Gentrifizierung in Berlin: Buchhandlung Kisch & Co darf bleiben
Ein weiterer Erfolg für Kiezinitiativen: Der Buchladen in der Oranienstraße hat sich mit dem Eigentümer geeinigt – eine Demo ist abgesagt.
Am Donnerstagmorgen geht es im Buchladen „Kisch & Co“ auf der Oranienstraße zu wie immer: Einige Kund*innen nehmen hier ein Buch aus dem Regal, blättern da ein bisschen. Und doch ist alles anders: Das Buchgeschäft kann bleiben – zumindest für die nächsten drei Jahre. Das gaben Geschäftsführer Thorsten Willenbrock und die „Nicolas Berggruen Holdings GmbH“ am Donnerstag bekannt. Eigentlich hätte der bekannte Buchladen mit Auslaufen des Mietvertrages am 31. Mai umziehen müssen.
Man habe sich zusammengesetzt und geeinigt, bestätigte Willenbrock der taz. Die ursprünglich geplante Mieterhöhung hätte Kisch & Co nicht tragen können, eine Verlängerung des Vertrages wäre damit undenkbar gewesen. Zwar setze auch die neu verhandelte Miethöhe das Geschäft unter ökonomischen Druck; man sehe aber eine Perspektive, so Inhaber Willenbrock. Weitere Einzelheiten wollte er nicht nennen, da der Mietvertrag noch nicht unterzeichnet sei.
Auch seitens der Berggruen Holdings herrschte am Donnerstag Schweigen zum genauen Inhalt. Man begrüße die neue Entwicklung jedoch: „Wir freuen uns sehr, dass wir eine Einigung gefunden haben“, sagte eine Sprecherin.
Aktivist*innen und Nachbar*innen des Kiezes hatten in den vergangenen Wochen mit Demonstrationen und Unterschriftensammlungen ihre Solidarität ausgedrückt. Für Freitag war zudem eine Kundgebung des Bündnisses „Zwangsräumung verhindern“ vor dem Büro der Berggruen Holdings geplant gewesen. Diese wurde nun aufgrund der aktuellen Entwicklung abgesagt.
Angeblich stand das niederländische Brillenlabel „Ace & Tate“ bereits als Nachmieter fest, sei dann aber wegen der Proteste wieder abgesprungen.
Mit der Vertragsverlängerung reiht sich Kisch & Co in den jüngsten – zumindest zeitweise – erfolgreichen Widerstand gegen Verdrängung und Räumung in Berliner Kiezen ein. Denn auch der Haushaltsladen Bantelmann in der Wrangelstraße und die Bäckerei Filou in der Reichenberger Straße konnten im März eine Einigung mit den Hauseigentümern erzielen und ihre Existenz retten. Auch hier wurden die Ladenbetreiber*innen mit massiven Protesten unterstützt.
Kisch & Co bedankte sich am Donnerstag in einer Pressemitteilung für die öffentliche Anteilnahme und Unterstützung. Ohne sie wäre der Erfolg nicht möglich gewesen, so Willenbrock.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles