Gerichtsurteil zu Tesla: Elon Musk bangt um Aktienpaket
Bald „ärmer“ als Jeff Bezos? Eine US-Richterin torpediert den Vergütungsplan des Tech-Milliardärs Elon Musk bei seinem E-Autobauer Tesla.
Eine Richterin im US-Bundesstaat Delaware befand nun aber, dass Musk bei Vereinbarung des Plans zu viel Einfluss im Hintergrund gehabt habe, als dass man von einem fairen Verfahren sprechen könne.
Richterin Kathaleen McCormick gab in dem Prozess deshalb dem Kläger recht, der die Vereinbarung mit Musk annullieren will. Wie es nun weitergeht, ließ sie am Dienstag offen. Sie wies den Kläger und Tesla an, eine Lösung auszuarbeiten.
Die Richterin schränkte zwar ein, eine Aufhebung des Mega-Deals folge nicht automatisch aus der Feststellung, dass die Vereinbarung unter unfairen Umständen entstanden sei. Eine Annullierung sei jedoch die in Delaware bevorzugte Lösung. „Der Kläger hat ein Anrecht auf die Annullierung“, schrieb sie.
„Ärmer“ als Amazon-Gründer Jeff Bezos
Musk bekam die Aktienoptionen zwar gemäß dem Plan zugeteilt, konnte sie wegen des Rechtsstreits aber noch nicht einlösen. Der Finanzdienst Bloomberg führte ihn am Dienstag in seiner Milliardärs-Rangliste auf Platz eins mit einem geschätzten Vermögen von 205 Milliarden Dollar. In solchen Schätzung wird das Paket mitberücksichtigt. Ohne die 56 Milliarden Dollar läge er hinter dem Chef des Luxus-Konzerns LVMH, Bernard Arnault, und Amazon-Gründer Jeff Bezos.
Nach dem Plan von 2018 konnte Musk in zwölf Schritten Aktienoptionen mit einem maximalen Wert von damals bis zu 55,8 Milliarden Dollar (51,46 Mrd Euro) bekommen, wenn Börsenwert und Geschäftszahlen von Tesla mit bestimmten Mindestwerten wachsen.
Die Richterin entschied, dass Teslas Aktionäre nicht korrekt über das Verfahren informiert worden seien, in dem das Riesen-Paket ausgehandelt wurde. So habe Musk enge Verbindungen mit einigen Personen gehabt, die auf Teslas Seite an den Verhandlungen beteiligt waren.
Der Elektroauto-Hersteller und Musk können noch in Berufung gehen. Musk äußerte sich zunächst nicht dazu. Er fing aber an, den Boden für eine Verlegung des Sitzes von Tesla von Delaware nach Texas vorzubereiten. Auf seiner Online-Plattform X (ehemals Twitter) schrieb er erst, Unternehmen sollten sich lieber in Nevada oder Texas ansiedeln, „wenn sie wollen, dass Aktionäre über Dinge entscheiden“.
Dann startete er bei X eine Umfrage, ob der rechtliche Firmensitz von Tesla zum Hauptquartier in Texas verlegt werden sollte. Nach wenigen Stunden lag die Zustimmung bei 90 Prozent – und Musk nutzte solche Umfragen schon mehrfach als Begründung für seine Entscheidungen.
Die Zielmarken der Vereinbarung schienen 2018 extrem steil. Vor allem war eine Voraussetzung, dass Teslas Börsenwert von etwa 50 Milliarden Dollar auf rund 650 Milliarden Dollar steigt. Doch die Euphorie der Anleger wegen des Erfolgs der Kompaktwagen Model 3 und Model Y machte es möglich: In der Spitze war Tesla mehr als eine Billion Dollar wert. Inzwischen schwächte sich das Absatzwachstum ab – und auch der Börsenwert lag am Dienstag bei 610 Milliarden Dollar.
Viele Fragen sind noch offen
Die Richterin warf in ihrem rund 200-seitigen Urteil mehrere Fragen auf. Hatte es ernsthafte Verhandlungen zwischen Musk und Tesla über das Ausmaß der Vergütung gegeben? Denn schließlich sollte der Verwaltungsrat den Interessen der Aktionäre verpflichtet sein.
Und war es überhaupt nötig, Musk so viel zu bieten, damit er mehr Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens hat? Letzteres nannte McCormick „die 55,8-Milliarden-Dollar-Frage“, die der Tesla-Verwaltungsrat sich nie gefragt habe, vielleicht wegen Musks „Superstar-Anziehungskraft“.
Durch die Vereinbarung sollte seine Tesla-Beteiligung auf bis zu 28,3 Prozent stiegen. Dabei habe dem Tesla-Chef zu diesem Zeitpunkt bereits ein Anteil von 21,9 Prozent an Tesla gehört, gab die Richterin zu bedenken. Schon damit hätten die angepeilten Kurssteigerungen sein Vermögen wachsen lassen, betonte sie. Außerdem habe er keine Absichten gezeigt, Tesla zu verlassen.
Mit der Unabhängigkeit der Tesla-Verhandlungsführer sah es aus Sicht von McCormick nicht besser aus. Unter anderem verwies sie auf Chefjustiziar Todd Maron, „der Musks ehemaliger Scheidungsanwalt war und dessen Bewunderung für Musk ihn während der Befragung zu Tränen rührte“.
Auch andere Mitglieder des Verwaltungsrates seien eng mit Musk verbunden gewesen – und er habe selbst den Aktienplan vorgeschlagen und das Tempo der Gespräche bestimmt. Die Richterin hob besonders hervor, dass Musk im Verfahren sagte, er habe „gegen sich selber verhandelt.“
Musks aktuelle Beteiligung an Tesla liegt bei etwa 13 Prozent – er hatte in großem Stil Aktien verkauft, um 2022 Twitter für rund 44 Milliarden Dollar zu kaufen. Er sagte jüngst, dass er erst die Kontrolle über ein Viertel der Stimmrechte wolle, bevor er Tesla tiefer ins Geschäft mit Künstlicher Intelligenz und Robotern bringt.
In Delaware haben wegen der günstigen Steuerregeln zahlreiche US-Unternehmen ihren Sitz. McCormick war auch die Richterin im Rechtsstreit zwischen Twitter und Musk, der aus der Kaufvereinbarung aussteigen wollte. Kurz vor Prozessbeginn gab Musk jedoch klein bei und schloss die Twitter-Übernahme ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern