Geplante Änderung des Grundgesetzes: Kinderrechte als Hebel
Die FDP will den Schutz der „sexuellen Identität“ im Grundgesetz durchsetzen. Im Gegenzug sind sie zu einer Stärkung der Rechte von Kindern bereit.

FDP möchte die Stärkung von Kinderrechten im Grundgesetz sowie den Schutz der „sexuellen Identität“ Foto: Sandra Roesch/imago
KARLSRUHE taz | Die FDP ist nun doch bereit, Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz zu erwähnen. Die Stimmen der Liberalen werden für die geplante Grundgesetzänderung gebraucht. Als Gegenleistung fordert die FDP vor allem, den Schutz von Homosexuellen im Grundgesetz zu verankern.
Alle Grundrechte des Grundgesetzes gelten auch für Kinder. Die Große Koalition will dies jedoch ausdrücklich im Grundgesetz erwähnen. Einen entsprechenden Antrag auf Änderung des Grundgesetzes hat das Bundeskabinett am 20. Januar beschlossen.
Für die Verfassungsänderung sind Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat erforderlich. Die Große Koalition braucht deshalb im Bundestag die Zustimmung der FDP und im Bundesrat die Unterstützung von grün-mitregierten Ländern.
Bisher hielt die FDP die ausdrückliche Erwähnung von Kinderrechten im Grundgesetz für überflüssig. Nun wollen die Liberalen aber doch in Verhandlungen mit der Koalition eintreten, erklärten am Montag Katja Suding und Stephan Thomae, beide stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Vor allem die Aussicht auf Gegenleistungen lockt.
Die Liberalen wollen „wirklich etwas erreichen“
Die von der Koalition geplante „angemessene“ Berücksichtigung des Kindeswohls ist den Liberalen zu wenig. Sie fordern eine „besondere“ Berücksichtigung. Damit bleiben sie aber (wie die Koalition) hinter der seit 1992 ohnehin geltenden UN-Kinderrechtskonvention zurück, wonach Kinderrechte „vorrangig“ zu berücksichtigen sind.
„Viel, viel wichtiger“ ist Thomae ohnehin die Forderung nach einer Änderung von Artikel 3 des Grundgesetzes, in dem es um Gleichheit und Schutz vor Diskriminierung geht. Auch Suding betont, dass es einen Fraktionsauftrag für ein entsprechendes „Paket“ gebe.
Zum einen soll der Begriff „Rasse“ in Artikel 3 ersetzt werden, weil es keine Menschenrassen gebe. Auf eine Alternative haben sich die Liberalen aber noch nicht verständigt. „Es muss sichergestellt sein, dass bei einer anderen Formulierung der Schutz vor Diskriminierung nicht geringer ist“, gab Thomae zu bedenken.
Deshalb werden sich die Verhandlungen mit der Koalition wohl auf den Schutz der „sexuellen Identität“ konzentrieren. „Hier können wir wirklich etwas erreichen“, betonte der FDP-Rechtspolitiker. Als Vorlage dient ein gemeinsamer Antrag von FDP, Linken und Grünen aus dem September 2019. Danach soll die „sexuelle Identität“ in die Liste der Diskriminierungsverbote von Artikel 3 aufgenommen werden.
Der Begriff umfasse neben Hetero-, Homo- und Bisexualiät auch Asexualität, heißt es in dem Gesetzentwurf. Die Geschlechtsidentität ist dagegen im Grundgesetz bereits mit dem Merkmal „Geschlecht“ erfasst und geschützt.“
Die FDP-Forderung ist nicht aussichtslos. Bei einer ersten Lesung des Gesetzentwurfs im November 2019 sprach sich die SPD dafür aus und die CDU/CSU zeigte sich zumindest offen.
Bei den Kinderrechten sind auch die Grünen gesprächsbereit. Die Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter forderten bisher aber vor allem ein substanzielles Beteiligungsrecht für Kinder „entsprechend Alter und Reife“.
Leser*innenkommentare
DiMa
Alle beteiligten Parteien sollten sich was schämen. Das ist der Verfassung unwürdig. Alle genannten Änderungen sind vollkommen unnötig, da die jeweiligen Rechte bereist von der Verfassung geschützt werden.