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Geplante Steinigung HomosexuellerBruneis Sultan im Shitstorm

Die Verschärfung der Scharia-Gesetzgebung im Ölsultanat wird international heftig kritisiert. George Clooney fordert zum Boykott auf.

George Clooney ruft zum Boykott auf: ein Hotel des Sultans von Brunei in Los Angeles Foto: reuters

BERLIN taz | Vor der für diesen Mittwoch angekündigten Verschärfung der Scharia im südostasiatischen Ölsultanat Brunei nimmt die Kritik an der geplanten Steinigung für gleichgeschlechtlichen Sex wie für Ehebruch weiter zu. Die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet sagte am Montag in Genf: „Ich rufe [Bruneis] Regierung auf, die drakonischen Strafen nicht in Kraft zu setzen.“ Sie wären ein „schwerer Rückschritt für die Menschheit“. Keine auf Religion fußende Gesetzgebung dürfe die Menschenrechte verletzen.

Bei einer Verurteilung wegen Diebstahls soll Tätern künftig auch die Amputation der rechten Hand, bei Wiederholung auch des linken Beins drohen. Die Gesetzesänderung wurde schon Ende 2018 auf der Webseite von Bruneis Generalstaatsanwalt angekündigt, aber erst letzte Woche bekannt. Seitdem hagelt es weltweit Proteste.

So rufen der US-Schauspieler George Clooney und der britische Musiker Elton John dazu auf, neun Luxushotels in den USA, England, Frankreich und Italien zu boykottieren, die Bruneis Staatsfonds gehören wie etwa das Beverly Hills Hotel in Los Angeles oder das The Dorchester in London .

Im Kleinstaat Brunei Darussalam („Heimat des Friedens“), so der offizielle Name des Landes, leben knapp 500.000 Einwohner und Arbeitsmigranten. Das Sultanat im Nordwesten der Insel Borneo ist so groß wie Zypern und wird von Sultan Hassanal Bolkiah fast absolutistisch regiert. Er ist zugleich Staatsoberhaupt, Premier-, Außen-, Verteidigungs-, Wirtschafts- und Finanzminister sowie religiöses Oberhaupt. 80 Prozent der Bevölkerung sind Muslime.

Früherer Playboy verschärft jetzt die Scharia

Der 72-Jährige amtiert seit 1967, hat mit drei Frauen zwölf Kinder und ist wegen der Ölvorkommen des Landes einer der reichsten Männer der Welt. Der frühere Playboy lebt in einem 1.700-Zimmer-Palast und besitzt mehr als hundert Ferraris. Sein obszöner Luxus kann in Brunei, das immerhin ein kostenloses Bildungs- und Gesundheitssystem hat, nur unter der Hand kritisiert werden.

Beobachter sehen die Gesetzesverschärfung als Nachgeben auf den Druck islamistischer Kräfte. In Reaktion auf einen taz-Onlinetext zum Thema vergangene Woche erklärten Leser Hassanal Bolkiahs Namen zu seinem Programm und nannten ihn „Hass anal“.

Schon bisher wurde homosexueller Geschlechtsverkehr in Brunei mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft, was wie die Todesstrafe noch auf die britische Kolonialzeit zurückgeht. Die endete erst 1984.

Die jetzige Gesetzesverschärfung war eigentlich schon 2014 vorgesehen, doch gab es damals einen internationalen Aufschrei inklusive Aufrufe zum Boykott des Beverly Hills Hotels. Das überraschte den Sultan.

Banken und Unternehmer an den Pranger

Mit jedem Besuch der Luxushotels, die Brunei gehörten, würde man dazu beitragen, die Ermordung Unschuldiger zu finanzieren, erklärte George Clooney (57). Man könne mörderische Regime kaum ändern, aber Banken und Unternehmer an den Pranger stellen, die mit ihnen Geschäfte machten.

Der 72-jährige Elton John sagte jetzt, es tue ihm zwar leid für die Mitarbeiter der Hotels. Aber es sei wichtig, ein Zeichen zu setzen, dass solch eine Behandlung Homosexueller inakzeptabel sein.

Auch die deutsche Bundesregierung, die den Sultan 1998 noch mit dem Bundesverdienstkreuz auszeichnete, kritisierte seine Politik jetzt. „Eine Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ist vollkommen inakzeptabel,“ erklärte das Auswärtige Amt gegenüber dem epd.

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10 Kommentare

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  • Raten Sie mal, ob Brunei zu den Unterzeichnerstaaten der Menschenrechtscharta gehört.

  • "George Clooney fordert zum Boykott auf."

    Jupp.... werde ich berücksichtigen bevor ich mal wieder auf Reisen in ein Luxushotel absteige, bei dem der Sultan von Brunei möglicherweise Anteile hält.......

    Völlig egal was irgendwelche publicitysüchtigen Hollywoodstars tun oder nicht tun; es geht um folgendes: Todesstrafe.

    Brunei hat nicht nur beschlossen sie wieder einzuführen, sondern auch noch diese durch Folter zu verstärken und dieses ganze Spektakel öffentlich zu machen. Steinigung! Der Gipfel der Barberei! Und es ist abzusehen, daß diese Strafe hauptsächlich keine Schwerverbrecher treffen wird; sondern Menschen, die einfach ihr Leben leben wollten; mag sein, daß die Opfer Ehebrecher oder Homosexuell sind - who cares? Gott verdammt nochmal!

    Und es ist ein absolutes Armutszeugnis für die oft beschworene Zivilgesellschaft, daß Promis wie Clooney und John zu eine Art zarghaften Boycott aufrufen; sollte sich doch aktuell jede einzelne Botschaft Bruneis mit wütenden und nur allzu berechtigten Protesten konfrontiert sehen.

    Aber wehe Trump twittert morgen etwas, daß man irgendwie als "homopob", "islamophob" oder weiß der Geier als was interpretieren könnte: dann ist die "tapfere" und "tolerante" "Community" zu zehntausenden auf der Straße.

    • @Der Mann, der unter einem Stein hervorkroch:

      [...]



      Jedesmal, wenn gegen Homophobie protestiert wird, ist es gut für die Menschheit, egal von wem oder wie. Wenn Trump homophob agiert, gehen US-Amerikaner auf die Strasse, wenn es der Sultan tut, melden sich dafür Staatsoberhäupter und Promis. Nichts davon ist falsch oder fälscher. Es gibt nur Leute wie dich, die, anstatt selber Proteste zu initiieren, in ihrer Muppet-Loge sitzen und andere abschätzig kommentieren. Wie nervig.

      Kommentar gekürzt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Moderation

  • Ob dem Sultan der Boykott viel ausmacht, ist eine andere Frage.



    Ich habe damals, als Trump an die Macht kam, mir mal angeschaut, welche Hotels der besitzt, eben um zu wissen, wo man nicht mehr hingeht. Waren sowieso viele Nichtraucherhotels drunter, insofern kein Verlust.



    Nur:



    Diese Luxus-Hotels werden oftmals als Abschreibungsobjeke gekauft, ist mir bei der Recherche klar geworden. Zum einen stehen sie an exklusiven Plätzen in sauteuren Städten. Das eignet sich schon mal zum Spekulieren. Werden die Preise da attraktiv zum Verkaufen, kann eine Hotelkette z.B. die Immobilie verkaufen, aber das Hotel weiter betreiben. Wenn die damit gar keinen Gewinn machen will, sondern insofern Verluste, als es sich für die Anleger lohnt, damit Steuern zu sparen (Manchmal eben trotz steigender Gewinne zukünftig, wenn der Grundstückspreis steigt).

    Je nachdem, wie das Geschäftsmodell aufgebaut ist, macht man bei einem Boykott noch Gewinn.

    (Ich geh' dennoch nicht in Trumps Hotels und werde in London weiterhin das Hyde Park nutzen, das ist Mandarin Oriental, irgendwas chinesisches, also was echtes marxistisches.)

  • "Keine auf Religion fußende Gesetzgebung dürfe die Menschenrechte verletzen."

    Darum ham die ja auch ihre eigenen Menschenrechte verabschiedet, die schariakonform sind.

    • @Cededa Trpimirović:

      Genau so ist es.

  • Hat der UN-Menschenrechtsrat eigentlich schon eine Resolution verabschiedet? Oder ist Brunei da unter den edlen Mitgliedern?

  • Das ist keine "Verschärfung der Scharia-Gesetzgebung", das ist Scharia pur!

  • Jetzt ein bisschen Aufregung aber später nimmt man dann doch das Geld.... Ist doch genauso mit Saudi-Arabien und Co.



    Einfach n paar Ölfässer mehr und unsere Werte fliegen gerne wieder aus dem Fenster...



    Das die Ideologie die dem islamistischem Terror zugrunde liegt ihren Ursprung gerade in den Ölmonarchien und von dort mit unserem Geld verbreitet wird, wird auch eigt nie erwähnt....

  • Mal unabhängig vom konkreten Anlass: Die Steinigung war schon vor über 2000 Jahren eine „beliebte“ Hinrichtungsart und wird, da sie Eingang in die Scharia fand, von Staaten wie Brunei immer noch praktiziert. Vielleicht sollten hierzulande einige besonders „engagierte“ Demonstranten denken, wenn sie wegen Steinewürfen zur Verantwortung gezogen werden und das überhaupt nicht verstehen!