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Geplante KinderlosigkeitIch will Bubatz statt Babys

Unsere Kolumnist_in hat keinen Kinderwunsch. Für viele ist das unbegreiflich. Statt Kinder und Karriere soll das entspannte Leben her.

Ein Leben mit Friends und Tüte Foto: Sigrid Olsson/imago images

S tändig werden Eltern und Menschen ohne Kinderwunsch gegeneinander ausgespielt, als seien die einen aufgrund einer einzigen Entscheidung besser als die anderen. Ich liebe meine Freun­d_in­nen und ihre Kinder, trotzdem will ich auf keinen Fall eigene. Für meine Freund_innen total verständlich, für viele andere Eltern scheinbar nicht. Für sie scheint es schockierend zu sein, dass ich ihr non-stop Gelaber über ihre Kinder uninteressant finde. Jedes Mal, wenn sie ihre Abhandlung mit einem „Das ist normal, oder?“ abschließen, denke ich: Digga, woher soll ich das wissen? Ich hatte noch nie Kinder, und normal ist sowieso keine Koordinate in meinem Wertesystem.

Als Lesbe ohne Kinderwunsch wird maus leicht in eine unangenehme Schublade gesteckt: Frauen mit Karrierewunsch. Dabei bin ich gar keine Frau, nur leider gebärfähig, auch wenn ich diese Körperfunktion sofort auf Kleinanzeigen verticken würde, wenn ich könnte. Oder an Menschen verschenken, die damit mehr anfangen können. Oder eintauschen gegen einen anderen Skill, zum Beispiel Laktose und Gluten verdauen können. Ja, ich würde lieber ohne Konsequenzen eine Pizza verputzen können als Babys zu werfen.

Keine Kinder zu wollen, kann viele Gründe haben. Ich verstehe Leute, die sagen, dass sie wegen Klimakrise, Kapitalismus und Nazis kein Bock mehr haben, Kinder auf die Welt zu setzen. Eigentlich wäre das ein gutes Druckmittel für die Politik: Reproduktionsstreik, bis sich endlich mal was ändert! Eine niedrige Babyrate könnte effektiv sein, nur sicherlich wären gerade Nazis die Streikbrecher_innen.

Sonstige häufig genannte Gründe, keine Kinder zu bekommen: Kein Geld, keine Zeit, keine Bezugsgruppe, zu krank. Was traurig ist, denn Kinder sollten nichts sein, was man sich „leisten“ können muss. Doch auf das größte Verständnis trifft das Prinzip Karriere statt Kinder. Es mag sein, dass manche gebärfähigen Personen ihre Freizeit lieber für noch mehr Lohnarbeit aufopfern als für Reproduktionsarbeit, andere schaffen mit Hilfe beides, doch es muss nicht immer um eine kapitalistisch-völkische Logik à la „Wenn schon kein menschliches Wachstum, dann wenigstens ein finanzielles für Babacountry Deutschland“ gehen.

Mein Grund, keine Kinder zu wollen, ist nicht so nobel. Ich will keine Kinder, ich will keine Karriere, ich will bis an mein Lebensende ausschlafen, feiern, unterwegs sein, Geld verprassen, schreiben, meine Freund_innen zu jeder Tages- und Nachtzeit treffen, zig Crushes haben und meine Ruhe. Ich will Bubatz statt Babys. Mir geht es nicht darum, meine Verantwortung aus der Kleinfamilie in die Wirtschaft zu verlagern, sondern sie abzugeben, zugunsten eines spaßigen Lifestyles, gefüttert mit dem Drive, sich in Richtung Utopie zu organisieren. Wenn ich die Welt in 30 Jahren noch miterlebe, will ich meinen Tag mit einer Tüte und meinen Friends in einer hoffentlich besseren Gesellschaft einläuten. Live. Love. Laugh.

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Hengameh Yaghoobifarah
Mitarbeiter_in
Hengameh Yaghoobifarah studierte Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik an der Uni Freiburg und in Linköping. Heute arbeitet Yaghoobifarah als Autor_in, Redakteur_in und Referent_in zu Queerness, Feminismus, Antirassismus, Popkultur und Medienästhetik.
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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Ja und? Warum muss das jetzt in die Welt herausposaunt werden?

  • Bin auf dich durch die harten Äußerungen über die Polizei aufmerksam geworden. Habe seitdem Altes und Neues von dir gelesen und heute nun dies. Tja, ganz ehrlich – gääääähn. Ein Leben kann doch nicht nur aus Verabscheuung anderer und deren Lebensauffassung bestehen. Hast du eigentlich irgendetwas in der letzten Zeit geschrieben, das versöhnlich gestimmt ist oder positiv? Was für eine Zeitverschwendung und dafür liebe taz-Redaktion soll ich Geld zahlen? Gerade nicht....

  • Sag ich doch: lieber reich und gesund als arm und krank. Und das Geld kommt aus dem Bankautomaten.

  • Der einzig legitime Grund ein Kind zu bekommen ist die Freude am eigenen Leben.



    Wilhelm Reich

    Jedes Kind hat ein Recht erwünscht zu sein.



    Pro Familia

    Ich sehe die bewusste Entscheidung gegen ein Kind als einen eigenverantwortlichen Schritt, der jeder Person zustehen muss.

  • Der letzte Absatz liest sich ein bisschen so wie „ich will ewig Teenie bleiben“.

    • @BlauerMond:

      Was sind „Teenies“ für Sie? Wollten Sie als Teenie stets ausschlafen, feiern, unterwegs sein, Geld verprassen, schreiben und zu jeder Tages- und Nachtzeit Freund_innen treffen? Glauben Sie wirklich, dass die meisten „Teenies“ in einer solchen Dystopie leben wollen? In einer Welt in der alle Begierden dem Geld und nicht dem Wissen gelten?

      Die Realität sieht zum Glück anders aus. In dieser gibt es zahlreiche unterschiedliche Vorstellungen von dem, was ein Kind oder ein Jugendlicher zu sein hat. Dementsprechend unterscheiden sich Kindheiten auch sehr stark voneinander. Ich denke, dass an dieser Stelle ein Blick in die Empirie besser ist, als den eigenen kulturellen Ideologien zu folgen. Der kapitalistische Geist, welcher in einer solchen Dystopie zum Vorschein tritt, hat Gott sei Dank noch nicht alle Menschen befallen.

  • Ich schon froh, dass meine Mutter sich solche Gedanken nicht gemacht hat. Und wie siehts mit euch aus Mädels?

  • Ach du heiliger Strohsack. May be. But.

    Wennse mal das pejorative Gepumpe gegen Kinder abstellen könnten - wie auch die peinlich suboptimale Kleinanzeige. Dann könnt ich ehna leichter zuhören.



    So aber - mit Verlaub - geht’s mir genauso auf den Senkel wie - mit vier kiddies - zwei Abtreibungen - einer Eileiterschwangerschaft & einer Totgeburt - einst das ewige Kindergelaber •

    kurz - Machens sich einfach mal n lütt beeten locker. Wollnichwoll.



    Wobei ich als lübscher Jung weiß -



    “Biste aus Kiiieeell - is da nich viiieell!;)“



    Volkers 👄



    & btw =>



    Hück - is Opa eh der Größte - wa - 😎 -



    & wg 🧑‍🎄🎅🏻



    Ohwie lacht - 😇 - na logo

    • @Lowandorder:

      Ich hatte mal einen Freund, der sprach so kryptisch wie Sie ... hab ihn grad einen Moment lang arg vermisst. Verstanden hab ich nicht wirklich viel, aber wenn Sie so reden, wie Sie schreiben, ich könnt' Ihnen wohl lange zuhören ;-)

  • das erste mal, dass ich der Autorin nahezu uneingeschränkt zustimmen kann...