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Geplatztes Aquarium in Berlin„Wie ein Erdbeben“

Aus noch ungeklärter Ursache ist ein Riesenaquarium in einem Hotel geplatzt. Die rund 350 Personen im Hotel wurden evakuiert. Es gibt zwei Verletzte.

Ruppiges Ende einer Nacht: Gäste verlassen das Hotel am Freitagmorgen Foto: reuters

Berlin taz | Die Irrititation über das abrupte Ende dieser Nacht steht ihr noch ins Gesicht geschrieben. Sie sei gegen Viertel vor sechs von einer lauten Erschütterung geweckt worden, berichtet die Frau, die jetzt mit ihrem Rollkoffer vor dem Radisson-Hotel in Mitte steht. „Ich dachte erst an ein Erdbeben, bin dann aber wieder eingeschlafen.“ Als sie erneut aufwachte, hätten jede Menge Feuerwehr- und Polizeiwagen vor dem Hotel gestanden.

Nach Angaben der Berliner Feuerwehr ist am Freitagmorgen ein Großaquarium im Sea Life nahe dem Berliner Dom geplatzt. Dabei seien zwei Menschen verletzt worden, wie ein Sprecher erklärte. Die Verletzten wurden in ein Krankenhaus gebracht. Unklar blieb zunächst, ob es sich um Angestellte des Hotels, in dem sich das Aquarium befand, handelte oder um Hotelgäste.

Auch andere Gäste des Hotels berichten übereinstimmend von einem explosionsähnlichen Knall. Dieser sei zwischen 5.30 Uhr und 5.45 Uhr erfolgt. „Wir haben uns richtig erschrocken“, sagte eine junge Frau, die erst am Donnerstagabend angereist war, der Deutschen Presse-Agentur. Es habe zunächst keine Informationen vom Hotel gegeben, schilderten mehrere Gäste übereinstimmend. Die Rezeption sei über das Festnetz nicht erreichbar gewesen. „Nach 8 Uhr kam dann die Info, dass wir rausmüssen“, sagte die junge Frau.

Bei der Feuerwehr ging um 5.43 Uhr der Alarm eines automatischen Feuermelders in dem Hotel ein. Die Polizei sprach von einem sehr lauten Geräusch oder einem Knall, der zu hören war. Teile der Fassade des Hotels seien auf die Straße geflogen. Große Mengen Wasser liefen bis auf die Straße. Polizei und Feuerwehr sind seit dem Morgen mit jeweils etwa 100 Leuten im Einsatz.

Nach Angaben der Feuerwehr lief ein großer Teil des Wasser wohl durch die Türen im Erdgeschoss auf die Straße und dort in die Gullys. In den Kellergeschossen habe man nicht viel Wasser gefunden. Das zerstörte Erdgeschoss wurde mit Rettungshunden nach Menschen abgesucht.

Ein Instagram-Foto zeigt das zerstörte Aquarium Foto: dpa

Über die Ursache des Unfalls ist nach Angaben von Feuerwehr und Polizei bisher nichts bekannt. Für einen gezielten, gewaltsamen Anschlag gibt es laut Polizei bislang keinerlei Hinweise. „Im Moment überhaupt nicht“, antwortete ein Polizeisprecher am Freitagmorgen auf eine entsprechende Frage.

Nach Angaben der Feuerwehr wurde der Riesenbehälter mit einer Million Liter Wasser sehr schnell zerstört. „Wenn das Aquarium defekt ist, dann platzt das schlagartig“, sagte ein Feuerwehrsprecher. „Das ist nicht ein kleiner Riss, aus dem das Wasser austritt, sondern das komplette Aquarium ist schlagartig geplatzt.“ Alle rund 1.500 Fische, die dort lebten, seien nun nicht mehr im Wasser.

Eine Politikerin, die in dem Hotel übernachtete, berichtete, innen im Hotel sei alles zerstört, überall lägen tote Fische herum. „Das ist ein großes Desaster für die Fische und das Hotel.“

„Man hat gesehen, dass das ganze Ding auseinandergebrochen ist“, sagte ein junger Hotelgast. Ein Mann schilderte, er habe das Hotel um 6 Uhr zum Rauchen verlassen. „Ich hatte da schon gesehen, dass das schöne Aquarium weg war“, berichtete er. Vor dem Hotel sei Polizei gewesen. Er habe nicht mehr zurück ins Haus gedurft, in dem seine Frau noch gewesen sei. Es habe aber keinen Alarm gegeben. Am Donnerstagabend habe er noch beobachtet, wie zwei Taucher das Aquarium geputzt hätten. „Das war super interessant. Da habe ich noch Fotos gemacht.“

Die Gäste berichteten von großer Verwüstung in dem Hotel. Karin Wicki und Sandra Hoffmann aus der Schweiz schilderten: „Es ist alles zerstört im Innenraum. Da liegen tote Fische. Die ganzen Möbel sind zerstört. Die Scheiben sind zerstört. Überall Scherben.“ Sie seien erst kurz vor 9.00 Uhr informiert worden, dass sie das Hotel verlassen müssten.

Der sogenannte Aquadom im Sea Life war nach Angaben der Betreiber im Internet das „größte, zylindrische frei stehende Aquarium der Welt“, eine vielen Tou­ris­t*in­nen bekannte Attraktion in Berlin. Es war ein Behälter aus Acrylglas, 16 Meter hoch und mit einem Durchmesser von 11,5 Metern. Gäste konnten in einem Aufzug durch das Innere des Aquariums hindurchfahren.

Eine Million Liter Salzwasser

Das Aquarium war laut Betreiber mit einer Million Liter Salzwasser gefüllt, das entspricht 1.000 Kubikmeter Wasser mit einem Gewicht von 1.000 Tonnen. Es sei erst im Sommer 2020 umfassend modernisiert worden.

Wenige Stunden nach dem Unfall wird das Hotel schließlich geräumt. Wegen der schweren Beschädigungen müssen auch die Gäste das Gebäude verlassen, hieß es von der Berliner Feuerwehr. Rund 350 Personen hätten sich noch in dem Hotel befunden. (mit dpa)

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12 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Unsinniger Tod in einem vom Menschen geschaffenen unnatürlichen Lebensraum. Wirklich leid tun mir nur die Fische. Aquarien sind ebenso wie Delfinarien, Tierquälerei und sollten verboten werden

    • @Naturfreund :

      Leid tun mir auch die verletzten Menschen. Ich hoffe, sie können vollständig genesen! Und ja, Tierquälerei und Einsperren in Form von Zoos und Aquarien/Delfinarien sollte verboten/überwunden werden.

      • @Uranus:

        "Um es mit Romain Rolland (1866-1944, französischer Dichter) auf den Punkt zu bringen: „Die Grausamkeit gegen die Tiere und auch schon die Teilnahmslosigkeit gegenüber ihrem Leiden ist meiner Ansicht nach eine der schwersten Sünden des Menschengeschlechts. Sie ist die Grundlage der menschlichen Verderbtheit. Wenn der Mensch so viel Leiden schafft, welches Recht hat er dann, sich zu beklagen, wenn auch er selbst leidet?“

        • @Struppo:

          Jein. Wissen Sie, inwieweit die verletzten Menschen für das Auqarium und dessen Platzen verantwortlich waren?



          Ich finde folgenden Grundsatz/Slogan gut: Animal AND Human Liberation. Zusammendenken und -handeln nicht gegeneinander.

          • @Uranus:

            Wer braucht so eine perverse und dekadente Konstruktion ?... und derer gibt es weltweit unzählige. Die Gier nach Sensationen zieht die Massen an, wobei sich allerdings nur wenige einen Schlafplatz in so einem Hotel leisten können. Niemand rechnet natürlich, dass so ein Aquarium aus den Nähten platzt. Aber die wenigsten rechnen beim Autofahren damit, dass sie einen Unfall haben könnten. Dieses Unglück, so schrieb ich schon, ist ein großes Desaster für unseren perversen Lebensstil. Und weil wir es mit Tieren zu tun haben und Sie schreiben mal so salopp...“Animal AND Human Liberation. Zusammendenken und -handeln nicht gegeneinander“... dann denken Sie mal angesichts dieser Faktenlage darüber nach:



            Insgesamt werden in den dt.Schlachtbetrieben jährlich 57,6 Millionen Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde sowie 670,1 Millionen Hühner, Puten und Enten geschlachtet. Geschätzt wird pro Jahr eine Schlachtung von etwa 72 Milliarden Landtieren und 1,2 Billionen Meerestieren weltweit.



            Etwa 3 Millionen Kinder unter fünf Jahren sterben jedes Jahr an Mangel- und Unterernährung, das bedeutet, dass etwa alle zehn Sekunden ein Kind verhungert...



            Die meisten der 350 Hotelgäste und Angestellten sind nochmal mit dem Schrecken davongekommen. Die meisten Fischlein leider nicht. Ich wehre mich gegen jedes scheinheilige, unaufrichtige und heuchlerische Empfinden!

  • „Das ist ein großes Desaster für die Fische und das Hotel.“

    So schöne Sätze schaffen auch nur Politiker.

    • @Der dreckich Katz:

      „Das ist ein großes Desaster für die Fische und das Hotel.“...Nein! Es ist ein großes Desaster für unseren perversen Lebensstil.

    • @Der dreckich Katz:

      Ich mocht auch



      "Alle rund 1.500 Fische, die dort lebten, seien nun nicht mehr im Wasser."

      • @Leotse:

        Oder der Klassiker direkt zu Beginn: Statt des Hotels wurden auch noch die armen Gäste evakuiert

  • Was für ein größenwahnsinniger Irrsinn - dieses Aquarium

  • Dekadenz fordert seinen Preis. Je länger wir in den 20'ern leben, desto mehr habe ich das Gefühl, dass das Tryptichon von Dix ein zeitgenössisches Gemälde ist

    • @zio pipo:

      "Dekadenz fordert seinen Preis. "

      Nur leider nicht von den Dekadenten.