piwik no script img

Geplante Angriffe auf GüterverkehrMutmaßliche Saboteure im Auftrag Russlands enttarnt

Die deutschen Behörden haben drei Männer festgenommen, die Sabotageakte geplant haben sollen. Grünen-Innenexperte von Notz mahnt zu Wachsamkeit.

Der hiesige Güterverkehr im Visier des russischen Geheimdienstes (Symbolfoto) Foto: Axel Heimken/dpa

Berlin taz | Die deutschen Behörden haben in den vergangenen Tagen drei Männer festgenommen, die als Saboteure im Auftrag Russlands Angriffe auf den hiesigen Güterverkehr geplant haben sollen. Laut Bundesanwaltschaft, die die Ermittlungen leitet, handelt es sich bei den Festgenommen um Vladyslav T., Daniil B. und Yevhen B. Alle drei sind ukrainische Staatsbürger, ihnen wird „Agententätigkeit zu Sabotagezwecken“ zur Last gelegt. Nach taz-Informationen spielte das Bundesamt für Verfassungsschutz eine wichtige Rolle bei der Enttarnung des Trios.

Auftraggeber sollen „russische staatliche Stellen“ gewesen sein. Genauere Informationen darüber, um welchen Nachrichtendienst es sich handelt, gibt es bislang nicht. Die drei Festgenommen sollen sich gegenüber den staatlichen Stellen in Moskau jedenfalls „spätestens Ende März“ bereit erklärt haben, die Sabotageakte umzusetzen, schreibt die Bundesanwaltschaft.

Welche Transportwege genau zum Ziel werden sollten, ist bislang nicht klar. Die Bundesanwaltschaft schreibt, die Festgenommenen wollten „arbeitsteilig von Deutschland aus an Empfänger in der Ukraine Pakete mit Spreng- oder Brandvorrichtungen versenden“, die dann auf dem Weg detonieren sollten. T. soll im März dieses Jahres bereits zwei ungefährliche Pakete mit GPS-Tracker versendet haben, um die Praxistauglichkeit des Plans zu testen und mögliche Ziele auszukundschaften. Der Auftrag dazu soll von Yevhen B. erteilt worden sein. Daniil B. soll als Mittelsmann für den Inhalt der Pakete gedient haben und diesen an T. übergeben haben.

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sprach am Mittwoch von einem „sehr ernsten Vorgang“. Es sei klar, „dass Russland mit allen Mitteln versucht, die westlichen Demokratien zu destabilisieren – auch mit gezielter Sabotage und perfiden geheimdienstlichen Methoden“. Diese Bedrohung hätten die deutschen Behörden fest im Blick.

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste, Konstantin von Notz (Grüne), sagte der taz, die neuen Festnahmen machten „erneut deutlich, wie aggressiv Moskau längst auch auf deutschem Boden agiert“. Und weiter: „Die russische Führung führt einen hybriden Krieg gegen die Verbündeten der Ukraine.“ Es sei deshalb „weiterhin von immenser Bedeutung, die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie sehr schnell zu erhöhen.“

Waren es „Wegwerf-Agenten“?

Westliche Geheimdienste gehen schon länger davon aus, dass Russland mit Sabotageakten, Cyber-Angriffen und Falschinformationskampagnen versucht, EU-Staaten zu destabilisieren. Hintergrund ist die westliche Unterstützung für die Ukraine seit dem Überfall Russlands auf das Land Anfang 2022.

Der Gütertransport war zudem schon früher Ziel der russischen Nachrichtendienste. Im Sommer 2024 waren an mehreren europäischen Flughäfen mit Sprengsätzen präparierte Pakete in Flammen aufgegangen: Im DHL-Logistikzentrum Leipzig, im britischen Birmingham und in der Nähe Warschaus in Polen. Nach den versuchten Anschlägen auf den Luftfrachtverkehr wurde der russische Geheimdienst GRU als Drahtzieher identifiziert. Auch hier soll bereits ein Ukrainer mitgewirkt haben, der von Russland für diese Aufgabe angeheuert worden sein soll.

Neben ausgebildeten Agenten setzen die russischen Geheimdienste bei ihren Tätigkeiten in Europa zuletzt verstärkt auf sogenannte „Wegwerf-Agenten“. Dabei handelt es sich um kurzfristig angeheuerte Personen ohne nachrichtendienstliche Ausbildung, die oft via Social Media dazu bewegt werden, simple Missionen zu übernehmen. Ob dies auch auf die drei jetzt festgenommen Ukrainer zutrifft, ist unklar.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Interessant wäre ja mal zu erfahren, warum ausgerechnet Ukrainer sich dafür hergeben. Geld? Doofheit?

  • Wie viele Beispiele braucht es noch um zu beweisen, dass wir längst im Krieg mit Russland sind. Nicht weil wir wollten. Nicht, weil wir Russland einen Grund gegeben haben. Sonden einfach weil in Russlands Führung ein Diktator ist, der seine imperialen Pläne verwirklichen möchte und unsere Demokratie als Schwäche sieht

  • Russland führt Krieg gegen Deutschland.



    Dafür braucht es keinen einzigen Taurus.



    Nicht: Deutschland wird Kriegspartei. Sondern: Deutschland wird zur Kriegspartei gemacht.



    So, wie Russland mit dem Abschluss von MH17 etliche niederländische Staatsbürger ermordet hat.



    Oder der Mord am Tiergarten, mitten in Berlin.



    Eigentlich gehört jetzt wenigstens eine ansehnliche Anzahl russischer "Diplomaten" zurück nach Moskau geschickt.



    Ich verlasse mich auf eine angemessene und entschlossene Reaktion der Bundesregierung.

    • @Carsten S.:

      Man könnte ja auch erstmal auf vollständige Sanktionierung achten und die "Diplomaten" mal auffällig überwachen.

  • "... mahnt zur Wachsamkeit." Jetzt erst? Pennen die alle oder was?