langem geplant, blieb vor der letzten Bundestagswahl jedoch liegen. Die große Koalition hat eine Reform vereinbart. Es gibt mehrere Modelle mit unterschiedlich großem Aufwand bei der Neufestsetzung. Eine Reform könnte je nach Art von Grundstück und Immobilie zu deutlichen Veränderungen der Steuerlast führen. Insgesamt soll das Aufkommen den Plänen zufolge aber ähnlich bleiben.
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