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Geopolitische HerausforderungenWer soll das bezahlen?

Gastkommentar von Marc Saxer

Deutschland muss sich fit machen, um Trump und die geopolitischen Veränderungen verkraften zu können. Das kostet Geld. Viel Geld.

Wird den wirtschaftlichen Wettbewerb mit harten Bandagen führen: Donald Trump Foto: Alex Brandon/AP/dpa

D onald Trump erringt einen Erdrutschsieg. Am selben Tag zerbricht in Berlin die Ampel. Hinter beidem steht ein Zusammenprall von Weltbildern. Es ist kein Zufall, dass die Ampel am Streit über Bundesfinanzminister Christian Lindners wirtschaftsliberale Positionen zerbrach. Im Kern geht es um die Frage, wie Deutschland in einem veränderten geopolitischen Umfeld bestehen kann.

Die Lösungsansätze könnten kaum unterschiedlicher sein: Lindner setzt auf neoliberale Klassiker wie Steuererleichterungen, Entbürokratisierung und Schuldenbremse. Scholz hingegen verfolgt, was der Wirtschaftswissenschaftler Tom Krebs als „ökonomischen Realismus“ bezeichnet – das Eingeständnis, dass marktliberale Rezepte in einer Welt, die vom geoökonomischen Wettbewerb erschüttert wird, nicht mehr funktionieren können.

Nach der russischen Invasion in die Ukraine haben sich Europa und Russland wirtschaftlich voneinander entkoppelt. Eine vollständige Entkopplung der westlichen Welt von China ist wegen der hohen Verflechtung nicht möglich. Dennoch setzt die Regierung unter Joe Biden auf Exportkontrollen, Investitionsbeschränkungen und subventionsgetriebene Industriepolitik, während China mit eigenen Subventionen und staatlicher Kontrolle technologische Dominanz anstrebt.

Die Überkapazitäten, die China zu Dumpingpreisen exportiert, zwingen weltweit Industrien in die Knie. Dieser scharfe geopolitische Wettbewerb erhöht den Druck auf Verbündete und Partner, Investitionsentscheidungen aus geopolitischer Perspektive zu treffen. Am Ende könnten konkurrierende Wirtschaftsblöcke entstehen. Die Globalisierung hat ihren Höhepunkt überschritten. In diesem Umfeld übernimmt Donald Trump das Ruder im Weißen Haus.

Marc Saxer

ist Autor und Mitglied der SPD Grundwertekommission. Sei Buch „Transformativer Realismus. Zur Überwindung der Systemkrise“ ist 2021 erschienen.

Neuwahlen sind der richtige Weg

Er wird den wirtschaftlichen Wettbewerb mit harten Bandagen führen – mit China ebenso wie mit vermeintlichen „Trittbrettfahrern“ wie Deutschland oder Japan. Die Europäer erhielten bereits mit dem Inflation Reduction Act einen Vorgeschmack darauf. Teile der deutschen Industrie werden ums Überleben kämpfen müssen. Der Streit über die Schuldenbremse zeigt bereits die kommenden Verteilungskämpfe: Wer soll die Kosten tragen? Das untere Drittel der Transferempfänger – das wäre das Ende des Sozialstaats.

Das mittlere Drittel der Arbeitnehmer durch Steuererhöhungen? Das wäre unvereinbar mit dem geltenden Gesellschaftsvertrag. Oder das obere Drittel der Kapitalbesitzer durch Vermögens- und Erbschaftssteuern? Das wäre das Ende des Neoliberalismus in Deutschland. Die Ampel wurde vor der „Zeitenwende“ ins Amt gewählt. Seitdem sind die Illusionen in Energie-, Fiskal-, Wirtschafts-, Verteidigungs- und Migrationspolitik zerplatzt.

Das Land muss sich fit machen für eine bedrohliche Welt, in der das amerikanische Sicherheitsversprechen nicht mehr unbegrenzt gilt, in der die globalen Erfolgsbedingungen für das Wirtschaftsmodell wegbrechen, in der die Gesellschaft von heftigen Verteilungs- und Kulturkämpfen zerrissen wird. Schon beginnen die Verteilungskämpfe darum, welche Klientel die Kosten des Umbaus zu tragen hat. Die zerstrittene Ampel hat nicht mehr die Kraft, die erforderlichen Weichenstellungen umzusetzen. Neuwahlen sind der richtige Weg.

Zur Debatte stehen komplett unterschiedliche Wirtschaftsmodelle, die sich nicht nur aus unvereinbaren ideologischen Quellen speisen, sondern auch aus einer grundsätzlich anderen Lesart des geopolitischen Umfeldes begründen. Neben dem „ökonomischen Realismus“ von Scholz und Habeck und den neoliberalen Konzepten der FDP sowie der „Blackrock-Merz“-CDU formiert sich unter dem Banner des Trumpismus eine neue Rechte. Diese betrachtet die Welt als Nullsummenspiel, in dem bedrängte Völker ums Überleben kämpfen.

Es wird nicht leichter, ist aber zu schaffen

Gegen diese Mischung aus Nativismus, Populismus und Isolationismus findet die demokratische Mitte seit Jahren kein wirksames Mittel. Um der populistischen Herausforderung entgegenzutreten, ist es wichtig, dass den Wählern klar gesagt wird, welche Herausforderungen nun anstehen und was das für sie bedeuten wird. Denn die große Mehrheit der Bevölkerung hat längst verstanden, dass die Dinge nicht mehr so weitergehen können wie bisher – und sich ihre Lage wahrscheinlich verschlechtern wird.

Sie misstrauen Politik und Medien, weil sie das Gefühl haben, dass ihnen kein reiner Wein über das Ausmaß der Probleme eingeschenkt wird. Und sie haben die Befürchtung, dass sie am Ende wieder einmal die Dummen sein werden, die die Kosten zu tragen haben. Das ist die Grundstimmung, auf der die Populisten mobilisieren.

Was es braucht, ist eine Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede. Die ohne jede Beschönigung benennt, wie groß die Herausforderungen wirklich sind, und tragfähige Lösungen benennt, auch wenn sie schmerzen. Aber die Deutschen auch daran erinnert, dass sie auch größere Herausforderungen gemeistert haben und die Kraft haben, ihr Land wetterfest zu machen für die Stürme, die da kommen.

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4 Kommentare

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  • "Wer soll das bezahlen?"

    Hauptsache, das Geld bleibt im Land.

  • "Wer soll das bezahlen?"



    Na, das ist doch wohl klar. Die Reichen werden es nicht tun, die werden sich zu wehren wissen. Die ganz unten auch nicht, bei denen ist nichts zu holen.



    Also werden es Leute dazwischen bezahlen müssen. Die, die produktiv arbeiten.

  • Es soll einer eine "Gas-Wasser-Scheiße"-Rede halten und sagen, wie das bezahlt werden soll. "Blut-Schweiß-und-Tränen" muss nicht sein, das war meistens eine selbsterfüllende Prophezeiung.

    • @Kohlrabi:

      Bei der Frage, wer das bezahlen soll, werden alle mal schnell auf Toilette müssen. Wenn die Regierung nicht weiter wußte, fand sich in ihr stets jemand, dem das Wörtchen "Inflation" einfiel. Womit die Frage beantwortet war.

      Merz fand also, man könne über alles reden, also auch die Schuldenbremse in dem Sinne reformieren, daß Geld für Investitionen da wäre. Bis jemand versuchte, ihn beim Wort zu nehmen.

      Infrastruktur, das scheint niemand in den Kreisen so recht zu begreifen, die sich bei Bedarf in einen Hubschrauber setzen, ist nicht einfach verzichtbar. Wenn noch ein paar Brücken eingestürzt, vorsorglich gesperrt oder schon gesprengt sind, wird man die Bundeswehr eben um ein paar Pioniereinheiten verstärken müssen, soll sie dereinst mal an die Front kommen.