Generationswechsel im Dong-Xuan-Center: Nachfolger schlägt neue Töne an

Vor 20 Jahren öffnete Deutschlands größter Asiamarkt in Lichtenberg. Eine Nachfolge steht an. Versprochen wird ein Ende der Geheimniskrämerei.

Blick in einen Verkaufsbereich im Dong Xuan Center

Das Dong-Xuan-Center ist ein quirliger Ort grenzen­loser Konsummöglichkeiten Foto: Jürgen Ritter/imago

BERLIN taz | „Die Anerkennung unseres Unternehmens durch die deutsche Gesellschaft ist ein ganz wichtiges Kapital für uns.“ Der das sagt, heißt Dong Thanh Nguyen und ist Assistent der Geschäftsführung des Lichtenberger Dong-Xuan-Centers, des größten Asiamarktes in Deutschland. Der studierte Wirtschaftsmathematiker ist Schwiegersohn des in die Jahre gekommenen Firmeninhabers Nguyen Van Hien und schlägt völlig neue Töne in der Unternehmenskommunikation an. Er öffnet den Markt, der lange als eine geschlossene Gesellschaft galt.

Das Dong-Xuan-Center feiert nächsten Monat seinen 20. Geburtstag. Es entstand als ein Markt, wo vietnamesische, indische, pakistanische und andere asiatische Händler im Großhandel Textilien, Lebensmittel und Geschenkartikel an die vielen Einzelhändler aus ihren Communitys verkaufen konnten. Solche Großmärkte gab es damals mehrere in Berlin, doch das Dong-Xuan-Center hat sie mit einer Ausnahme alle wegkonkurriert. Aus anfangs drei Gewerbehallen mit je 6 000 Quadratmetern sind sechs geworden. Dazu kommen Lagerhallen, ein Büro und ein Kulturhaus.

Das Warensortiment hat sich in den letzten 20 Jahren stetig verändert. Rund um den Handel haben sich Steuerberater, Dolmetscher, Fotostudios und ein Rechtsanwalt angesiedelt. Auch die Nationalität der rund 400 Mieter ist diverser geworden. Türkische Händler feiern auf den Gängen den Einzug ihrer Nationalmannschaft ins EM-Achtelfinale. Es gibt zudem deutsche, arabische und lateinamerikanische Händler.

„Viele Händler der ersten Stunde gehen langsam in den Ruhestand und geben ihr Unternehmen an Verwandte ab“, erläutert Dong Thanh Nguyen. Ein Generationswechsel findet statt. Während die Angehörigen der Gründergeneration in den 1990er Jahren aus der Not heraus den Weg in die Selbstständigkeit gingen, oft schlecht deutsch sprachen und es mit den Rechtsvorschriften nicht so genau nahmen, ist die neue Generation in Deutschland oft ausgebildet und hat selten Sprachhürden.

Mit Geburtshilfe der vietnamesischen Botschaft

Für den Generationswechsel stehen symptomatisch Dong Thanh Nguyen selbst und sein Schwiegervater, der nach wie vor das Sagen hat, aber Verantwortung abgibt: Der Schwiegervater führt das Dong-Xuan-Center wie ein vietnamesisches Staatsunternehmen. Er ließ sich kürzlich zum Vorsitzenden des Bundesverbands der Vietnamesen wählen – eines Vereins, der nur mit Geburtshilfe der vietnamesischen Botschaft zustande kam und Leute versammelt, die dem vietnamesischen Staat treu ergeben sind. 2015 wurde Hien für seine besonderen Verdienste „um die innere Sicherheit Vietnams“ ausgezeichnet. Medienanfragen, wofür genau er die Auszeichnung bekam, ließ er unbeantwortet.

Während Hien in gesteuerten vietnamesischen Staatsmedien als erfolgreicher Unternehmer im Ausland omnipotent ist, scheut er deutsche Medien wie der Teufel das Weihwasser. Presseanfragen werden nicht beantwortet, Journalisten und Fotografen, die mit Mietern sprechen wollen, von der Security aus dem Markt eskortiert, Drehgenehmigungen für TV-Sender werden verwehrt. Mit Pressefreiheit kann er nicht umgehen.

Das soll anders werden, verspricht sein Schwiegersohn, der vergangene Woche zu einem Pressegespräch eingeladen hatte, dem erst zweiten in der zwanzigjährigen Firmengeschichte. „Medien dürfen gern bei uns recherchieren.“

„Song O Berlin“ (Leben in Berlin) heißt ein Festival, das ab 25. Juli, zum Geburtstag des Centers, Künstler aus der zweiten Generation vietnamesischer Zuwanderer präsentiert. Es gibt Konzerte mit Vinh Khuat, der es in die deutsche Vorauswahl des ESC geschafft hatte, mit Musiker aus Vietnam und Deutschland, Artistik, Film und Comedy.

Kuratorin Mai Le, selbst Tochter einer vietnamesischen Familie, will mit dem Festival vietdeutsche Künstler, die sonst eher an kleineren Orten eine Bühne bekämen, für vier Tage auf einer großen Bühne zusammenführen. Sie ist optimistisch, dass das Publikum kommt: Letztes Jahr seien zu einem Konzertabend im Dong-Xuan-Center immerhin 3.500 Gäste gekommen.

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