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Gendersprache in der katholischen KircheBei Gott* hört’s auf

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Beim Gendern prescht auch im Katholizismus die Jugend vor, nur langsam ziehen Bischöfe nach. Priester können aber weiterhin bloß Männer werden.

Typische Darstellung von Gott: Alter weißer Mann am Himmelszelt Foto: Robert Harding/imago

D as mit der Sprache ist bekanntlich eine komplizierte Sache. Was ist korrekt? Was Satire? Welches Lob gilt als vergiftet? Wenn in Arbeitszeugnissen steht, Herr Müller habe sich „bemüht“, heißt das übersetzt: Herr Müller ist schlichtweg doof.

So ähnlich könnte man auch das gerade vom Trierer Bischof Stephan Ackermann geäußerte Statement verstehen, die katholische Kirche sei „um gendersensible Sprache bemüht“. Oder zugespitzt formuliert: Ein „liebe Christinnen und Christen“ ist weit davon entfernt, aus dem patriarchalen Katholikenhaufen eine gleichberechtigte Organisation zu machen.

Ackermann selbst sieht das naturgemäß anders. Für ihn „hinkt die Kirche beim Gendern nicht mehr hinterher“. Möglicherweise ein großer erkenntniskognitiver Schritt für Ackermann. Ein kleiner indes für die Katholische Studierende Jugend (KSJ). Die hatte schon im Herbst vergangenen Jahres beschlossen: Gott ist jetzt Gott*, also Gott mit Gendersterchen – und damit weder männlich noch weiblich, sondern binär, geschlechtslos, wie auch immer.

Da kann Ackermann natürlich nicht mitgehen: „Gott mit Genderstern. Da bin ich dagegen.“ Für ihn gibt es zwar nicht der/die/das Gott, sondern nur „Gott als Chiffre“. Doch genau das ist die Crux: Die jungen Gläubigen stellen mit Gott* die patriarchalen Strukturen ihrer Kirche infrage, während Ackermanns Chiffre-Gott lediglich den Status quo beschreibt.

Sprache kann wirkmächtig sein

Nun könnte man sagen, sprachliche Anpassungen von Gott wie Gott* und Göttin sind eher Makulatur als ein echter Wandel der Kirche hin zu einer offenen, die gelebte Realität anerkennenden Glaubensorganisation. Aber Sprache kann bekanntlich wirkmächtig sein und auf lange Sicht eine Gesellschaft verändern. Was könnte auf Göttin und Gott* also folgen? Beispielsweise Frauen und Transgenderpersonen als Priester*innen. Dieses Amt ist ihnen bislang verwehrt.

In der Antike war man bei der „Geschlechterfrage“ schlauer. So hatten beispielsweise die ägyptischen männlichen Götter Bes und Hapi weibliche Brüste und standen für Fruchtbarkeit und Leben.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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10 Kommentare

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  • Und was bringt gendern, wenn ansonsten alles beim Alten bleibt: Frauen dürfen Kirche putzen, aber nicht Priester werden. Bringt nix.



    Reine Symbolpolitik.



    Ich fühle mich als Frau durchs gendern bestenfalls veräppelt, aber nicht vertreten.

    • @Sandra Becker:

      Dann hast du den Artikel entweder nicht aufmerksam gelesen oder ihn nicht verstanden. Das ist nämlich genau der Punkt der hier angesprochen wird. Sich einfach nur "veräppelt zu fühlen" bringt die Debatte nicht voran.



      Sprache kann wirkmächtig sein, wie beschrieben, die Intention dahinter ist ausschlaggebend.

  • 4G
    47202 (Profil gelöscht)

    Na wird doch endlich mal Zeit, dass Gott zur Göttin wird.



    Von mir aus auch mehrere.

  • Der Unterschied zu den "[...] ägyptischen männlichen Götter[n] Bes und Hapi [...]" ist übrigens, dass, will man beispielsweise Hegel und/oder Paul Tillich ernstnehmen und das ist theologisch vielleicht nicht unüblich, Gott kein Objekt, kein Wesen ist. Mit dem Bezug auf Gott als Wesen, wird Gott ontologisch neben anderen Wesen einsortiert und das ist theologisch fragwürdig. Gott ist damit nicht mehr unendlich sondern hat Form. Entsprechend, rein fachlich, finde ich es akzeptabel dies Sternchen hier im Speziellen abzulehnen. Gott wird hier vergeschöpflicht. Wenn man es nicht so eng sieht, auch Konzepte haben schließlich Pronomen, darf man aber auch kreativ werden, wenn man das möchte; tue ich auch. Ich sehe hier zumindest einen Case für beide Parteien.

  • "[...] und damit weder männlich noch weiblich, sondern binär, geschlechtslos, wie auch immer."

    Müsste es hier nicht heißen "nicht-binär"? Als die binären Geschlechter, auch wenn Geschlecht per was es ist in mehrerlei Hinsicht nicht binär ist, meint ja üblicherweise Frau oder Mann.

  • Meines Wissens spricht die Bibel immer vom „Vater“, der Jesus verlassen hat oder etwa auch vom „Vaterunser“. Wenn nun Gott zu Gott würde, würde da un Frage gestellt und etwa ein „Mutterunser“ gebetet oder ein Gott*unser?



    Und was ist mit Jesus? Ist der immer noch Mariensohn oder wird er Marientochter oder nur noch Kind von Maria?

    Und wie spricht man eigentlich Gott und Gott* aus? Gleich oder unterschiedlich? Gott *hörbar einatmen* oder „Gott Sternchen“? Wenn ja, wird dann Gottvater durch Gott Sternchen ersetzt?

  • Die katholische Kirche gibt es schon ein paar Jahre länger als Transgenderaktivisten, wenn sie jetzt beliebig wird und jeden Trend mitmacht, verliert sie ihre Glaubwürdigkeit und damit auch ihre Gläubigen.

  • Mit Verlaub. Der Artikel ist für mich "eine Umdrehung" zu vorschnell geschrieben. Im verlinkten Artikel lautet die Erklärung des Bischofs wie folgt:

    *Was für ihn aber auf keinen Fall gehe, sei: «Gott mit Genderstern. Da bin ich dagegen», sagte er. «Denn der Begriff Gott ist eine Chiffre. Wir sagen ja nicht der Gott, die Gott oder das Gott, sondern wir sagen Gott - ohne Artikel. Das zeigt, der Begriff steht über allen Geschlechtern.» Insofern brauche man keinen Stern zu machen. *

    Dabei geht es nicht um rhetorisches herausreden. "Gott" ist meines Wissens in der christlichen Lehre tatsächlich, letztendlich nur Chiffre-artig vom Menschen zu fassen. Auch wenn ich "theologisch" nicht gebildet bin. Man sollte aber beachten, dass vor diesem Hintergrund das fortlassen eines Artikels eine sehr wichtige theologische Aussage anzeigt. Eine Betrachtung des Wortes "Gott" unter "Gender-Aspekten" muss das berücksichtigen. Sonst bleibt sie nicht nur oberflächlich, sondern versteht etwas in diesem Zusammenhang unverzichtbares falsch und wird "verfälschend". Männlich/weiblich spielt beim Versuch "Gott" fassbar werden zu lassen im Grunde gar keine Rolle. Gott als "weißer alter Mann mit Bart", das ist eine Projektion, die wohl von der Kirche auch als "volkstümliches Bild" von Gott so nicht ohne Widerspruch stehen gelassen wird.

    Ich bin wie gesagt nicht biebelkundig und theologisch gebildet. Man kann aber mal mit folgendem Link im neuen Testament beim Evangelisten Mattheus "vorbeischauen". Dort der Abschnitt "Die Frage nach der Auferstehung der Toten".

    www.uibk.ac.at/the...um/bibel/mt22.html

    Da findet man gedanliche weitere "Anregung".

    Ansonsten begrüße ich es sehr, das die Taz immer wieder kirchliche und religiöse Themen aufgreift und dabei Menschen aus den christlichen Kirchen und aus den anderen Religionsgemeinschaften zu Wort kommen lässt.

  • Gender ist die neue Hofsprache der Elite, die sich damit vom Volk abgrenzt und über das dumme und armselige Volk die Nase rümpft. Denn das Volk kennt diese Sprache nicht, spricht sie nicht und versteht sie nicht.



    Insofern ist Genderspeak vergleichbar mit dem höfischen Französisch des Barock, das nur der deutsche Adel sprach.

    • @el presidente:

      Das sehe ich auch so, aber das macht es nicht automatisch zu Teufelszeug. Da sollte man schon Für und Wider etwas differenzierter betrachten.

      Richtig ist, dass Gendern allein keine Gleichberechtigung schafft. Es ist aber deshalb auch nicht sinnlos. Umgekehrt wirkt sowohl das dogmatische Erzwingen von gendern alsauch der Versuch, sich damit von patriarchalen Grundstrukturen zu exkulpieren, - um im Kontext zu bleiben: - pharisäerhaft.